Die Eule von Askir
sind Fokussteine, die an den Knotenpunkten der magischen Ströme sitzen, die den Weltenstrom bilden. Ohne einen solchen Fokusstein gibt es keinen Knotenpunkt, sie wirken auf Magie wie ein Magnetstein auf den anderen. Bringt man ihn in die Nähe magischer Ströme, zieht er sie an sich heran und erlaubt es, die Bahn des Stroms zu lenken.«
»Mit diesen Wolfsköpfen kann man die Ströme der Magie bewegen?«
»Ay«, bestätigte sie. »Aber nur wenn man weiß, wie. Es gehört ein lenkender Geist dazu. Und eine starke Begabung, wie sie nur wenige Maestros jemals besessen haben. Ich habe aber noch mehr herausgefunden.«
»Und was?«
»Das Alte Reich wurde verraten. Jemand hat den Wolfskopf gestohlen, der hier zum Turm gehört. Außerdem zwei weitere, die ebenfalls Ströme der Magie hierher gelenkt haben. Das ist der Grund, warum der Weltenstrom versiegt ist.«
»Askir wurde verraten?«, fragte Santer überrascht.
»Alles weist darauf hin.« Sie seufzte. »Was damals geschah, wer den Wolfskopf stahl, werden wir wohl nie erfahren. Aber ich bin sicher, dass es so war.«
»Ich verstehe nur eins nicht, Maestra«, sagte Santer nachdenklich. »Wenn der Wolfskopf hier gestohlen wurde… Sagtet Ihr nicht, dass dieser Strom hierher zurückgekehrt wäre?«
»Ay«, antwortete sie. »Einer dieser drei Wolfsköpfe wurde wieder an seinem Ort eingesetzt, und der Strom fließt erneut. Aber er ist ein Rinnsal im Vergleich zu früher.« Sie sah mit einem neugierigen Funkeln in den Augen durch die offene Tür in die Halle des Turms zurück, wo der Portalraum auf sie wartete. »Aber es dürfte genug sein, das Portal wieder nutzen zu können.«
»Fangt nicht wieder davon an!«, knurrte Santer. »Aber bedeutet das nicht, dass, wenn Ihr den Wolfskopf wieder an seinen Ort hier im Turm einsetzt, noch mehr von diesem Weltenstrom fließen wird?«
»Richtig«, sagte sie. »Aber ich kann das nicht. Der Zugang ist durch eine Tür gesichert, die sich nur einem Maestro öffnen wird, der den siebten Grad beherrscht.«
»Sie ist magisch verschlossen, und Ihr könnt sie nicht öffnen?«, fragte Santer nach. »Wir haben einen Wolfskopf, der diese magischen Ströme aktiviert, aber es ist uns nicht möglich, das zu bewerkstelligen?«
»Genau«, stimmte die Maestra frustriert zu.
»Etwas verstehe ich noch immer nicht«, sagte Santer. »Wir besitzen nun zwei Wolfsköpfe. Gehört der zweite zu diesem dritten Tempel, von dem Ihr gesprochen habt?«
Desina schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Jetzt wo ich beide Wolfsköpfe miteinander vergleichen konnte, wurden die Unterschiede deutlich. Der eine ist schwerer und fühlt sich warm an, der andere ist aus normalem Stein.« Sie griff in ihre Robe, zog einen Beutel heraus und öffnete ihn. »Diese Skulptur hier ist nichts anderes als eine Kopie ohne jedwede magische Eigenschaft.«
»Eine Kopie?«, fragte Santer erstaunt. »Wieso eine Kopie? Was ergibt das für einen Sinn?«
»Das kann ich Euch sagen«, hörten sie die Stimme des Baronet von Freise hinter sich. Sie waren so vertieft in ihr Gespräch gewesen, dass sie ihn gar nicht bemerkt hatten. Er lächelte, doch seine Augen waren ernst. »Es wird Euch nur nicht gefallen.«
56
»Das«, sagte Desina verbittert, »hat uns gerade noch gefehlt.« Sie sah den Baronet vorwurfsvoll an. »Wisst Ihr, dass sich das meiste hätte verhindern lassen, wenn Euer Mann sofort zu mir gekommen wäre?«
»Ja«, entgegnete der Baronet mit unbewegtem Gesichtsausdruck. »Sogar der Botschafter weiß es mittlerweile. Aber die Dinge sind, wie sie sind. Es geht um seine Tochter.«
»Vielleicht verlieren andere Väter ihre Töchter, weil er so entschieden hat«, sagte Desina. »Ich kann den Mann verstehen, aber… bei den Göttern!«
»Vielleicht habt Ihr recht und seine Entscheidung führt zu einer Katastrophe.« Santer musterte den Aldaner prüfend. »Aber es kann uns vielleicht auch nützlich sein. Wenn wir seine Tochter finden, kennen wir den Weg zu dem, der den Wolfskopf in den Händen hält.« Er schaute den Baronet fragend an. »Ihr habt dem Grafen Altins Euer Wort gegeben, und dennoch seid Ihr hier. Was ist es, was Ihr wollt, Baronet von Freise?«
»Ich bitte Euch um Hilfe. Wie es ein Freund tun würde«, sagte er mit ernster Miene.
»Sind wir denn Freunde?«, fragte Desina nachdenklich.
»Ich hoffe es«, entgegnete der Baronet. »Ich werde es wohl gleich wissen.« Er griff in sein Wams und nahm eine kleine Schachtel heraus. »Ich habe
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