Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
die Antwort: »Durch Wettbewerb.« Der Konkurrenzkampf ist es, der im Sport, in der Kultur und natürlich auch in der Wirtschaft dafür sorgt, dass sich aus kleinen, miteinander rivalisierenden und sich gegenseitig anfeuernden Einheiten ein stärkeres Ganzes formt. Hebelt man diesen Wettbewerb zwischen den Euroländern durch Harmonisierung aus, dann wird zwar der Euro gerettet, aber die Konkurrenzfähigkeit der Länder zerstört. Man hat die Einheit um der Einheit willen, aber leider taugt sie nichts.
2. Zentralismus statt Föderalismus
Verfolgt man die Tendenz Brüssels, den Wettbewerb der Euroländer untereinander zugunsten einer Nivellierung außer Kraft zu setzen, erscheint einem der nächste Schritt nur folgerichtig: Wenn die Vielfalt der europäischen Staatssysteme und Wirtschaftsformen zusammengeführt wird, muss eine höhere Instanz dafür sorgen, dass alle sozusagen nach einer Pfeife tanzen. Auf dieser Pfeife wird Brüssel spielen, und die Staaten, die bisher souverän waren, werden nach der Melodie dieser Zentralgewalt tanzen.
Was sonst kann der Slogan »Mehr Europa« bedeuten? Angela Merkel verwendet ihn, Guido Westerwelle und Peer Steinbrück, natürlich haben ihn sich auch Claudia Roth und Jürgen Trittin auf die Fahnen geschrieben. »Mehr Europa«, ruft der Grünen-Chef und präzisiert: »Wir möchten mehr Demokratie in Europa, mehr Gemeinsamkeiten in der Wirtschafts- und Währungspolitik und eine Stärkung der europäischen Institutionen. Wir möchten eine Finanztransaktionssteuer, Finanzmarktkontrollen und ein gerechtes Steuersystem!«
Alle deutschen Politiker scheinen sich danach zu sehnen, das, was die Deutschen von den anderen Europäern unterscheidet, aufzugeben. Wie sie ohne Not die D-Mark aufgegeben haben. Man würde um Europas willen die eigene Verfassung, das eigene Parlament, die eigene Regierung beiseiteschieben, um sich zur Gänze der neuen Zentralregierung, dem Brüsseler Politbüro, zu unterwerfen. Zur Not ließe man sich sogar die deutsche Sprache abhandeln: Brüssel kommt ohnehin ohne sie aus. Wie wäre es mit Französisch?
Alles ruft nach »mehr Europa«. Doch Angela Merkel ist, wie immer, etwas vorsichtiger, hält sich auch hier ein rhetorisches Hintertürchen offen. Sie sagt nämlich: »Mehr Europa wagen .« Das ist ein wesentlicher Unterschied. »Wagen« kommt von »Wagnis«, und ein Wagnis ist etwas, das schiefgehen kann. Es hat etwas Tollkühnes, Dreistes, bei dem man sich der Möglichkeit des Scheiterns immer bewusst ist. Wer etwas wagt, ohne die Risiken zu bedenken, ist ein Narr.
Die Kanzlerin hat sie offenbar bedacht, will sie aber um der höheren Einheit Europa willen eingehen. Sie sagt »Mehr Europa« und fügt hinzu, dass es ein riskantes Unternehmen ist. Da fragt man sich doch, ob es mit unserem Land wirklich so schlecht steht, dass man sich auf ein solches Abenteuer einlassen muss. Risiko nimmt man nur auf sich, wenn man sich aus einer Notsituation befreien oder andere durch Kühnheit beeindrucken will. Aber beides ist im Fall Deutschland nicht gegeben.
Warum also? Vermutlich weil man glaubt, Einheit sei der Vielfalt allemal vorzuziehen. Vielleicht liegt aber schon in dieser Idee der »höheren« Einheit, in der sich alle Probleme auflösen, ein Denkfehler. Denn die Schuldenkrise, die wir heute haben, ist nicht durch ein Zuwenig an Einheit entstanden, sondern durch ein Zuviel. Dieses Zuviel an Einheit heißt Euro.
Der Euro ist eine Kopfgeburt aus dem Gehirn eines zentralistischen Bürokraten. Er ist nicht gewachsen, wurde vom deutschen Volk nicht gewünscht. Politiker, von der Idee der Einheit Europas besessen, haben sich auf ihn geeinigt und dabei nicht bedacht, dass jede Zusammenführung von verschiedenen Elementen ein Wagnis ist. Oder sie haben es bedacht, aber ihrem Volk verschwiegen.
Man kann durchaus sagen, dass die erzwungene Gemeinschaftswährung zur schwersten Krise Europas seit dem Zweiten Weltkrieg geführt hat: In vielen Ländern herrscht tiefes Misstrauen gegen Europa, in einigen Feindseligkeit gegenüber Deutschland wie seit der Hitler-Zeit nicht mehr. Wie kommt es dann, dass Europas Politiker nicht die Konsequenz ziehen und einräumen, dass das Wagnis misslungen, die Kopfgeburt gescheitert ist? Stattdessen fordern sie ein Mehr an Einheitsbrei, ein Mehr an Brüssel.
Fast alle Wirtschaftswissenschaftler sind überzeugt davon, dass eine Einheitswährung nur funktionieren kann, wenn man eine einheitliche Wirtschafts-, Finanz- und Fiskalpolitik
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