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Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)

Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)

Titel: Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Olaf Henkel
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betreibt. Das mag stimmen, aber da beißt sich die Schlange in den Schwanz: Man hat den Euro eingeführt, um durch ihn eine Vereinheitlichung zu erreichen. Stattdessen ist man nun gezwungen zu vereinheitlichen, um den Euro zu retten.
    Vielleicht ist schon der Gedanke einer Einheitswährung, die Unvereinbares zu vereinen sucht, falsch. Vielleicht ist der Euro nicht die Lösung, sondern das Problem.
    Aber man hält am Euro fest, und da ist es nur konsequent, dass man zu der vorgegebenen Währung die passende Staatengemeinschaft bilden will. Als würde man zu einer Krawatte den passenden Anzug, zu einer Leichtmetallfelge das passende Auto suchen. Absurd. Logischerweise fordert Wolfgang Schäuble für das neue Einheitsgebilde einen eigenen, vom Volk zu wählenden Präsidenten – aber heißt das nicht, dass jedes Volk auf den eigenen nationalen Präsidenten verzichten muss? Niemand kann zwei Herren dienen. Schäuble fordert außerdem, was naheliegt, die Budgethoheit, also das exklusive Recht der nationalen Parlamente, an die neue Zentrale abzutreten. Das hieße, dass die Bürger aller beteiligten Länder dort auch ihre Steuern abzugeben hätten. Ohne kontrollieren zu können, was damit geschieht. Aber so ist es ja heute schon, dank Hilfspaket und Rettungsschirm.
    Der Denkfehler, der dem Zentralismus zugrunde liegt, besteht in der Annahme, dass Verantwortung am besten in einer Hand aufgehoben ist, die alles »von oben« lenkt. Das mag für überschaubare Gebilde wie eine Schulklasse gelten, aber schon in einer Fußballmannschaft und mit Sicherheit in einem komplexen Gebilde wie der modernen Gesellschaft muss Verantwortung »nach unten« abgegeben werden. Wie es früher hieß: »Jeder Soldat muss im Tornister den Feldherrnstab tragen«, so muss heute jede Nation, jede Kommune, ja, eigentlich jeder Bürger sich seiner Verantwortung für das Ganze bewusst sein.
    In Europas jüngerer Geschichte lassen sich zahlreiche Beispiele finden, wie künstliche Gebilde, die eine Vielzahl von Völkern einer Zentralgewalt unterordneten, gescheitert sind. Meist geschah die Zentralisierung im Zeichen einer Ideologie, sei es die des Kommunismus oder des »real existierenden Sozialismus«. In unserem Fall wäre diese Ideologie der Euro. Sobald divergierende Einheiten mit unterschiedlichen Interessen zusammengezwungen werden, entwickeln sich Zentrifugalkräfte, und das ganze Konglomerat fliegt seinen Erfindern, die meist auch seine Nutznießer sind, um die Ohren.
    Beispiel UdSSR : Das Reich der roten Zaren ging ja nicht nur wegen des Kommunismus zugrunde, sondern weil man einen Vielvölkerstaat mit inkompatiblen Teilnehmern gebildet hatte, ohne diese auch nur nach ihrer Meinung zu fragen. Aber Zwang geht irgendwann immer an der eigenen Inflexibilität zugrunde. Wenn man heute die ehemaligen Teile des Sowjetreichs betrachtet, sind sie ebenso unterschiedlich wie die EU -Staaten oder die Euroländer. Nur sind die aus der UdSSR ausgebrochenen Staaten einen Schritt weiter als wir: Sie haben, im Gegensatz zur EU , ihre Verschiedenheit und ihre in vielem unvereinbare Interessenlage begriffen und die Konsequenzen daraus gezogen.
    Nicht anders als dem Russenreich erging es dem ebenfalls kommunistischen Jugoslawien, dessen von Tito künstlich geschmiedete Einheit in den Neunzigerjahren blutig auseinanderbrach. Besonders eingeprägt haben sich die Bilder des Hasses, der sich zwischen den »Teilstaaten« Jugoslawiens entwickelt hatte und zu Massakern führte. Von diesen Spannungen habe ich bei meinen Geschäftsreisen nach Jugoslawien nie etwas bemerkt, ganz einfach, weil sie verdrängt und von der Presse verschwiegen wurden – wie heute die Presse den Interessenkonflikt der Euroländer unterdrückt. Aber, wie schon Sigmund Freud zeigte, das Verdrängte bricht sich irgendwann Bahn, und zwar gewaltsam. Und dann ist es schwer, den oft explosiven Auflösungsprozess unter Kontrolle zu bringen.
    Viel effektiver als solche Konglomerate mit Verfallsdatum sind die kleinen Einheiten, die ihr Zusammenspiel untereinander selbst regeln, und zwar den jeweiligen Gegebenheiten entsprechend. Nicht die Theorie formt sich die Wirklichkeit zurecht, sondern aus der Wirklichkeit ergeben sich die nötigen Maßnahmen. Und diese Wirklichkeit, in der konkrete Probleme auftreten und adäquate, der Situation angepasste Lösungen gefunden werden, wird nicht in einem Politbüro oder einer Brüsseler Kommission erfahren, sondern in den Ländern, den Kommunen und von ihren Bürgern.

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