Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
kommen?«
***
Ein weiterer Tag verstrich, dann noch einer. Endlich hielt Catalina die Ungewissheit nicht mehr aus und schickte eine Nachricht an den Hof, in der sie die Hoffnung äußerte, der König möge bei bester Gesundheit sein.
Doña Elvira sagte nichts dazu, aber während sie die abendlichen Verrichtungen in Catalinas Kammer überwachte, sprach ihr steifer Rücken Bände.
»Ich weiß, was Ihr denkt«, sagte Catalina, als die Duenna das Kammermädchen mit einer Handbewegung aus dem Gemach schickte und sich daran machte, die Haare der Prinzessin zu bürsten. »Aber ich kann diese Chance nicht aufs Spiel setzen.«
»Ich denke gar nichts«, erwiderte die Ältere kühl. »Dies ist eben die englische Art. Wie Ihr mir deutlich zu verstehen gegeben habt, zählt unsere schickliche spanische Art nicht mehr in diesem Lande. Und deshalb steht es mir nicht an zu sprechen. Wenn mein Rat so wenig gewünscht wird ... Ich bin nur ein leeres Gefäß.«
Catalina war selbst zu besorgt, um ihre Duenna zu trösten. »Es spielt keine Rolle, was Ihr seid«, äußerte sie zerstreut. »Vielleicht kommt er ja morgen.«
***
Da Heinrich glaubte, Catalinas Ehrgeiz sei der Schlüssel zu ihrer Liebe, hatte er der jungen Frau ein paar Tage Zeit gelassen, damit sie sich über ihre zukünftige Stellung klar wurde. Sollte sie ruhig das zurückgezogene Leben, das sie mit ihrem ärmlichen spanischen Hofstaat in Durham House führte und das täglich schäbiger wurde, mit dem Leben vergleichen, das sie als junge Königin an der Spitze eines der prächtigsten Königshäuser Europas führen würde! Heinrich traute ihr genug Klugheit zu, um diese beiden Existenzen gegeneinander abzuwägen. Die Nachricht, in der sie nach seinem Befinden fragte, bestätigte ihm, dass er mit seiner Vermutung richtiggelegen hatte - und schon am nächsten Tag ritt er zur Strand, um ihr einen Besuch abzustatten.
Der Torwächter gab an, die Prinzessin gehe in Begleitung ihrer Damen am Fluss spazieren. Durch die Hintertür von Durham House gelangte Heinrich auf die Terrasse, von der Stufen zum Garten hinunterführten. Da erblickte er Catalina am Flussufer: Sie ging allein, ihren Damen voraus, den Kopf leicht gesenkt. Beim Anblick dieser Frau, die er begehrte, überkam ihn ein vertrautes Gefühl, es war der Stich der Begierde. Heinrich lächelte über sich selbst, darüber, dass er die Leidenschaft eines jungen Mannes spürte, die Torheit eines jungen Mannes wiedererkannte.
Sein Page war vorausgelaufen und kündigte den König an. Sogleich hob Catalina den Kopf und blickte ihn über die Rasenfläche hinweg an. Heinrich lächelte erwartungsvoll, er wartete auf den Moment des Wiedererkennens zwischen einer Frau und einem Mann, die sich lieben - jener Moment, wenn ihre Blicke sich treffen und beide eine starke Freude verspüren.
Doch stattdessen harrte seiner eine Enttäuschung. Es war deutlich, dass ihr Herz bei seinem Anblick nicht vor Freude hüpfte. Heinrich hatte die Prinzessin mit seinem unerwarteten Besuch überraschen wollen, doch sie wirkte nur ein wenig verblüfft. Da sie auf sein Kommen nicht vorbereitet war, konnte sie ihm keine Gefühle vorspielen, und verliebt wirkte sie auf keinen Fall. Sie hatte zu ihm hingeblickt - und er hatte sofort gewusst, dass sie ihn nicht liebte. Er wähnte sogar, kurz einen Schatten von Berechnung über ihr Gesicht huschen zu sehen. Diese Erkenntnis war eine herbe Ernüchterung. Catalina hatte ihm ihr wahres Gesicht gezeigt, offenbar hatte sie überlegt, wie sie ihn nach ihrer Pfeife tanzen lassen konnte. Es war der Blick einer Krämerin, die sich überlegt, wie sie einen Kunden am besten ausnehmen kann. Heinrich, Vater zweier verwöhnter Töchter, erkannte diesen Blick sofort, und er wusste, dass diese Ehe trotz aller lieblichen Worte in den Augen der Prinzessin nur aus Zweckmäßigkeit geschlossen würde. Und mehr noch: Er wusste, dass sie sich bereits entschlossen hatte, seinen Antrag anzunehmen.
Über den kurz gemähten Rasen schritt der König auf sie zu und nahm ihre Hand. »Guten Tag, Prinzessin.«
Catalina knickste. »Euer Gnaden.«
Sie wandte sich an ihre Damen. »Ihr könnt nun ins Haus gehen.« Und an Doña Elvira gewandt: »Sorgt dafür, dass Erfrischungen für Seine Gnaden bereitstehen, wenn wir zurückkommen.« Dann wandte sie sich wieder dem König zu. »Wollen wir einen Gang tun, Sire?«
»Ihr werdet eine sehr elegante Königin abgeben«, gestand er ihr lächelnd zu. »Ihr beherrscht die Kunst des
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