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Die Eule von Askir

Die Eule von Askir

Titel: Die Eule von Askir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Balthasars Bild einen bösen Blick zu. »Und Ihr? Habt Ihr nichts Besseres zu tun? Siebenhundert Jahre alt, und Ihr treibt noch immer diesen Schabernack?«
    »Ganz so alt bin ich nicht, Santer«, sagte Desina mit einem Lächeln von der Treppe und sah ihn verwundert an. »Was hat Euch so erzürnt?«
    »Dieser Kerl hier!«, rief Santer und wies anklagend auf das Gemälde des letzten Primus. »Erst kommt er gestern Nacht in mein Zimmer und erschreckt mich fast zu Tode, und jetzt kommt er in den Leseraum des ersten Zirkels und führt mich hierher, um mir eine geheime Tür zu zeigen. Mir ist das alles nicht recht, Desina. Ich mag Magie nicht, ich mag keine Geheimnisse, und ich mag es nicht, von Geistern überrascht zu werden.«
    Sie lachte. »Ich habe auch oft das Gefühl, dass er anwesend ist«, sagte sie. »Ihr müsst wissen, dass ich mir seine Räume zum Schlafen ausgesucht habe. Es wäre schön, wenn er noch da wäre, aber es ist nichts als Eure Einbildung, Santer. Als ich ein Kind war, sah ich hier auch in jeder Ecke einen Geist…«
    Das Bild an der Wand schien ihn auszulachen.
    »Das hier ist etwas anderes«, sagte Santer und erzählte ihr, wie der alte Primus ihn hierher geführt hatte.
    »Seid Ihr ganz sicher, dass Ihr Euch das nicht eingebildet habt?«, fragte die Maestra skeptisch.
    Wortlos drehte sich Santer um, ging hinüber zu der Wand und drückte auf den Stein. Knirschend schwang die verborgene Tür auf.
    Ihre Augen weiteten sich. »Santer!«, rief sie. »Wisst Ihr, was das ist?«
    »Nein«, sagte er stur. »Ich weiß auch nicht, ob ich es tatsächlich wissen will.«
    »Es ist der Torraum des Turms«, teilte sie ihm mit vor Begeisterung strahlenden Augen mit. »Das muss das Eulentor sein! Ich habe von ihm gelesen und wieder und wieder nach ihm gesucht.« Sie eilte auf Santer zu und umarmte ihn voller Freude. »Ist das nicht großartig?«
    Sanft löste er sich aus ihren Armen. »Der Raum ist leer«, sagte er beruhigend. »Was ist so großartig daran? Und ich habe ihn nicht gefunden, er wurde mir gezeigt…«
    Sie schaute ihn mit strahlenden Augen an. »Wisst Ihr, was das bedeutet?«, fragte sie.
    Er warf dem Bild einen letzten Blick zu und seufzte. »Ihr werdet es mir bestimmt gleich verraten«, murmelte er.
    »Es ist ein magisches Tor! Von hier aus kann man mit einem Schritt die gesamte bekannte Welt bereisen. Ich habe davon gelesen und fand es faszinierend. Entlang der Ströme der Magie kann ein solches Tor einen in einem Augenblick an einen anderen Ort der Welt bringen.«
    »Wie soll das gehen?«, fragte Santer skeptisch.
    »Ich glaube, die Magie formt sich zu einem Sack um einen herum, der sich dann an einer anderen Stelle wieder ausstülpt«, antwortete sie ihm mit leuchtenden Augen.
    »Ein magischer Sack«, wiederholte Santer langsam.
    »Ay«, nickte sie. »Oder so ähnlich.«
    Er sah sie ungläubig an und wies dann mit einem anklagenden Finger auf die massive Tür. »Eines kann ich Euch versprechen!«, rief er empört. »Ich werde mich niemals freiwillig in einen magischen Sack begeben! Und Ihr, Maestra, seid beileibe nicht stark genug, mich dort hineinzuschieben!«
    »Ihr würdet mich allein lassen?«, fragte sie unschuldig und sah ihn verloren und mit großen Augen an.
    »Lasst das«, sagte Santer, wider Willen amüsiert.
    »Es ist ungefährlich, Santer«, verkündete sie. »Man muss nur darauf achten, dass nichts über den Rand hinausragt, das würde abgeschnitten werden wie von der schärfsten aller Klingen.«
    »Vor allem Letzteres klingt sehr vertrauenerweckend«, grummelte Santer. »Ich brauche jetzt frische Luft.« Er verließ die Halle und ging nach draußen. Mit Erleichterung stellte er fest, dass die Maestra ihm folgte und sich die Wand dann wieder hinter ihr schloss. Er schaute hoch zum Turm, der weiß und unberührt dastand. »Mehr und mehr fange ich an, diesen Turm nicht zu mögen.«
    »Man gewöhnt sich daran«, sagte die Maestra lächelnd. »Seht es als einen besonderen Reiz, seine Geheimnisse zu lüften.«
    »Es spukt da drin«, sagte Santer vorwurfsvoll, doch sie lachte nur.
    »Ich lebe seit zwölf Jahren dort, und wenn es Balthasar war, dann ist er wenigstens ein freundlicher Geist.«
    »Habt Ihr etwas über den Wolfskopf herausfinden können, Maestra?«, fragte er, auch um das Thema zu wechseln. In der Tat, ein magischer Sack und ein Geist, das waren für ihn erst einmal genügend Geheimnisse für einen Tag.
    »Ay«, sagte sie, und ihre Miene verdüsterte sich. »Diese Wolfsköpfe

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