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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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erwähnt die römische Kohorte nicht ausdrücklich, sondern schreibt von ›einer großen Menge mit Schwertern und Stöcken‹. Aber den jüdischen Tempelwachen war es verboten, Schwerter zu tragen – hier ist also von Römern die Rede, nicht von Juden.
    ›Seid ihr gekommen, um mich wie einen Rebellen gefangen zu nehmen?‹ (Mt 26,55, Mk 14,48). Diese auf den ersten Blick ironische Frage, die Matthäus und Markus Jesus in den Mund legen, verweist tatsächlich auf einen der Anklagepunkte im römischen Prozess: Rebellion gegen die römische Besatzungsmacht. Aus dieser in bittere Ironie gekleideten Frage Jesu ergibt sich logisch die Schlussfolgerung, dass Jesus als Rebell von den Römern festgenommen wurde, nicht von der jüdischen Tempelwache des Hohen Priesters Joseph ben Kajafa, der gleichzeitig Vorsitzender des Hohen Rates war.
    Jesus war von Anfang an ein Gefangener der Römer. Sein Prozess beruhte auf politischen Anklagen (Anmaßung der Königswürde, Aufruf zur Steuerverweigerung, bewaffnete Rebellion). Und er wurde zwischen zwei Widerstandskämpfern, möglicherweise Gefolgsleuten, die während des Aufstandes in Jerusalem gefangen genommen wurden, gekreuzigt.

    Die angebliche Flucht der Jünger während der Festnahme im Garten (Mt 26,56) ist eine Prophezeiung, die sich erfüllen musste (Sacharja 13,7 und Psalm 88,19). Aus derselben Prophezeiung wurde auch die Verleugnung des Schimon Petrus dramatisch konstruiert. Die Flucht des nackten Jüngers (Mk 14,51–52) stammt aus Amos 2,16.

    Geburt in Betlehem. Jesu Geburt in der Stadt Davids ist eine fromme Legende. Die im Evangelium nach Lukas erwähnte Volkszählung, die angeblich der Grund der Reise nach Betlehem war, fand erst im Jahr 6 unserer Zeitrechnung statt (Flavius Josephus, Jüdische Altertümer 18,1–2). Zudem war Joseph von dem Census, der in Judäa und nicht in Galiläa stattfand, gar nicht betroffen, es sei denn, er hätte Grundbesitz in Betlehem gehabt. Dagegen aber spricht die Geburt in einem Stall und das Kind in der Krippe. Joseph war nicht wohlhabend (Lk 2,22–24 vgl. Levitikus 12,6–8).
    »Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat.« (Mt 1,22) Vergleiche: Numeri (4. Buch Mose) 24,17 (Stern von Betlehem), Micha 5,1 (Betlehem als Geburtsort), Daniel 7,13–14 (Unterwerfung der Weisen oder Könige), Jeremia 31,15 (Kindermord von Betlehem), Hosea 11,1 (Rückkehr aus Ägypten), Jesaja 11,1 (Naziräer/Nazoräer/Nazarener/Nazaret sowie Jesus als Messias und Davidssohn).
    Joh 7,41–42 bezweifelt die Geburt in Betlehem – und damit folglich auch den Stern von Betlehem, den Besuch der Weisen und den Kindermord.
    Der Kindermord von Betlehem sowie die Flucht nach Ägypten und die Rückkehr nach Nazaret stellen ein Analogon zur Geschichte des Moses dar, mit dem Jesus verglichen werden soll (vgl. Mt 2,16 mit Exodus 1,22; Mt 2,20–21 mit Exodus 4,19–20). Der Kindermord ist vermutlich eine Anspielung auf Herodes’ Ermordung der Kinder, die ihm seine Gemahlin Mariamne geboren hatte – Herodes tötete also seine eigenen Kinder.
    Die Prophezeiung ›… und er kam und wohnte in einer Stadt, genannt Nazaret, damit erfüllt werde, was durch die Propheten geredet ist: Er wird Nazoräer genannt werden‹ aus Mt 2,23 findet sich nicht in den Prophetenbüchern des Alten Testaments.

    Geburt an Weihnachten. Der Evangelienüberlieferung gemäß wurde Jesus während der Regierungszeit des Herodes geboren (König von Judäa 37 – 4 vor unserer Zeitrechnung), also noch vor dem Jahr 4 vor unserer Zeitrechnung.
    Am 25. Dezember wurde der Geburtstag des Gottes Mithras gefeiert – der Geburtstag Jesu wurde von den Christen lange Zeit nicht begangen. Das Weihnachtsfest ist im 2. Jahrhundert in Ägypten aufgekommen und wurde dort am 6. Januar gefeiert, dem Geburtstag des Gottes Osiris. Erst im 4. Jahrhundert hat die katholische Kirche den Geburtstag Christi auf den 25. Dezember verlegt. Die Adventszeit wurde sogar erst seit dem 6. Jahrhundert begangen. Clemens von Alexandria berichtet, dass um 200 nach unserer Zeitrechnung die einen den 19. April, die anderen den 20. Mai, er selbst jedoch den 17. November für Jesu Geburtstag hielten. Dass der 25. Dezember der Tag der Geburt war, muss schon wegen Lk 2,8 bezweifelt werden, wo berichtet wird, dass Hirten in der Nähe ihre Herden hüteten – was gemäß dem Talmud nur zwischen März und November der Fall war.
    Lukas hat verschiedene historische Ereignisse für die

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