Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
hart zu ihr.«
»Es ist eine harte Welt«, erklärte sie schlicht. »Ich bin lediglich gerecht. Warum schicken wir sie nicht heim?«
»Bewundert Ihr sie denn gar nicht?«
Seine Frage überraschte die Königinmutter. »Was soll denn an ihr zu bewundern sein?«
»Ihr Mut, ihre Würde. Schön ist sie natürlich auch, aber sie besitzt zudem Liebreiz. Sie ist gebildet, sie ist anmutig. Unter anderen Umständen wäre sie, glaube ich, fröhlicher. Dennoch hat sie sich trotz aller Enttäuschungen wie eine wahre Königin betragen.«
»Sie nützt uns aber nichts«, entgegnete Lady Margaret kalt. »Sie war unsere Prinzessin von Wales, aber nun ist unser Prinz tot. So anmutig sie auch erscheinen mag, sie hat keinerlei Nutzen mehr für uns.«
Catalina schaute auf und bemerkte die Blicke, die auf sie gerichtet waren. Sie lächelte kurz und verhalten und senkte dann wieder den Kopf. Heinrich erhob sich, ging in eine Fensternische und winkte ihr mit gekrümmtem Zeigefinger. Sie erhob sich nicht sogleich, sie war nicht willfährig wie die anderen Damen bei Hofe. Sie schaute ihn zweifelnd an, hob eine Augenbraue, als ob sie überlegte, ob sie ihm gehorchen solle. Dann erhob sie sich würdevoll und kam langsamen Schrittes in das Privatgemach.
Meine Güte, wie begehrenswert sie ist!, dachte Heinrich. Gerade erst siebzehn, völlig in meiner Gewalt, und schreitet dennoch durch das Zimmer, als wäre sie die gekrönte Königin Englands.
»Ihr vermisst die Königin wohl sehr, nehme ich an«, sprach er sie auf Französisch an.
»Das tue ich«, erwiderte Catalina mit klarer Stimme. »Ich trauere mit Euch um den Verlust Eurer Gemahlin. Ich denke gewiss, dass auch meine Eltern ihr Beileid bekunden möchten.«
Der König nickte, ohne ihr Gesicht einen Moment aus den Augen zu lassen. »Wir fühlen die gleiche Trauer«, bemerkte er. »Wir haben beide unsere Lebensgefährten verloren.«
Ihre Augen verengten sich. »In der Tat«, erwiderte sie ruhig. »Das haben wir.«
Er überlegte, ob sie versuchte, die Bedeutung hinter seinen Worten zu enträtseln. Wenn der scharfe Verstand hinter dieser schönen glatten Stirn arbeitete, war davon jedenfalls nichts zu sehen. »Ihr müsst mich das Geheimnis Eures Verzichts lehren«, bat er.
»Oh, ich glaube nicht, dass ich mich dem Verzicht ergeben habe.«
Nun wurde er neugierig. »Ach nein?«
»Nein. Ich glaube, ich vertraue darauf, dass Gott weiß, was für uns alle richtig ist, und dass sein Wille geschehe.«
»Selbst wenn seine Wege für uns verborgen sind und wir Sünder im Dunkeln dahinstolpern?«
»Ich kenne mein Schicksal«, erwiderte Catalina gelassen. »Gott war so gnädig, es mir zu enthüllen.«
»Dann seid Ihr eine der wenigen, denen dies widerfährt«, neckte er, um sie zum Lachen zu bringen.
»Ich weiß«, sagte sie ohne den Anflug eines Lächelns. Da begriff Heinrich, dass es kein Scherz war: Catalina war wirklich davon überzeugt, dass Gott ihr die Zukunft enthüllt hatte.
»Und worin besteht dieses großartige Schicksal, das Gott für Euch bereithält?«, fragte er ironisch. Er hoffte inständig, die Antwort möge lauten, dass sie Königin von England würde. Dann könnte er sie fragen oder näher treten, oder ihr auf andere Art zeigen, was er im Sinn hatte.
»Gottes Willen zu tun natürlich, und sein Reich auf Erden erstehen zu lassen«, erwiderte die Prinzessin schlau - und wich ihm ein weiteres Mal aus.
***
Ich spreche sehr zuversichtlich von Gottes Willen und erinnere den König daran, dass ich zur Prinzessin von Wales geboren wurde ... aber die Wahrheit ist, dass Gott nicht mehr zu mir spricht. Seit dem Tag, an dem Arthur starb, bin ich nicht mehr wirklich davon überzeugt, dass ich von ihm ausgezeichnet bin. Wie kann ich mich als ›gesegnet‹ bezeichnen, wenn ich den einen Menschen verloren habe, der mein Leben vollständig machte? Wie kann ich gesegnet sein, wenn ich glaube, niemals mehr glücklich sein zu können? Aber wir leben in einer gläubigen Welt - und so muss ich behaupten, unter dem besonderen Schutze Gottes zu stehen, ich muss so tun, als wäre ich meines Schicksals gewiss. Ich bin die Tochter Isabella von Spaniens. Mein Erbe ist die Gewissheit.
Aber in Wahrheit bin ich zunehmend einsam. Zwischen mir und der Verzweiflung ist nichts als mein Versprechen, das ich Arthur gab, und der dünne Draht, wie ein Goldfaden, meiner eigenen Entschlossenheit.
M AI 1503
Aus Gründen der Schicklichkeit begnügte sich König Heinrich einen Monat lang
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