Die Evangelistin
Abenddämmerung des 14. Nisan gefeiert (nach jüdischer Kalenderrechnung ist damit bereits der 15. Nisan angebrochen), nach der rituellen Schlachtung der Pessachlämmer im Tempel. Gemäß dem Bericht von Matthäus, Markus und Lukas fand der Sederabend am Donnerstag statt. Der Prozess, die Kreuzigung und die Grablegung folgten am Freitag vor der Abenddämmerung, mit der der Sabbat anbrach. Johannes dagegen verlegt das Abendmahl, das bei ihm kein Sedermahl ist, aus theologischen Gründen einen Tag vor, also vor das Pessach-Fest, weil Jesus als Agnus Dei, als Opferlamm, sterben muss, bevor die Pessachlämmer im Tempel rituell geopfert werden.
Die verschiedenen Datierungen auf den 13., 14. oder 15. Nisan sind nicht in Einklang zu bringen und entlarven die Passionsgeschichte als dramatische Konstruktion.
Eine Verhaftung, ein Verhör durch den Hohen Priester Joseph ben Kajafa und eine rechtskräftige Verurteilung Jesu durch den Sanhedrin in der Sedernacht, die zum ersten Tag des Pessachfestes gehört, ist undenkbar – zudem widerspricht sie dem angeblichen Beschluss der Hohen Priester, Jesus nicht während des Festes gefangen zu nehmen. Johannes’ Hinweis, dass bei der Kreuzabnahme Eile geboten war, weil der mit der Abenddämmerung bevorstehende Sabbat entweiht werden könnte, ist absurd, da das Pessach-Fest durch die Hinrichtung und das anschließende Begräbnis doch bereits entweiht war. Der Karfreitag der Kreuzigung muss nach den Evangelienberichten der 15. Nisan gewesen sein, der zweite Festtag von Pessach.
In der Zeit des Zweiten Tempels, als die Juden unter der Fremdherrschaft litten, gewann das Pessach-Fest als Fest der Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten eine wichtige Bedeutung. Je mehr sich die Juden unterdrückt fühlten, desto glühender entflammte die Sehnsucht nach einer erneuten Befreiung aus der Fremdherrschaft. Mit dem Pessach-Fest und insbesondere mit der Sedernacht waren Erwartungen für die Ankunft des Propheten Elija verknüpft. Die gefährliche, revolutionäre Stimmung unter den Pessach-Pilgern hatte wiederholt zu Unruhen und Gewalt geführt. Trotz aller Grausamkeit, die ihm Flavius Josephus zuschreibt, kann Pontius Pilatus nicht entschieden haben, Jesus ausgerechnet an einem Festtag wie dem 15. Nisan in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Sedernacht zu kreuzigen, wenn er es zu jedem anderen Zeitpunkt, wie zum Beispiel einige Tage später, auch hätte tun können. (Siehe auch Anmerkungen Passionszeit und Pontius Pilatus .)
Condotta. Vertrag zwischen der Republik Venedig und der jüdischen Gemeinde, der die Bedingungen festschreibt, zu denen die Juden in Venedig bleiben durften: Laufzeit des Vertrages und Dauer des Aufenthaltes der jüdischen Gemeinde, Höhe der Steuern, unabhängige und freie Wahl des jüdischen Gemeindeoberhauptes, Bekleidungsvorschriften (gelber Kreis sichtbar auf der Kleidung, gelber Judenhut für Männer, gelber Schal für Frauen), Verhalten an christlichen Feiertagen (z. B. das Verbot, an den Osterfeiertagen das Haus zu verlassen), Zahl der Geldverleiher, Bedingungen der Kreditvergabe an Privatpersonen (Laufzeit und staatlich festgelegte Zinsen von 10 bis 12 Prozent) sowie die Republik Venedig, Öffnungszeiten und Lage der Kontore (vor 1516 am Rialto und ab 1516 im Ghetto) und vieles mehr.
Festnahme Jesu durch die römische Kohorte (grch. speira) unter dem Kommando eines Oberst (grch. chiliarchos) (Joh 18,3). Eine römische Kohorte umfasste rund 600 bis 800 Soldaten, ein Zehntel einer Legion.
Alle Evangelien überliefern, dass Jeschua nachts im Garten Getsemani gefangen genommen wurde. Die vier Evangelisten sind sich einig, dass die Initiative zur Festnahme von den jüdischen Behörden ausging, doch sie widersprechen sich in der Frage, wer an der Festnahme beteiligt war: die ›Hohenpriester und Ältesten des Volkes‹ (Mt 26,47), die ›Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten‹ (Mk 14,43), eine ›Volksmenge‹, die ›Hohenpriester, Hauptleute des Tempels und die Ältesten‹ und ein ›Sklave des Hohen Priesters‹ (Lk 22,47–52) und ›die Hohenpriester und Pharisäer‹ sowie eine römische Kohorte (Joh 18,3).
Matthäus, Markus und Lukas sind bestrebt, die Schuld an Jesu Tod den Juden zuzuschreiben. Sie erwecken in ihren Szenen den Eindruck, als hätte der Sanhedrin den Befehl zur Gefangennahme gegeben. Nur Johannes stellt historisch richtig fest, dass die Römer Jeschua festnahmen und dass es keinen jüdischen Prozess vor dem Sanhedrin gab. Matthäus
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