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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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stürzte, sprang vorwärts, hob meinen Dolch auf und wandte mich wieder um.
    Santángel hatte sich erhoben.
    Die beiden Franziskanermönche kamen mit drohend erhobenen Dolchen auf mich zu.
    Ich wich zurück in Richtung San Salvadòr.
    Mein Herz raste. Konnte ich es mit beiden aufnehmen?
    Da sah ich ihn, als er hinter den beiden Fratres aus dem dichten Schneetreiben auftauchte.
    Ein Schatten!
    Menandros?
    War er Santángel bis zur Piazza San Marco gefolgt? Als er ihn dort nicht fand, war er umgekehrt, um den fliehenden Mönch in der Merceria zu stellen!
    Und wenn es nun nicht Menandros war?
    Gegen drei Angreifer hatte ich keine Chance! Den Kampf auf Leben und Tod würde ich nicht überleben!
    »Ich bin froh, dass du gekommen bist«, sagte ich auf Griechisch.
    Santángel blieb verblüfft stehen. »Cómo dice? Was hast du gesagt?«
    »Er sagte, er sei froh, dass ich gekommen bin«, erklärte Menandros auf Venezianisch.
    Die Mönche fuhren herum. »Der verfluchte Schismatiker!«
    Mit seinem Dolch ging der Frater, der mich bedrohte hatte, auf Menandros los. Santángel stürzte sich mit einem Wutschrei auf mich und riss mich dabei fast um. Wir torkelten ein paar Schritte, rangen miteinander, schlugen aufeinander ein, dann glitt ich im Schnee aus, stolperte und stieß mit der rechten Schulter hart gegen die Wand des Konvents.
    Mein Dolch fiel in den Schnee.
    Nun lag Santángels Klinge an meiner Kehle!
    »Sprich dein letztes Gebet, Jude! Es ist so weit!«, flüsterte er heiser. Erregte ihn die Vorstellung, mich zu töten? »El Cardenal wird deine Leiche ans Kreuz schlagen! Das wird ein Spektakel werden! Ganz Granada wird zusehen, wie du brennst, verdammter Jude!«
    Ich versuchte, ihm die Klinge zu entwinden – vergeblich!
    Der scharfe Stahl schnitt mir schmerzhaft in die Kehle. Ich spürte, wie das Blut über meine Haut rann.
    Santángel lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen mich und presste mich gegen die Wand des Klosters.
    »Höre Israel: Adonai ist unser Gott, Adonai unser Herr allein«, murmelte ich auf Hebräisch. Würde er mich töten, während ich in meiner Todesgewissheit das Schma Israel betete? »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen …«
    In diesem Augenblick tauchte Menandros hinter ihm aus dem Schneetreiben auf.
    So viel Blut auf seiner Kleidung!
    Hatte er den anderen Mönch getötet?
    Als Santángel ihn hörte, ließ er von mir ab. Der Frater warf sich gegen Menandros, der unter dem Aufprall in den Schnee stürzte. Er stöhnte vor Schmerz.
    Um Gottes willen, war das sein Blut auf seiner Kleidung?
    Ich hob meinen Dolch auf und stolperte auf die beiden Ringenden zu, um Menandros zu helfen.
    Zu spät!
    Santángel hob die blitzende Klinge und stach zu. »Stirb, du griechischer Ketzer!«
    Mit einem Röcheln brach Menandros zusammen.
    Der Frater fuhr herum, als er mich hinter sich bemerkte. Er sprang auf, floh rückwärts, stolperte über den toten Mönch, wandte sich um und flüchtete in Richtung Ponte di Rialto.
    Ich fiel neben Menandros in den Schnee.
    So viel Blut!
    »Menandros, wo bist du getroffen?«
    Blut lief ihm über die Lippen, rann seine Wangen hinab und tropfte in den Schnee. Er hob die Hand und wies auf sein Herz.
    Die Lunge war verletzt! Er würde an seinem eigenen Blut ersticken, wenn ich ihn nicht sofort zu David brachte!
    Aber wo war David? Er verfolgte Aron und Marietta!
    Ich musste Menandros heimbringen. Celestina und Judith konnten mir helfen, seine Wunden zu versorgen.
    »Leg deinen Arm um meine Schultern, Menandros! Ich werde dich nach Hause bringen.«
    »Nach Hause«, keuchte er, und das Blut strömte über seine Lippen. »Da bin ich doch schon … Du bist ja da, Elija.«
    Ich hob ihn hoch, legte meinen rechten Arm um seine Mitte und stolperte mit ihm in Richtung der Brücke über den Rio di San Salvadòr.
    Er war so schwach!
    Auf den Stufen der Brücke entglitt er mir und stürzte in den Schnee. Da nahm ich ihn auf meine Arme und trug ihn durch die Gassen nach Hause. Sein Kopf lag an meiner Schulter. Er murmelte etwas, das ich nicht verstand. War es Griechisch?
    Nur noch wenige Schritte, und ich hatte den Campo San Luca erreicht!
    Mit letzter Kraft stieß ich mit der Schulter das Portal unseres Hauses auf, trug Menandros hinein, rief verzweifelt nach David und brachte den Schwerverletzten dann in das Behandlungszimmer.
    Vorsichtig setzte ich Menandros auf den Tisch in der Mitte des Raumes. Mit einer weiten Armbewegung fegte ich einige Gegenstände vom

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