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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Herzen – ich kann und will meine Herkunft nicht verleugnen! Ich verdamme die spanische Inquisition, die Juden gegen ihren Willen und mit Gewalt zur Taufe zwingt, um sie anschließend lebendig auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, weil sie ihren Glauben an Adonai, unseren … ihren Gott nie aufgegeben haben.« Sein Versprecher war dem Erzbischof und ehemaligen Rabbi nicht peinlich.
    »Ich habe die allergrößte Hochachtung vor dir, Elija. Ich schätze dich als jüdischen Rabbi, als christlichen Theologen, als Kämpfer für Freiheit und Gleichberechtigung. Ich bewundere dich für deine Standhaftigkeit im Inquisitionsprozess.
    Wo Elija steht, da steht er unverrückbar wie ein Fels.
    Das habe nicht ich gesagt, sondern Gianni. Eure Exkommunikation hat ihm sehr wehgetan – wir haben in den letzten Monaten sehr oft über dich gesprochen. Der Papst ist von dir beeindruckt, Elija. Er hätte dich gern an seiner Seite!« Dann holte er tief Luft: »Elija, ich flehe dich an: Bekenne dich zu Jesus Christus!«
    Ungläubig starrte ich ihn an, als er ein gefaltetes Papier aus dem weiten Ärmel seiner Soutane zog.
    »Diese Bulle bestätigt die Aufhebung deiner Exkommunikation. Gianni will sich bei Kardinal Cisneros für dich einsetzen. Das Todesurteil von Córdoba wird aufgehoben! Wenn du nach Rom kommst, wird der Papst dein Leben schützen. In einem Jahr kannst du Erzbischof sein, und vielleicht schon bald darauf Kardinal! Du kannst den Juden helfen, wie ich ihnen helfe. Elija, ich bitte dich …«
    Ich barg mein Gesicht in den Händen, schüttelte den Kopf und schwieg.
    Angelo kam herüber und setzte sich neben mich auf Arons Stuhl. Vor mir auf dem Tisch breitete er die päpstliche Bulle und ein weiteres Schriftstück aus.
    »Unterwirf dich Jesus Christus!«, drang er in mich. »Unterschreibe dieses Dokument! Damit widerrufst du deine ketzerischen Thesen und verpflichtest dich, dein Buch nicht zu vollenden.«
    Blicklos starrte ich in die Flammen des Chanukka-Leuchters.
    Das Lichterfest erinnert an den jüdischen Sieg über die Gojim und die erneute Weihung des Tempels von Jeruschalajim. Es war ein Kampf auf Leben und Tod zur Bewahrung der jüdischen Identität und des jüdischen Glaubens.
    Wie konnte Angelo ausgerechnet an Chanukka von mir verlangen, mich den Gojim zu unterwerfen?
    Es war Verrat an Sarah, die ihr Leben geopfert hatte, damit ich weiterlebte und weiterkämpfte. Wofür war sie gestorben, wenn ich jetzt aufgab? Wofür war ich zwei Jahre im Kerker gewesen? Wofür hatten wir alles zurückgelassen, unser Haus, unsere Freunde, unsere Heimat, und waren aus Granada geflohen? Wofür hatte ich mich mit Jakob zerstritten? Wofür, wenn nicht für meinen Glauben?
    Angelo legte mir die Hand auf den Arm, und ich sah auf.
    »In Rom kannst du in Frieden leben, Elija. Du kannst mit Celestina und deinem Kind zusammen sein. Wenn du auf die Heirat verzichtest, wird Gianni dich zum Erzbischof ernennen. Seit Rodrigo Borgia und Giuliano della Rovere kümmert es niemanden in Rom, ob ein künftiger Kardinal eine Geliebte und einen Palast voller Kinder hat!«
    Celestina war zutiefst verletzt von Angelos Vorschlag.
    Doch Mariettas Bruder redete weiter auf mich ein:
    »Celestina und du – ihr könnt euch in Rom in Ruhe euren humanistischen Studien widmen. Und die Übersetzung der Evangelien vollenden, die Gianni sehr großzügig unterstützen wird«, lockte er mich. »Du kannst als freier Mann leben, Elija, als angesehener Gelehrter. In Rom fragt niemand, wer du vorher warst, denn dort ist jeder, was er den Mut hat zu sein. Elija, ich flehe dich an: Unterwirf dich Jesus Christus!«
    Aron trat einen Schritt näher. »Tu es, Elija!«
    »Aron!«, ermahnte David ihn entsetzt. »Das kannst du nicht von ihm verlangen, nach allem, was er in Córdoba …«
    »Doch, das kann ich!«, unterbrach ihn Aron. »Wie ich sehnt sich Elija doch danach, endlich in Frieden zu leben! Nicht mehr angespuckt, nicht mehr mit Dreck beworfen, nicht mehr von den Christen als Gottesmörder und von den Juden als Häretiker beschimpft zu werden. Wie ich sehnt er sich danach, ohne Todesangst vor Kardinal Cisneros aus dem Haus zu gehen.
    Nein, David, lass mich gefälligst ausreden!
    Wie ich mit Marietta will Elija mit Celestina zusammenleben, ohne dass unsere Liebsten als Judenhuren beschimpft werden! Wie ich will er nicht, dass jene, die uns lieben, mit uns leiden. Denn wie könnte er das mit seinem Gewissen vereinbaren?«
    »O Gott, Aron«, stöhnte David. »Sei doch

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