Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
anderen Gang genommen als die seinen.
Heinrich räusperte sich. »Ja, ja, natürlich.«
»Ist das die englische Tradition?«
»Ja.«
»Sie kommen in der Rangfolge vor Euren anderen Kindern?«
»Unser Sohn wird im Rang über den Prinzessinnen Margaret und Mary stehen«, erwiderte er. »Unsere Töchter jedoch darunter.«
Catalina runzelte die Stirn. »Warum das? Warum sollten nicht sie zuerst kommen?«
»Die Thronfolge geht zuerst nach Geschlecht, dann nach Alter«, erklärte Heinrich. »Der Erstgeborene ist der Thronfolger, dann folgen die jüngeren Söhne, dann die Töchter in der Reihenfolge ihres Alters. So Gott will, gibt es immer einen Prinzen, der die Krone erbt. In England ist es nicht Tradition, dass Königinnen regieren.«
»Eine Königin kann ebenso gut befehlen wie ein König«, gab die Tochter Isabellas von Kastilien zu bedenken.
»Nicht in England«, entgegnete Heinrich Tudor mit Nachdruck.
Catalina beließ es dabei. »Aber unser ältester Sohn würde nach Eurem Tode König«, verfolgte sie ihr Thema weiter.
»So Gott will, werde auch ich noch einige Jahre leben«, bemerkte er trocken.
Catalina war erst siebzehn, sie besaß wenig Zartgefühl für das Alter eines Menschen. »Natürlich. Aber gesetzt den Fall, Ihr stürbet und wir hätten einen Sohn - wäre dieser dann Thronfolger?«
»Nein. Den Thron erbt Prinz Harry, der Prinz von Wales.«
Wieder runzelte sie die Stirn. »Ich dachte, Ihr könntet einen Thronfolger benennen? Könnt Ihr nicht unseren Sohn zum Thronerben machen?«
Der König schüttelte den Kopf. »Harry ist Prinz von Wales. Er wird mein Nachfolger.«
»Ich dachte, er wäre für die Kirche bestimmt?«
»Nicht mehr.«
»Aber wenn wir einen Sohn hätten? Könntet Ihr nicht Harry zum Herrscher über unsere französischen Besitzungen oder über Irland machen und unseren Sohn zum König?«
Heinrich stieß ein kurzes Lachen aus. »Nein. Denn damit würde ich mein Königreich vernichten, und es hat mich einiges gekostet, es zu gewinnen und zusammenzuhalten. Harry erbt es mit vollem Recht.« Er sah, wie verstört sie war. »Catalina, Ihr werdet Königin von England sein, einem der größten Reiche Europas, Ihr werdet die Stellung einnehmen, die Eure Eltern für Euch vorsahen. Eure Söhne und Töchter werden Prinzen und Prinzessinnen von England sein. Was könntet Ihr mehr wünschen?«
»Ich wünsche, dass mein Sohn König wird«, antwortete sie ihm offen.
Heinrich zuckte die Achseln. »Das ist unmöglich.«
Sie rückte ein Stück von ihm ab, ließ nur noch zu, dass er ihre Hand hielt.
Er versuchte, es mit einem Lachen zu überspielen. »Catalina, wir sind noch nicht einmal verheiratet! Möglicherweise bekommt Ihr gar keinen Sohn. Lasst unsere Verlobung doch nicht um eines Kindes willen platzen, das noch nicht einmal empfangen worden ist!«
»Was aber wäre sonst der Sinn einer Ehe?«, fragte Catalina unbedacht, so sehr war sie in ihre eigenen Überlegungen versunken.
Heinrich hätte am liebsten mit »Begierde« geantwortet. Stattdessen sagte er: »Das Schicksal stiftet diese Ehe, damit Ihr Königin werdet.«
Doch die Prinzessin ließ nicht locker. »Ich habe mich ein Leben lang darauf vorbereitet, Königin zu werden und meinen Sohn auf dem Thron zu sehen«, betonte sie. »Ich gedachte eine Macht am Hofe zu sein, wie Eure Mutter. Ich wollte Festungen errichten und eine Flotte bauen und Schulen und Universitäten gründen. Ich will die Schotten an unserer Nordgrenze bekämpfen und die Mauren von unseren Küsten fernhalten. Ich will in England herrschen, darauf habe ich gehofft und mich vorbereitet. Schon als ganz kleines Kind war ich zur künftigen Königin Englands bestimmt. Ich habe über dieses Königreich, das ich regieren würde, gründlich nachgedacht, ich habe Pläne geschmiedet. Ich will so viel erreichen!«
Heinrich konnte nicht mehr an sich halten: Er lachte schallend ob der Vorstellung, dass dieses Mädchen, dieses Kind, sich erdreistete, Überlegungen zur Herrschaft über sein Königreiches anzustellen. »Ihr werdet noch merken, dass ich über Euch stehe«, gab er ihr unverblümt zu verstehen. »Dieses Reich wird nach den Befehlen des Königs regiert, es steht unter meinem Befehl. Ich habe mir den Weg zum Thron nicht erkämpft, um mein Reich einem Mädchen zu übergeben, das meine Tochter sein könnte. Eure Pflicht wird darin bestehen, die königliche Kinderstube mit Nachwuchs zu versorgen, und weiter werdet Ihr nicht schauen.«
»Aber Eure Mutter ...«
»Ihr
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