Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
sie kennt«, wandte Catalina ein, da ihr die dornigen, verunkrauteten Raine walisischer Felder einfielen.
»Wie dann?« Er öffnete die Augen wieder.
»Eine Hecke wie eine Mauer«, erwiderte sie. »Sauber und eckig beschnitten, sodass sie einem Block aus grünem Marmor gleicht, einer lebenden, grünenden Statue. Das Tor und sein Bogen spiegeln sich im Becken ebenso wie das ganze Gebäude. Die gesamte Anlage liegt Euch demnach im Wasser zu Füßen. Und die Wände sind aus durchbrochenem Stuck, luftig wie Papier oder wie Weißstickerei. Und die Vögel ...«
»Die Vögel?«, fragte Arthur erstaunt, denn diese hatte sie zuvor nicht erwähnt.
Catalina überlegte einen Moment. »Apodes? «, sagte sie dann zweifelnd auf Latein.
»Apodes? Mauersegler?«
Sie nickte. »Sie schießen wie ein stürmischer Bach über Euren Kopf hinweg, drehen Runde um Runde in dem engen Hof und schreien unaufhörlich. Sie sind so schnell wie der Angriff einer Kavallerie, so schnell wie der Wind. Und unermüdlich fliegen sie, immerzu rundherum, den ganzen Tag, so lange die Sonne auf das Wasser scheint. Und nachts ...«
»Nachts?«
Catalina machte eine leichte Handbewegung, eine zauberische Geste. »Nachts verschwinden sie einfach; nie sieht man, wo sie sich niederlassen oder ihre Nester bauen. Bei Sonnenuntergang verschwinden sie spurlos - aber sobald die Sonne aufgeht, sind sie wieder da.« Sie überlegte einen Moment. »Es ist schwer zu beschreiben«, fuhr sie dann mit bebender Stimme fort. »Aber ich sehe sie ganz deutlich.«
»Ihr vermisst sie«, stellte Arthur fest. »Und wenn ich Euch noch so glücklich machen könnte - Ihr würdet sie doch stets vermissen.«
Wieder bewegte sie leicht die Hand. »Natürlich. Das war ja zu erwarten. Aber ich vergesse nie, wer ich bin. Und wozu ich geboren wurde.«
Arthur wartete.
Sie lächelte ihn an. Warm war dieses Lächeln, und die blauen Augen strahlten. »Denn ich bin die Prinzessin von Wales«, sagte sie. »Das wusste ich von Kindesbeinen an. Immer wurde ich Prinzessin von Wales genannt. Und eines Tages werde ich Königin von England sein, weil Gott es so will. Catalina, Infantin von Spanien, Prinzessin von Wales.«
Arthur erwiderte ihr Lächeln und zog sie an sich. Gemeinsam sanken sie in die Kissen. Catalinas Kopf lag an seiner Schulter, und ihr dunkelrotes Haar breitete sich wie ein Schleier über seine Brust.
»Auch ich wusste fast von Geburt an, dass ich Euch heiraten würde«, sagte er nachdenklich. »Ich kann mich an keine Zeit erinnern, da ich nicht mit Euch verlobt war. Ich habe Euch unzählige Briefe geschrieben, die ich meinem Tutor zur Berichtigung vorlegte.«
»Dann ist es ja ein Glück, dass ich Euch gefalle - jetzt und hier.«
Arthur legte einen Finger unter ihr Kinn und hob es sanft, um sie erneut zu küssen. »Und ein noch größeres Glück, dass ich Euch gefalle.«
»Ich wäre auf jeden Fall eine gute Ehefrau geworden«, beharrte sie. »Auch ohne diese ...«
Er drückte ihre Hand unter die seidenen Laken, damit sie ihn berührte.
»Ohne dies hier, meint Ihr?«, neckte er sie.
Ohne diese ... Freuden«, seufzte sie, schloss die Augen und erwartete seine Liebkosung.
***
Im Morgengrauen wurden sie von den Dienern geweckt, und Arthur wurde feierlich in seine Gemächer zurückgebracht. Erst zur Messe in der Rundkapelle sahen sie einander wieder, saßen aber in Begleitung ihres Gefolges weit voneinander entfernt und konnten kein Wort miteinander wechseln.
***
Die heilige Messe sollte die wichtigste Stunde des Tages sein und mir Trost spenden, das weiß ich wohl. Doch wenn ich in der Rundkapelle bin - diesem winzigen Abbild einer Moschee -, kann ich stets nur an meine Mutter denken. Der Weihrauchduft erinnert mich an ihr Parfüm, und ich kann kaum glauben, dass sie mir fern ist, sie, neben der ich einst viermal am Tage im Gebet gekniet habe. Wenn ich bete: »Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade«, dann sehe ich das schöne, lächelnde, entschlossene Gesicht meiner Mutter. Und wenn ich um Mut bete, um in diesem Land mit seinen harten, zurückhaltenden Menschen zu bestehen, dann überfällt mich Sehnsucht nach ihrer Stärke und Kraft.
Ich sollte in meinem Gebet auch Arthur danken, aber vor dem Angesicht Gottes wage ich nicht, an meinen Ehemann zu denken. Denn dann fühle ich wieder das sündige Begehren. Ich glaube nicht, dass dies die heiligen Freuden der Ehe sind. Nein, solch heftiges Verlangen muss Sünde sein. Mit solch dunklen Trieben und ihrer
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