Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
fahre ich geschmeidig fort. »Vom Himmel aus.«
»Kann ich irgendetwas für Euch tun?«, fragt er. »Kann ich Euch etwas bringen, bevor ich gehe?«
Ich lache nicht ob der Vorstellung, dass Heinrich - der nie weiß, wo etwas liegt - jetzt damit anfangen will, Besorgungen für mich zu erledigen. »Ich habe alles, was ich brauche«, versichere ich heiter. »Und meine Damen kümmern sich gut um mich.«
Da richtet er sich auf, jeder Zoll ein König, und mustert meine Gefolgschaft mit strengen Blicken. »Dient Eurer Herrin gut«, befiehlt er. Und an Lady Margaret gewandt: »Gebt mir bitte sofort Bescheid, wenn sich etwas Neues begibt, egal, zu welcher Stunde, ob tags oder nachts.« Dann küsst er mich sehr zärtlich zum Abschied und schreitet hinaus. Und ich bin allein mit meinen Damen, allein in der Abgeschlossenheit des Wöchnerinnengemaches.
Doch ich bin froh über diese Abgeschiedenheit. Diese dunkle, friedliche Schlafkammer wird mein sicherer Hafen sein. Eine Zeit lang kann ich mich in der vertrauten Gesellschaft von Frauen ausruhen. Ich kann aufhören, die Rolle der fruchtbaren, zuversichtlichen Königin zu spielen, und wieder ich selbst sein. Ich schiebe sämtliche Zweifel beiseite. Ich will nicht nachdenken, und ich will nicht grübeln. Ich werde geduldig warten, bis mein Kind sich ankündigt, und dann werde ich es ohne Angst und ohne Geschrei zur Welt bringen. Ich bin fest entschlossen, daran zu glauben, dass dieses Baby, das den Verlust seines Zwillings überlebte, ein besonders kräftiges Baby sein wird. Und ich, die ich den Verlust meines ersten Kindes überlebte, werde ihm eine tapfere Mutter sein. Vielleicht stimmt es, dass wir - dieses Baby und ich - gemeinsam Kummer und Verlust überwunden haben.
Ich warte. Ich warte den ganzen Monat März. Ich bitte meine Damen, die Wandbehänge vor den Fenstern zurückzuschlagen, damit ich die Frühlingsdüfte riechen kann und die Möwen höre, die schreiend über die Themse segeln.
Nichts scheint sich zu bewegen, weder für mein Kind noch für mich. Die Hebammen fragen, ob ich Schmerzen hätte, doch ich habe keine. Ich spüre nur diesen dumpfen Schmerz, den ich schon so lange ertrage. Sie fragen, ob die Bewegungen des Babys stärker geworden sind, ob es mir Tritte versetzt, aber ich kann mir gar nicht vorstellen, was sie meinen. Sie blicken einander an und sagen dann überlaut und hastig, dass dies ein gutes Zeichen sei: Denn ein ruhiges Baby müsse umso kräftiger sein, da es so viel ruhe.
Die Unruhe, die ich seit Beginn dieser zweiten Schwangerschaft verspüre, verdränge ich entschlossen. Ich werde nicht an die Warnungen des maurischen Arztes denken, nicht an das Mitleid, das ich in seiner Miene las. Ich bin entschlossen, keine Furcht zu empfinden, keine Katastrophe heraufzubeschwören. Doch der April kommt, Regen trommelt gegen die Fensterscheiben, und die Sonne scheint - und immer noch geschieht nichts.
Meine Gewänder, die sich im Winter straff um meinen Bauch spannten, sind nun weiter geworden. Ich schicke alle Damen außer Maria hinaus, dann schnüre ich die Bänder auf und zeige ihr meinen Bauch und frage, ob auch sie meint, dass ich an Umfang verliere.
»Ich weiß es nicht«, erwidert sie, aber an ihrem entsetzten Gesicht kann ich ablesen, dass mein Bauch flacher geworden ist. Es ist ganz deutlich, dass in meinem Leib kein Baby wohnt, das darauf wartet, geboren zu werden.
Eine Woche später ist es allen offenbar, dass mein Bauch nicht mehr gewölbt ist, ich werde wieder schlank. Die Hebammen versuchen mir einzureden, dass der Bauch einer Frau kurz vor der Geburt kleiner werden kann: Er senke sich, weil das Kind nach unten wandere, und ähnliche obskure Weisheiten. Ich strafe sie mit einem kalten Blick und wünsche mir sehnlichst, ich könnte einen fähigen Arzt kommen lassen, der mir die Wahrheit sagen würde.
»Mein Bauch ist flacher geworden, und heute ist zudem meine Regel gekommen«, teile ich ihnen mit. »Ich blute. Wie ihr sehr wohl wisst, habe ich jeden Monat geblutet, seit ich mein kleines Mädchen verlor. Wie soll da ein Kind in mir heranwachsen?«
Sie heben ratlos die Hände. Darauf wissen sie keine Antwort. Sie sagen, dies seien Fragen, deren Beantwortung dem ehrbaren Leibarzt meines Gemahls obliege. Er war ja derjenige, der darauf bestand, dass ich guter Hoffnung sein müsse. Sie hätten nie Derartiges behauptet, man habe sie nur gerufen, um mir bei der Geburt beizustehen. Nicht sie hätten geschworen, dass ich ein Kind in mir
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