Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
Befriedigung kann nicht der kleine Prinz empfangen werden, welcher der eigentliche Grund unserer Ehe ist. Zwar wurde unser Ehebett von einem Erzbischof gesegnet, doch unsere leidenschaftliche Paarung ist wie das Liebesspiel zweier sonnenwarmer Schlangen, die sich umeinander schlingen. Meine Freude an Arthur halte ich vor jedem geheim, selbst vor Gott.
Selbst wenn ich es wollte, könnte ich mich keinem Menschen anvertrauen. Es ist uns ausdrücklich verboten, so oft zusammen zu sein, wie wir wollen. Arthurs Großmutter, die Königinmutter, hat dies bestimmt, so wie sie alles bestimmt, selbst hier in den abgelegenen walisischen Marken. Sie hat bestimmt, dass er mir einmal in der Woche beiwohnen soll, falls ich nicht unwohl bin. Er soll um zehn kommen und um sechs Uhr in der Frühe wieder gehen. Natürlich gehorchen wir, denn jeder gehorcht ihr, der Königinmutter. Arthur kommt also einmal in der Woche scheinbar widerwillig durch die Große Halle zu mir und verlässt mich schweigend am Morgen wie ein Mann, der seine Pflicht erfüllt hat - und nicht wie ein Liebhaber, der eine Nacht in atemlosem Verzücken verbrachte. Nie brüstet sich Arthur mit den genossenen Freuden vor seinen Höflingen, und so erfährt niemand von der Lust, die wir einander schenken. Niemand wird jemals erfahren, dass wir Nacht für Nacht zusammen sind. Wir treffen uns auf der Festungsmauer, an den höchsten Zinnen, wo nur der graublaue Himmel sich über uns wölbt. Wir treffen einander wie ein heimliches Liebespaar, im Schutz der Nacht, und dann gehen wir in meine Gemächer oder in die seinen und schaffen uns eine eigene Welt voller verborgener Freuden.
Selbst in dieser überfüllten kleinen Burg voller Wichtigtuer und Spione der Königinmutter weiß niemand von unseren heimlichen Zusammenkünften. Niemand weiß, wie innig wir einander lieben.
***
Nach der Messe begaben sich die beiden in ihre jeweiligen Gemächer, um das Frühstück einzunehmen, obwohl sie viel lieber zusammen gewesen wären. Auf Burg Ludlow wurde die steife Förmlichkeit des Königshofes im Kleinen nachvollzogen. Die Königinmutter hatte angeordnet, dass Arthur nach dem Frühstück mit seinem Tutor über den Büchern sitzen oder sich körperlich ertüchtigen solle, sofern das Wetter es erlaubte; und auch Catalina solle mit einem Lehrer arbeiten, oder nähen oder lesen oder im Garten spazieren gehen.
»Der Garten!«, flüsterte Catalina, als sie zum ersten Mal den kleinen Flecken Grün mit der durchweichten Moosbank sah, der in einem Winkel des Hofes angelegt worden war. »Ich frage mich, ob sie jemals einen richtigen Garten gesehen hat?«
Nachmittags konnten die jungen Leute ausreiten und in den Wäldern rund um die Burg ihrer Jagdlust frönen. Es war ein üppiger Landstrich mit einem sprudelnden Bach, der durch ein breites bewaldetes Tal floss. Catalina glaubte zuversichtlich daran, dass sie eines Tages die Wiesen rund um den Fluss Teme und die dunklen Hügel am Horizont lieb gewinnen konnte. Doch zurzeit fiel dies schwer: Mitten im Winter bestand die Landschaft nur aus Grau- und Weißtönen, und der düstere, kalte Wald wurde lediglich von Schnee und Raureif erhellt. Oft war das Wetter so schlecht, dass die Prinzessin nicht ausreiten wollte. Sie hasste den feuchten Nebel und den eisigen Schneeregen. Deshalb ritt Arthur oft allein auf die Jagd.
»Selbst wenn ich hierbliebe, dürfte ich nicht bei Euch sitzen«, klagte er. »Meine Großmutter hätte schon dafür gesorgt, dass ich andere Beschäftigung habe!«
»Dann reitet zu!«, erwiderte Catalina lächelnd, obwohl ihr die Zeit bis zum Dinner endlos lang wurde.
Einmal in der Woche besuchten sie die Stadt, hörten in der Kirche St. Laurence's oder in der kleinen Kapelle an der Burgmauer die Messe, nahmen an einem Bankett einer Gilde teil, sahen einen Hahnenkampf, eine Stierhetze oder einen Mummenschanz. Catalina war von der kleinen, sauberen Stadt beeindruckt: Dieser Ort hatte nicht unter dem brutalen Krieg zwischen den Häusern York und Lancaster gelitten, den der jetzige König beendet hatte.
»Das Wichtigste für ein Königreich ist Frieden«, bemerkte sie zu Arthur.
»Nur die Schotten können uns jetzt noch gefährlich werden«, erwiderte er. »Meine Vorfahren stammen ebenso aus der Linie York wie aus der Linie Lancaster, deshalb endet sämtliche Rivalität der Häuser mit mir. Wir müssen nur noch danach trachten, den Norden zu befrieden.«
»Und Euer Vater glaubt, er habe dafür gesorgt, indem er Prinzessin
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