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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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Gesten Länge und Intensität des dargebotenen Jubels.
    Welch ein Theater, dachte Karin, so etwas brauchen die Menschen, Führung und Vergebung. Über allem stand sie, Cornelia Garowske, Con. Milde, Strenge, Gerechtigkeit austeilend. Karin spürte die Ausstrahlung dieser Frau, fühlte sich in ihren Bann gezogen. Da war etwas Undefinierbares, etwas, was Funken überspringen ließ. Con hatte alles unter Kontrolle, ihre Augen waren überall, nichts entging ihrer Aufmerksamkeit, was wiederum niemandem verborgen blieb. Karin überlegte, ob ihre Persönlichkeit ein Produkt jahrelanger Unterdrückung, Unfreiheit und Bespitzelung war. Würde man so werden, wenn die Seele ausweglos gepeinigt wurde? Sie beobachtete die strenge Con, der die Gemeindemitglieder an den Lippen hingen.
    Noch einmal forderte Con die Menschen auf, sich streng und bewusst an die »gottgegebenen Regeln« der Gemeinschaft zu halten. Begeistertes »Amen« stimmte ihr zu, ekstatische Gesänge dankten ihr. Mit einer segnenden, fast herrisch ausladenden Geste und einem Schlussgebet beendete Con die Zusammenkunft. Sie war die unbestrittene geistliche Führerin, sie war die Heilsbringerin, war dieser Dramaturgie zu entnehmen.
    Beim Hinausgehen flatterten lauter Scheine, Fünfziger, viele Zwanziger, aber auch Hunderter in Cons Spendendose. Man verabschiedete sich stumm und ging vergeistigt seiner Wege. So also finanziert sich die Gemeinschaft, dachte Karin.
    Im Auto aktivierte sie ihr Handy, sofort ertönte das Klingelzeichen. Burmeester wollte wissen, ob alles in Ordnung sei. Karin berichtete kurz von ihren Eindrücken und wollte das Gespräch schnell beenden, um noch mit ihrer Mutter zu reden.
    »Ich habe ihre Adresse angegeben, weil ich meine Kinder da raushalten wollte. Hoffentlich ist sie nicht sauer.«
    »Adresse angegeben? Wie meinst du das?«
    Sie berichtete von dem Aufnahmebogen und ihrer Blitzentscheidung. Burmeester kannte die Mutter seiner Chefin, die gleichzeitig seine Vermieterin war.
    »Deine Mutter wird nicht sauer sein, sondern neugierig. Beschreib ihr deine Zweifel an dem Verein ganz farbig, sonst sitzt sie nächsten Donnerstag auch in dieser Halle.«
    »Du hast recht, ich werde sie eindringlich warnen. Du, ich bin so kaputt, ich mach mich auf den Weg.«
    »Ich warte noch, bis das Licht bei denen aus ist. Mal schauen.«
    »Burmeester, was hast du vor?«
    »Nichts, ich will nur sehen, ob die Garowske mit irgendwem plaudernd das Gelände verlässt. Da muss es doch eine Hierarchie geben, eine Stellvertretung, die rechte Hand oder so.«
    »Sie ist der Boss und duldet niemanden neben sich, garantiert.«
    »Ich werde es dir berichten. Fahr du nur, ich gebe noch Entwarnung in der Dienststelle und bin dann auch weg.«
    Karin schwirrte der Kopf, als sie die Freisprechanlage aktivierte und die Nummer ihrer Mutter wählte. Dies war das erste schwere Gespräch des Abends. Was Maarten zu der ganzen Aktion sagen würde?
    »Hallo, Mutter.«
    * * *
    10. Mai 2010
    Burmeester klopfte vorsichtig an den Rahmen der geöffneten Tür zu Karin Kraffts Büro. Sie deutete mit einer Handbewegung an, er solle eintreten, während sie ihr Computerprogramm herunterfuhr.
    »Hi, was gibt’s?«
    »Ich habe es befürchtet, deine Mutter hat alle gut gemeinten Warnungen ignoriert und ist neugierig wie ein Kind. Die hat mich gestern Abend abgepasst und wollte alles aus mir herausquetschen, was ich über den Verein weiß.«
    »Und?«
    »Wie, und?«
    »War sie erfolgreich?«
    Burmeester seufzte. »Du kennst sie doch, wenn Johanna Lunte gerochen hat, lässt sie nicht mehr locker.«
    »Stimmt, man kann ihr einfach nichts vormachen. Ich hoffe, du warst wenigstens bei den wichtigsten Informationen standhaft.«
    »Schon, aber sie wird sich heute auf die Suche begeben. Glaube mir, sie will sich Bücher über Sektenwesen in der Bücherei ausleihen, wird in ihrer Kirchengemeinde nachfragen, wo es einen Sektenbeauftragten gibt, und ihre Freundinnen vom Yogakurs zum Thema interviewen.«
    Karin verdrehte die Augen. »Ich hab’s geahnt, gib ihr den kleinen Finger, und sie nimmt die ganze Hand, da ist sie wie Margaret Rutherford als Miss Marple. Wenn man dann noch Begriffe wählt wie ›gefährlich‹ oder ›Dienstgeheimnis‹, dann hat man sie aufgezogen wie ein Spielzeugauto mit Federantrieb, und sie spurtet los.«
    »Potenzielle Reizworte habe ich ja schon in weiser Voraussicht vermieden, du kannst eine neue Umschreibung hinzufügen. Sie sprang mit den Worten ›Also doch!‹ auf, als

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