Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
war der Maastricht-Vertrag mit einer No-bail-out -Klausel versehen, die auf Drängen der Deutschen aufgenommen wurde. No-bail-out heißt, dass Schulden des einen Mitglieds nicht von den anderen übernommen werden müssen. Anders ausgedrückt: dass die Schulden auf das Land beschränkt bleiben, das sie akkumuliert hat, und nicht auf die anderen überspringen wie eine Epidemie. Dazu wollte man das No-bail-out als »Brandmauer« einziehen
»Brandmauer« – in mir löste das Wort eine Erinnerung an meine früheste Kindheit aus. Wir lebten in einer stattlichen Villa an der schönen Hamburger Rothenbaumchaussee 141, wo man diese Gründerzeithäuser mit klassizistischer Fassade auch heute noch bewundern kann. Unseres allerdings nicht mehr.
Der Sommer 1943 war sehr heiß gewesen, und als in der Nacht des 25. Juli britische Bomber die Operation Gomorrha durchführten, entwickelte sich ein riesiger Flächenbrand, ein sogenannter Feuersturm, dem 35000 Hamburger zum Opfer fielen. Unser Haus wurde bei dem folgenden Angriff am 26. Juli getroffen. Nachdem eine Sprengbombe im Garten gelandet und nicht explodiert war, durchschlug eine Phosphor-Brandbombe unseren Dachstuhl und setzte das ganze Haus in Flammen.
Meine Erinnerung setzt ein, als ich, ein dreijähriger Knirps, hinter einem Baum stehend auf unser brennendes Haus blicke, das prasselnd in Schutt und Asche sinkt. Vater, der gerade unsere Familie herausgebracht hat, hält seine Kamera in der Hand, um den Untergang seines Besitzes zu filmen – sehr zum Ärger meiner Mutter, die es lieber gesehen hätte, wenn er ins Haus zurückgegangen wäre, um ihre Wertsachen zu retten.
Am Morgen nach dem Brand kehrten wir aus der Notunterkunft zu den »Trümmern unsers Lebens« zurück. Wann immer ich den Film sehe, fällt mir auf, dass das fast identische, an unsere Villa direkt anschließende Nebenhaus vollkommen unversehrt geblieben war. Ich empfand das nicht nur als ungerecht – ich konnte mir nicht erklären, wieso das eine Haus abbrennt, während das Nachbarhaus intakt bleibt.
Später fand ich es heraus: Es war die Mauer zwischen den beiden Häusern gewesen, die das Übergreifen der Flammen verhindert hatte. Zu Recht nennt man sie Brandmauer. Sie hatte verhindert, dass das Feuer ungehindert auf das Nachbarhaus und von dort vielleicht auf den ganzen Straßenzug überspringen konnte.
Als der Maastricht-Vertrag 1992 entworfen wurde, war der spätere Bundespräsident Horst Köhler einer der deutschen Verhandlungsführer. Als hätte auch er erlebt, wie überlebenswichtig eine Brandmauer zwischen engen Nachbarn ist, hatte er auf einer solch unüberwindlichen Trennlinie bestanden – gegen energischen Widerstand unserer französischen Nachbarn. Die Bedeutung der No-bail-out -Klausel lag nicht nur darin, finanzielle Schwierigkeiten des einen Landes nicht automatisch auf die Nachbarn überspringen zu lassen, sie sollte außerdem spendable Sozialpolitiker eines Landes vom Schuldenmachen zulasten des Finanzministers eines anderen Landes abhalten.
Auch später noch hat Köhler wiederholt auf die Bedeutung seiner Brandmauer hingewiesen, die vor allem den stabilitätsorientierten Deutschen Sicherheit gewährte. Streng genommen war sie ein Hauptgrund dafür gewesen, dass der Maastricht-Vertrag und die Einführung des Euro in Deutschland überhaupt akzeptiert wurden. Denn alle unsere Politiker versicherten mit Hinweis auf Köhlers Klausel: Es wird keinen Schuldentransfer geben, nicht mit uns.
Noch während meiner BDI -Zeit habe ich einmal in den späten Neunzigerjahren Prof. Joachim Starbatty besucht, den bekannten Wirtschaftswissenschaftler der Uni Tübingen, der von Anfang an zu den entschiedensten Gegnern des Euro gehörte und deswegen mehrmals vor das Bundesverfassungsgericht gezogen ist. Der Hauptanlass meines Besuchs war der Student Hans Henkel, mein ältester Sohn, der mich öfter auf Starbatty als seinen Lieblingsprofessor an seiner Universität aufmerksam gemacht hatte. An die Brandmauer, mit denen die Deutschen geschützt werden sollten, hat Starbatty nie geglaubt. Ende Mai 2013 ist Joachim Starbatty der Alternative für Deutschland beigetreten.
Bei meinem Besuch in Tübingen schienen mir viele seiner Argumente überzeugend. Voller Zweifel an der Solidität der zukünftigen Währung kehrte ich damals in mein Kölner Büro zurück. Doch versicherten mir meine Mitarbeiter, dass die Szenarien, die der skeptische Professor vor mir entworfen hatte, in Wirklichkeit gar nicht auftreten
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