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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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die massiven Schultern wahrnahm. Das weite Hemd verbarg nur unzureichend den mächtigen Bizeps, der von größerem Umfang war als ihre eigene Taille, und niemand konnte die Hände übersehen, mit denen Istvan gerade einen schweren Humpen abspülte. Wie oft hatte er sie mit einer Hand hochgehoben und sie lachend auf seine Schultern gesetzt?
    Niemand konnte Istvan schön nennen, aber sein kantiges Gesicht mit den wachsamen blaugrauen Augen, der gebrochenen Nase, der breiten Narbe, die über sein linkes Auge lief und seine Augenbraue spaltete, war der willkommenste Anblick, den sie seit langem zu Gesicht bekommen hatte.
    Desina blinzelte und wischte sich die Feuchtigkeit aus den Augen. Dieser Mann war das Nächste zu dem Vater, den sie nie kennengelernt hatte, und die anderen Mädchen, die damals wie sie hier gearbeitet hatten, waren ihre Familie gewesen. Diese beiden Mädchen hier waren neu, Desina kannte sie nicht, aber allein Istvans Anblick ließ sie alle Zweifel vergessen. Dies war immer noch ihr Zuhause.
    Der Empfang war allerdings nicht der, den sie sich erhofft hatte. Aber was sollte sie auch anderes erwarten? Es war die Robe, die man zuerst wahrnahm. Das Oberteil war eng geschnitten und betonte für ihren Geschmack schon fast zu sehr ihre Formen, das untere Teil war an den Seiten bis hoch zur Hüfte geschlitzt. Wenn sie ging, zeigte sie Bein… allerdings in Hosen aus demselben blauen Material, das weder Leinen noch Samt war. Die Kapuze war weit, und sie trug sie so, wie ihre berühmten Vorgänger es taten, tief ins Gesicht gezogen, sodass die obere Gesichtshälfte bis knapp über dem Mund bedeckt war. Die Ärmel waren weit, und auch hier imitierte sie die klassische Pose, die sie so oft auf den alten Bildern und Gemälden gesehen hatte. Früher hatte sie gedacht, es wäre alles nur, um die Leute zu beeindrucken, heute wusste sie es besser. Es hatte alles seinen Sinn.
    Um ihre schmalen Hüften lag ein schwarzer Schwertgurt mit silbernen Verzierungen, an ihrer Seite hing ein Langschwert, gut ein Drittel schmaler und deutlich leichter als ein normales Schwert, aber in ihren Händen nicht minder tödlich. Robe, Schwert, Gurt, Handschuhe und die weichen Stiefel, die knapp unter ihren Knien endeten, all das stammte noch aus der Zeit des Alten Reichs, Jahrhunderte hatte das alles in dieser magisch verschlossenen Kiste gelegen, doch als sie die Dinge ehrfürchtig aus der Kiste nahm, roch alles neu und unbenutzt. Was es für ein Stoff war, konnte niemand sagen, er schimmerte wie Samt, war so leicht wie Seide und schien an Festigkeit Leder weit zu übertreffen.
    Das Wichtigste jedoch war das golden schimmernde Emblem auf ihrer linken Schulter. Es wurde erst sichtbar, nachdem sie die Robe angelegt hatte: ein Wappen und zugleich ihre Legitimation. Man konnte es nicht nachmachen oder fälschen, es war eine in die Robe gewirkte Magie, die erst dann zu sehen war, wenn eine Eule, die zumindest den dritten Grad erreicht hatte, diese Robe anlegte. Zwölf Jahre hatte sie dafür gebraucht, um die Prüfung des dritten Grads zu bestehen. Den Legenden nach hatten die alten Eulen dazu selten mehr gebraucht als ein Jahr. Aber das wusste hier niemand.
    Die Bediensteten und die wenigen Gäste der Gebrochenen Klinge sahen nur eine der legendären Eulen von Askir.
     
     
    Die beiden Mädchen sahen Desina mit weiten Augen an, sie hielten in ihrer Arbeit inne und schauten hilfesuchend zu Istvan hinüber, offenbar wussten sie nicht, wie sie sich verhalten sollten. Auch Istvan blinzelte einmal, zweimal, dann fing er an zu lächeln.
    Er legte Tuch und Humpen zur Seite und kam um die Theke herum, während sein Lächeln immer breiter wurde.
    »Kein Grund zur Sorge, meine Lieben!«, rief er. »Ich wusste schon immer, dass eines Tages die Eulen wiederkehren würden. Kennt ihr nicht die alten Balladen? Sie sind ihrem Eid verpflichtet, an die Wahrheit und an das Gesetz gebunden. Sucht ihren Rat, ihre Hilfe und ruft sie, wenn ihr in Not seid.«
    Immer weiter kam Istvan auf Desina zu, und das Lächeln in seinem Gesicht wuchs zu einem breiten Grinsen heran. »Aber für diese Eule deckt mir meinen Tisch, schafft ein gutes Frühstück heran, zwei frische Eier, das frische Brot aus dem Ofen und einen großen Becher kalte Milch.«
    Die beiden Mädchen, beide kaum älter als vierzehn, vielleicht fünfzehn, sahen sich gegenseitig verständnislos an und dann schauten sie fassungslos zu, wie Istvan mit einem weiteren Schritt diese geheimnisvolle schlanke

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