Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
trüge.
»Aber was habt ihr gedacht, als er behauptete, es wäre vorher ein Zwilling dagewesen?«, frage ich die Hebammen. »Habt ihr nicht eifrig zugestimmt, als er behauptete, ich hätte zwar ein Kind verloren, das andere jedoch behalten?«
Sie schütteln die Köpfe. Sie wissen es nicht.
»Ihr müsst euch doch etwas dabei gedacht haben«, beharre ich ungeduldig. »Ihr habt mit angesehen, wie ich das eine Baby verlor. Ihr wisst, dass mein Bauch dick geblieben ist. Welchen Grund könnte es dafür geben, wenn nicht ein zweites Kind?«
»So Gott will«, sagt eine von ihnen hilflos.
»Amen«, sage ich gezwungen, ohne es wirklich zu meinen.
***
»Ich will diesen maurischen Arzt noch einmal sprechen«, sagte Katharina leise zu Maria de Salinas.
»Euer Gnaden, es ist gut möglich, dass er nicht mehr in London weilt. Immerhin reist er mit einem französischen Grafen.«
»Bringt in Erfahrung, ob er noch in London ist oder wann seine Rückkehr erwartet wird«, befahl die Königin. »Aber erzählt niemandem, dass ich es bin, die ihn sehen will.«
Mitleidig sah Maria de Salinas ihre Herrin an. »Ihr wollt immer noch, dass er Euch Ratschläge gibt, wie Ihr einen Sohn empfangen könnt?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme.
»Es gibt keine einzige Universität in England, an der Medizin gelehrt wird«, sagte Katharina bitter. »Keine Schule, die Sprachen lehrt. Keine Astronomie, keine Mathematik, keine Geometrie, Geografie oder Kosmografie, ja nicht einmal das Studium der Tierwelt oder der Pflanzen. Die Universitäten in England sind so nutzlos wie Mönche in einem Kloster, die nichts weiter können, als heilige Texte mit Vignetten zu versehen.«
Maria de Salinas schnappte nach Luft, als sie diese Blasphemie vernahm. »Die Kirche sagt ...«
»Die Kirche braucht keine guten Ärzte. Die Kirche braucht nicht zu wissen, wie Söhne empfangen werden!«, fauchte Katharina. »Die Kirche begnügt sich mit Heiligenerscheinungen, ihr genügt die Heilige Schrift. Die Kirche besteht aus Männern, die nicht mit den Krankheiten und Problemen von Frauen behelligt werden wollen. Wir jedoch, die wir auf unserer irdischen Pilgerfahrt sind, wir Weltkinder und darunter insbesondere wir Frauen: Wir brauchen ein wenig mehr als das Buchwissen der Kirche.«
»Aber Ihr habt doch selbst gesagt, dass Ihr nichts mit heidnischem Wissen zu tun haben wollt! Das habt Ihr dem Arzt zu verstehen gegeben. Ihr habt gesagt, Eure Mutter hätte recht daran getan, die Universitäten der Ungläubigen zu schließen.«
»Meine Mutter hat ja auch ein halbes Dutzend Kinder zur Welt gebracht«, entgegnete Katharina ärgerlich. »Und ich sage Euch: Hätte sie einen Arzt auftreiben können, der meinen Bruder geheilt hätte, dann würde sie diesen genommen haben, und wenn er sein Handwerk in der Hölle gelernt hätte! Sie machte einen Fehler, als sie sich von der Bildung der Mauren abwendete. Ich habe meine Mutter nie für vollkommen gehalten, aber dieser Umstand bewirkt, dass ich sie auch nicht mehr so bewundere. Es war ein schwerwiegender Fehler, als sie zusammen mit den Ungläubigen die weisen Gelehrten vertrieb.«
»Die Kirche selbst hat gesagt, dass deren Gelehrsamkeit Häresie ist«, äußerte Maria. »Ihr müsst Euch nun entscheiden.«
»Ich bin sicher, dass Ihr gar nichts darüber wisst«, entgegnete Isabellas Tochter, die sich in die Ecke gedrängt fühlte. »Es ist kein Thema, das man mit Euch diskutieren könnte, und überdies habe ich Euch bereits gesagt, was ich will.«
***
Yusuf, der Maure, weilt zurzeit nicht in London, aber der Wirt seines Gasthofes sagt, er werde binnen einer Woche zurückerwartet.
Ich muss mich also in Geduld fassen. Ich werde geduldig in meinem Wöchnerinnengemach ausharren.
In jenem Gasthof sei er wohlbekannt, berichtet Marias Diener. Sein Kommen und Gehen sorge jedes Mal für Aufsehen. In England sind Afrikaner so selten, dass ihr bloßes Auftauchen zu einem Spektakel verkommt ... und er ist ein schöner Mann und großzügig in der Entlohnung kleinerer Dienste. Er bestehe darauf, so Marias Diener, Wasser zum Waschen in seinem Zimmer zu bekommen, und er wasche sich jeden Tag, manchmal sogar mehrere Male, und - Wunder über Wunder - er bade gar drei- oder viermal in der Woche und benutze Seife und Handtücher. Dabei mache er jedes Mal seinen ganzen Zimmerboden nass, was den Mägden viel Arbeit bereite und seiner Gesundheit gewiss nicht zuträglich sein könne.
Ich kann nicht umhin, über dieses Bild zu lachen.
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