Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
maurischen Welt den Krieg angesagt, und der Kreuzzug der Christen gewann mit jedem weiteren Sieg an Stärke. Wenige Tage nach dem Zweikampf der beiden Recken willigte Boabdil, der König von Granada, in den Friedensvertrag ein, und wieder ein paar Tage später schritt er mit großem und dennoch anmutigem Zeremoniell, wie es für die Mauren Spaniens typisch war, durch die eisernen Tore der Stadt und überreichte dem König und der Königin von Spanien die Schlüssel zur Alhambra feierlich auf einem seidenen Kissen.
Granada und die rote Burg, die schützend über der Stadt auf dem Hügel thronte, sowie der prächtige Palast, der sich in ihr verbarg - die Alhambra - wurden an Ferdinand und Isabella übergeben.
Gewandet in die kostbaren Seidentuche des besiegten Feindes, angetan mit Turbanen und Pantoffeln, prächtig wie die Kalifen hielt die königlich spanische Familie ihren Einzug in Granada. An diesem Nachmittag schritt Catalina Prinzessin von Wales mit ihren Eltern den gewundenen, steilen, schattigen Weg hinauf, der zum schönsten Palast Europas führte. In dieser Nacht ruhte sie in dem kostbar gefliesten Frauengemach und erwachte zum Klang plätschernden Wassers in Marmorbrunnen. Ihr träumte, sie wäre eine Maurenprinzessin, geboren für ein Leben in Reichtum und Schönheit, doch gleichzeitig auch eine Prinzessin von England.
***
Und dies ist mein Leben, wie ich es seit dem Tage unseres Sieges geführt habe. Ich wurde geboren als Kind des Krieges, ich folgte dem Heer von Belagerung zu nachfolgender Schlacht, ich sah Dinge, die kein Kind sehen sollte, ertrug tagtäglich Dinge, die Erwachsene in Angst versetzen. Ich schritt vorbei an verwesenden Leichen, da niemand Zeit gehabt hatte, die Gefallenen zu begraben. Ich ritt hinter Maultieren, die man mit Peitschenhieben über blutbefleckte Leichname treiben musste, damit sie die Kanonen meines Vaters über die hohen Pässe der Sierra brachten. Ich sah, wie meine Mutter einen Mann ohrfeigte, der vor Erschöpfung in Tränen ausgebrochen war. Ich hörte kleine Kinder weinen, deren Eltern man als Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatte ... Doch in dem Augenblick, als wir uns in bestickte Seide hüllten und in die rote Burg von Granada einzogen, der darin verborgenen weißen Perle der Alhambra entgegen - in jenem Augenblick vollzog sich meine Wandlung zu einer wahren Prinzessin.
Ich wurde das kleine Mädchen, das im schönsten Palast der Christenheit aufwuchs, geschützt durch eine uneinnehmbare Festung. Ich wurde ein Mädchen voll unerschütterlichen Vertrauens zu Gott, der uns den Sieg beschert hatte, und zu meinem Schicksal als sein geliebtes Kind und Lieblingstochter meiner Mutter.
Die Alhambra bewies mir ein für alle Mal, dass ich einzigartig und von Gott auserwählt war, so wie meine Mutter. Ich war Gottes auserwähltes Kind, das im schönsten Palast der Christenheit aufwuchs, und ich war zu noch Höherem berufen.
***
Prächtig wie Sultane, angeführt von den Offizieren und gefolgt von der königlichen Leibgarde, zog die spanische Königsfamilie durch den mächtigen Vierecksturm, genannt das Tor der Gerechtigkeit, in die Burg ein. Als der Schatten des ersten Turmbogens auf Isabellas nach oben gerichtetes Antlitz fiel, bliesen die Trompeter eine trotzige Fanfare, als ob sie wie Joshua vor den Mauern Jerichos die letzten Geister der Ungläubigen vertreiben wollten. Und sogleich ertönte ein Echo, ein zitternder Seufzer jener Menschen, die sich in dem Torweg an die goldenen Mauern drückten: die halb verschleierten Frauen in ihren langen Gewändern und die schweigenden, stolzen Männer, die aufmerksam ihre Eroberer anblickten. Catalina blickte über das Meer von Köpfen hinweg und entdeckte auf den schimmernden Wänden die geschwungenen Zeichen der arabischen Schrift.
»Was bedeuten sie?«, fragte sie ihre Amme Madilla.
Mit zusammengekniffenen Augen studierte die Frau die Mauern. »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie mürrisch. Stets verleugnete sie ihre maurischen Wurzeln und tat, als wisse sie nichts über die Mauren und deren Lebensweise, obwohl sie als Maurin geboren und aufgewachsen war und - laut Juana - nur aus Gründen der Bequemlichkeit konvertiert war.
»Sag es uns, oder wir zwicken dich«, drängte Juana mit Engelsstimme.
Die junge Frau blickte die Schwestern finster an. »Es heißt: ›Gebe Gott, dass die Gerechtigkeit des Islam in diesen Mauern siege.‹«
Catalina verharrte einen Moment. Sie hatte aus den Worten den stolzen
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