Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
Klang der Gewissheit vernommen, den sie von ihrer Mutter kannte.
»Nun, Gott hat es nicht gegeben«, sagte Juana schlau. »Allah hat die Alhambra verlassen, und Isabella ist eingezogen. Und würdet ihr Mauren Isabella so gut kennen wie wir, dann wüsstet ihr, dass nun die größte Macht einzieht, während die geringere Macht diese Feste verlassen muss.«
»Gott schütze die Königin«, sagte Madilla rasch. »Ich kenne Königin Isabella durchaus.«
Während sie sprach, schwangen langsam die großen Torflügel auf; diese waren aus schwarzem Holz, mit schwarzen Nägeln beschlagen und wurden in schwarzen gehämmerten Angeln geschwenkt. Unter dem Klang einer weiteren Fanfare schritten der König und die Königin in den inneren Hof.
Wie in einem sorgfältig einstudierten Tanz teilten sich die Soldaten der Leibgarde innerhalb der Stadtmauern, die eine Hälfte schwenkte nach links, die andere nach rechts. Sie suchten alles ab, um sicherzustellen, dass kein zurückgebliebener maurischer Soldat einen letzten Hinterhalt plante. Die riesige Feste, die Alcazaba, die wie der Bug eines Schiffes zur Ebene von Granada vorstieß, lag zu ihrer Linken, und dorthinein strömten die Soldaten, liefen über den Paradeplatz, an den Mauern entlang, die Türme hinauf und wieder hinunter. Endlich schaute Königin Isabella zum Himmel auf, beschattete die Augen mit ihrer Hand, an der maurische Goldarmbänder klirrten, und lachte laut auf, als sie das Banner des heiligen Jakobus und das silberne Kreuz an den Masten erblickte, wo vordem die Fahne des Halbmondes geflattert hatte.
Dann wandte sie sich den Hausdienern des Schlosses zu, die schleppenden Schrittes und mit gesenkten Köpfen herbeikamen, angeführt vom Großwesir, dessen beträchtliche Körpergröße von seinem flatternden Gewand noch betont wurde. Seine stechenden schwarzen Augen bohrten sich in Isabellas, glitten über König Ferdinand und die königliche Familie, den Prinzen und die vier Prinzessinnen. Der König und der Prinz waren so reich gekleidet wie Sultane, sie trugen üppig bestickte Tuniken über ihren Hosen, während die Königin und die Prinzessinnen die traditionelle Kamiz-Bluse aus feinster Seide trugen, dazu weiße leinene Hosen und Schleier, die von Goldnetzen gehalten wurden.
»Eure königlichen Hoheiten, es ist mir eine Ehre und Pflicht, Euch im Alhambra-Palast willkommen zu heißen«, sagte der Großwesir, als sei es die alltäglichste Sache der Welt, den schönsten aller Paläste an bewaffnete Eindringlinge zu übergeben.
Die Königin und ihr Gemahl tauschten einen Blick. »Ihr könnt uns nun hineinführen«, sagte sie.
Der Großwesir verneigte sich und ging ihnen voraus. Die Königin sah ihre Kinder an. »Nun kommt, Mädchen«, sagte sie und setzte sich in Bewegung. Der Weg führte durch die Gärten, die den Palast umgaben, ein paar Stufen hinunter und schließlich zu einer unscheinbaren Tür.
»Ist dies der Haupteingang?« Isabella zögerte vor der kleinen Tür in der Mauer.
Wieder verneigte sich der Großwesir. »Ja, Euer Hoheit, das ist er.«
Isabella sagte nichts darauf, aber Catalina sah, wie sie ein wenig geringschätzig die Augenbrauen hochzog. Dann traten sie ein.
***
Doch diese kleine Tür ist wie ein Schlüsselloch zu einer ganzen Reihe von Schatzkästchen, die sich nacheinander dem Betrachter öffnen. Der Mann führt uns hindurch wie ein Sklave, der die Türen einer Schatzkammer aufschließt. Schon die Namen der Zimmer sind ein Gedicht: das Goldene Zimmer, der Myrtenhof, der Saal der Botschafter, der Löwenhof, der Saal der Zwei Schwestern. Wir werden Wochen brauchen, bis wir uns in diesen kostbar gefliesten Gemächern zurechtfinden. Und die Wasserspiele werden uns noch länger in Staunen versetzen: Über Marmorrinnen strömt das Wasser in die Zimmer und zu weißen Marmorbrunnen, in denen stets das frischeste, sauberste Wasser aus den Bergen sprudelt. Und niemals werde ich es satt bekommen, durch das weiße Gipsmaßwerk der Fenster auf die Ebene zu blicken, auf die Berge, den blauen Himmel und die goldenen Hügel. Jedes Fenster ist wie der Rahmen eines Bildes, sie sind so angelegt, dass man stehen bleibt, schaut und staunt. Jedes Fenster ähnelt einer filigranen Weißstickerei oder dem Meisterwerk eines Zuckerbäckers.
Wir haben uns in den Haremsgemächern eingerichtet, weil sie für mich und meine drei Schwestern am bequemsten sind. An den kühlen Abenden zünden die Haremsdienerinnen die Kohlenpfannen an und streuen duftende Kräuter
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