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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Celestina, nur weil du mit allen Mitteln versuchst, sein Leben zu retten – gegen seinen Willen und gegen seinen Glauben«, flüsterte er so leise, dass Elija ihn nicht verstehen konnte. »Lass mich mit ihm reden! Er wird zornig sein, und wir werden streiten, bis die Funken fliegen, doch am Ende wird er mir zuhören. Das hat er immer getan, selbst in jener Nacht in Paris. Vertrau mir, Celestina!« Er küsste mich. »Bitte geh und lass uns allein!«, bat er mich eindringlich. »Und du auch, Jakob!«
    Damit schob er uns aus der Zelle und schloss die Tür.

    Jakob und ich warteten länger als eine Stunde im Hof des Dogenpalastes. Arm in Arm gingen wir frierend auf und ab und sprachen kein Wort. Ich war froh, dass Jakob mich mit Worten des Trostes verschonte, die meine Schuldgefühle doch nicht lindern konnten.
    Wie enttäuscht Elija von mir war!
    Ich hatte ihn verraten: seinen Glauben, seine Herkunft, seine Liebe. Nein, gegen seine geliebte Sarah, die stolze, willensstarke Sarah, die sich für ihn geopfert hatte, konnte ich nicht bestehen!
    Ich presste mein Gesicht an Jakobs Schulter. Er legte den Arm um mich und ließ mich weinen.
    Endlich erschien David im Hof, und ich trocknete meine Tränen.
    »Was hat er gesagt?«, wollte Jakob wissen.
    »Er hat mir einen Spruch gezeigt, den er mit seinem Blut an die Wand der Zelle geschrieben hat: ›Dies ist mein Blut, das für viele vergossen wird.‹«
    »O Gott, nein!«, stöhnte Elijas Freund.
    »Glaub mir, Jakob: Ich war so entsetzt wie du. Elija hat mir gestanden, dass er in den letzten Tagen sehr ernsthaft über den Kiddusch ha-Schem nachgedacht hat, den Märtyrertod als frommer Jude, die Selbsthingabe an Gott. In Córdoba hat er vor sechs Jahren versucht, sich selbst zu opfern. Aron und ich haben ihn davon abgehalten, sich in die Flammen von Sarahs Scheiterhaufen zu stürzen.«
    David schloss einen Moment die Augen, um die furchtbaren Erinnerungen an Sarahs Tod zu verscheuchen. Dann fuhr er fort:
    »Elija und ich haben heftig gestritten, aber am Ende versprach er mir, das Königreich der Himmel zu studieren. Er will sich entscheiden, wenn er den Dialog zwischen Pontius Pilatus und Jesus über die Wahrheit gelesen hat.«
    »Wie geht es ihm?«, fragte ich.
    »Er hat geweint – wie du.«
    »Bitte lass mich zu ihm!«
    Ich wollte an ihm vorbeihuschen, doch David hielt mich am Arm fest.
    »Er will dich nicht sehen.«

    Ich war in Tränen aufgelöst, als Jakob mich nach Hause brachte.
    Zwei Stunden lang blieb er neben meinem Bett sitzen und hielt schweigend meine Hand, dann schickte ich ihn fort. Wir waren beide erschöpft von der nächtelangen Arbeit.
    Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen war:
    Ich habe ihn verloren. Elija, die Liebe meines Lebens, habe ich für immer verloren …

    Ein Kuss, zart wie ein Atemhauch, weckte mich.
    Ich schlug die Augen auf.
    »Tristan!«
    Er umarmte mich und hielt mich fest. »Vor einer Stunde war David bei mir. Er hat mir berichtet, was geschehen ist. Er macht sich große Sorgen um dich.«
    »Ich bin so froh, dass du gekommen bist, Tristan!«
    Seine Augen funkelten im Schein des Kaminfeuers. »Darf ich mich neben dich legen und dich im Arm halten, so wie früher, als wir noch ein Liebespaar waren?«
    »Das wäre schön«, nickte ich, und er ließ sich neben mich auf das Bett sinken und legte tröstend seinen Arm um mich.
    »Was geschehen ist, tut mir Leid«, begann er.
    »Das weiß ich, Tristan. Deine Rede heute Nachmittag hat mich sehr betroffen gemacht. Ich weiß jetzt, dass du alles tun wirst, um Elija zu retten, wenn er …« Ich schluchzte auf. »… wenn er denn gerettet werden will.«
    Ich lehnte mein Gesicht gegen Tristans Schulter.
    »Elija vergleicht mich mit Sarah. Er liebt sie so sehr. Er ist so stolz auf sie. Aber ich bin nicht Sarah! «, schrie ich meinen Schmerz heraus. »Neben dieser Heiligen kann ich nicht bestehen! Ich bin seiner nicht wert! Meine Entscheidung für das Leben und gegen den Tod … mein Verrat an ihm und an allem, woran er glaubt … das hat ihn tief verletzt. Ich habe versagt …«
    »Das hast du nicht, Celestina!«, redete Tristan beruhigend auf mich ein und küsste mich. »Sie war eine Heilige, eine Märtyrerin. Aber die Entscheidung, sich zu opfern, hat nicht sie getroffen – man hat sie zum Tode verurteilt. Du aber hattest eine Wahl. Du hast versucht, Elijas Leben zu retten. Dafür hast du deine Liebe aufs Spiel gesetzt – das ist das größte Opfer, das ein Mensch bringen kann!«
    »Ich habe ihn

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