Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
ihres Wohlstands, konzentrieren. Dies ist auch die Vision des ehemaligen britischen Außenministers Lord Owen, mit dem ich mich mehrfach getroffen habe. Wir sind beide der Meinung: Je mehr Länder diesem Binnenmarkt beitreten, desto stärker wird er sein. Ob es die Ukraine ist, die Türkei oder jedes andere europäische Nicht- EU -Land, alle sollten am freien Waren- und Dienstleistungsaustausch teilhaben können. Allerdings unter der Voraussetzung, dass europäische Demokratie- und Menschenrechtsprinzipien eingehalten werden. Aus diesem Grund wäre die autoritäre Türkei heute noch kein Beitrittskandidat, und leider heute weniger als noch vor zehn Jahren. Wenn sie aber so weit ist, Demokratie und Menschenrechte zu achten und die Religionsfreiheit zu garantieren – warum nicht?
Neben der Erweiterung unseres Binnenmarktes um Nicht- EU -Staaten könnte ich mir ein Freihandelsabkommen mit der amerikanischen NAFTA -Gemeinschaft vorstellen. Ein Binnenmarkt, der die USA , Mexiko, Kanada auf der einen Seite des Atlantik mit der europäischen Wirtschaftszone auf der anderen verbände, würde einen ungeahnten Wachstumsschub auslösen – unsere gegenwärtige Euro- und Schuldenkrise könnte so auch schneller überwunden werden. Nur ein Traum? Vielleicht noch, aber sicher wäre ein transatlantischer Binnenmarkt eine strategische Alternative, um den asiatischen Giganten gemeinsam zu widerstehen.
Seit 2012 arbeiten Bundesregierung, EU und auch die USA wieder verstärkt an einer atlantischen Freihandelszone. Nur fürchte ich, dass auch diesem Anlauf dicke Steine in den Weg gerollt werden: durch Barack Obama, aber auch durch die Franzosen, die an ihre Bauern denken, und durch Angela Merkel. Denn ohne die Zustimmung der Franzosen geht in Berlin bekanntlich gar nichts. Sie haben schon mal klargemacht, bei welchen Gütern und Dienstleistungen der freie Handel nicht stattfinden soll. Filme aus Hollywood? Gott bewahre! Auch bei den Verhandlungen um eine transatlantische Freihandelszone wird am Schluss das Ergebnis sein, dass Europa nicht etwa deutsch spricht, sondern französisch handelt.
KAPITEL ACHT
Mein Weg durch die Parteienlandschaft
1. Die FDP auf Abwegen
Als überzeugter Liberaler, für den die Freiheit den höchsten Wert darstellt, hatte ich immer eine große Nähe zur FDP . Eine erste Abkühlung trat allerdings schon 2007 ein, als sie auf ihrem Parteitag das »Soziale« als neues Leitmotiv entdeckte, als ob es nicht schon genug Advokaten dieses Themas in unserer Parteienlandschaft gäbe. Anstatt für die Abschaffung der Erbschaftssteuer zu stimmen, zogen die Liberalen es vor, das heikle Thema anderen zur Entscheidung zu überlassen, am besten den Bundesländern. Und schon damals fragte ich mich, wie freiheitlich eine Partei ist, die sich nicht einmal die Freiheit nimmt, sich zu dem zu bekennen, was sie als richtig erkannt hat und wofür sie im öffentlichen Bewusstsein steht.
Als die FDP in den Neunzigerjahren über die Einführung des Euro diskutierte, habe ich mich aktiv beteiligt und die Einheitswährung gepriesen, ja nach anfänglichem Zögern sogar den Beitritt Spaniens und Italiens befürwortet. Grund waren die eindrucksvollen Reformen, denen beide Länder sich verschrieben hatten – bis zur Einführung des Euro. Danach erlahmte der Eifer und endlich ließ man die Reformbemühungen fallen, da man sich ja nun billiges Geld zum Schuldenmachen leihen konnte.
Am nüchternsten beurteilt wurde diese Fehlentwicklung von Otto Graf Lambsdorff. Wie bereits gesagt, lehnte er die Einheitswährung ab. Ich erinnere mich, wie ich ihn zum ersten Mal sah, Mitte der Achtzigerjahre auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos, als ich noch bei der IBM Deutschland arbeitete. Als deutscher Wirtschaftsminister nahm er damals an einer Podiumsdiskussion teil, und sofort fiel mir seine klare, unaufgeregte Sprache auf. Er scheute auch nicht die Konfrontation mit den Sozialpolitikern, für die Gleichheit vor Freiheit kommt. Deren logische Inkonsequenzen zu widerlegen, schien ihm regelrecht Spaß zu machen, was allerdings nur bei genauer Beobachtung auffiel.
In jenen Jahren war sein Stand in der Regierung Kohl nicht einfach. Was das Soziale betraf, führte der ehemalige Gewerkschaftsführer der IG Metall, Norbert Blüm, am Kabinettstisch das große Wort. Für den Kanzler war diese Verbindung so wichtig, dass Blüm als einziger Minister vom ersten bis zum letzten Tag der Ära Kohl im Amt blieb. Wenn wir als Wirtschaftsvertreter zu den
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