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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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sie farbige leuchtende Bänder um sich herum, ein Schimmern und ein Glimmen in allen Farben der Welt und solchen, die sie noch nie gesehen hatte. Jedes Ding im Raum hatte sein eigenes Strahlen und sein eigenes Pulsieren.
    »Das hier werde ich tun«, antwortete die Maestra, und die Farben verbanden sich, drehten und wanden sich, schlangen sich um die festen Lederbänder, die Melande an das Bett gebunden hielten, sammelten sich dort und wurden gleißend hell, sodass sie den Kopf abwenden wollte – aber über ihre Bewegung bestimmte eine andere. Die Lederbänder bröckelten und brachen, und Melande richtete sich auf, voller Staunen, was hier mit ihr geschah.
    Feurige Bänder sammelten sich an ihrem Fingerstumpf, nur von fern spürte sie das Brennen, dann ließ der Schmerz nach und wich einem langsamen Pulsieren. »Was habt Ihr getan?«, fragte sie.
    »Der Finger war zu lange von Euch getrennt, als dass man ihn hätte retten können«, kam die überraschende Antwort. An eine solche Möglichkeit hatte Melande bisher gar nicht gedacht. »Ich habe die Gefäße verbrannt und die Enden Eurer Nerven abgetötet, die Euch Schmerz bereitet haben.« Während dieser Antwort bewegte sich Melandes Körper vorwärts zur Tür, die mit Leder und groben Stoffen dick gepolstert war.
    Die Tür schimmerte in einem fahlen Licht und zeigte in dunklen Farben die eisernen Riegel auf der anderen Seite. Ein Wasserfall von dunklen Farben wand sich um das Eisen und zog beide Riegel zur Seite; lautlos und ohne dass Melande sie berührt hatte, schwang die Tür zur Seite. Der Gang, der nun vor ihr lag, hatte auf der linken Seite ein Fenster, an einem Seil kam etwas herabgeschwebt, ein Bündel mit Kleidung und ein Gurt mit einem schlanken Langschwert. Etwas brachte Melande dazu, innezuhalten.
    »Ich… wir können durch das Fenster fliehen«, sagte die Maestra in Melandes Gedanken. Eben hatte Melande gesehen, dass sich dieses Fenster drei Stockwerke über dem Grund befand, aber sie spürte die Sicherheit in der Stimme der anderen. »Oder aber Ihr helft mir, diesen Übeltätern das Handwerk zu legen.«
    Melande öffnete den Beutel und kleidete sich schnell an. Es war ein einfaches schlichtes Kleid, aber besser als die Blöße. Zwei Unterarmscheiden mit Dolchen folgten, zuletzt legte sie den Schwertgurt an.
    »Ich will zwei Köpfe«, antwortete Melande mit der kühlen Entschlossenheit, die ganze Generationen von aldanischen Rittern ihr hinterlassen hatten. »Aber ich weiß nicht, ob meine Hand das Schwert halten kann.«
    »Ich… wir werden es mit der linken Hand führen.« Sie spürte das Lächeln der Maestra und zog die Klinge, die in dem Feuerwerk an Farben ein fahler Schein war, der die roten Fäden in der Luft in sich zu sammeln versuchte. Ein pochender Schmerz entstand hinter Melandes Augen, dann verschwanden die seltsamen Farben.
    »Verzeihung«, hörte sie die Stimme der Maestra. »Ich wusste nicht, dass Ihr die Farben der Magie auch sehen könnt.« Die Maestra lachte leise. »Das wird Santer einiges erleichtern, sofern er mir erlaubt, seinen Dickschädel zu betreten.«
    Ein neugieriger Gedanke, und Melande sah einen sehr großen Mann vor sich stehen. Er trug ein verwegenes Grinsen auf dem Gesicht und den Schalk in den Augen.
    »Ich verstehe, warum Ihr ihn mögt«, sagte Melande lautlos, während sich ihr Körper geschmeidig den Gang hinab bewegte. Sie fühlte die Überraschung der Maestra, dann ein verlegenes Lachen.
    »Also funktioniert es in beide Richtungen.«
    Sie hielt vor einer Tür inne. Aus der Ferne – von unten – kam ein seltsam gedämpftes Geräusch, als ob etwas Schweres hingefallen wäre.
    »Seid Ihr bereit?«
    »Ja«, antwortete Melande mit bitterer Entschlossenheit. »Tut, was Ihr könnt, selbst wenn es mein Ende sein sollte.«
    »Das wird es nicht sein«, flüsterte die Maestra in Melandes Gedanken. »Aber einen Muskelkater kann ich Euch versprechen.«
    Sie stieß die Tür auf und sah sich zwei Männern gegenüber, einer von ihnen reich gekleidet, ein Handelsherr, den Melande entfernt kannte, und ein anderer, der ihr unbekannt war, hochgewachsen, mit schmalem, hartem Gesicht und dunklen Augen, der soeben sein Schwert zog und eine Hand in ihre Richtung hielt.
    Mit der blutigen rechten Hand wies sie dem Handelsherrn den Weg. »Geht!«, rief sie in einer Stimme, die nicht ganz ihre eigene war. »Und Ihr«, sagte sie zu dem anderen, »werdet hier sterben, Verfluchter!« Denn das war der Mann, der Melande ihren Finger

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