Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
Hochmut ist. Lasst diesen Hochmut Eure Sünde sein, denn es ist nicht notwendig, dass Ihr die Schuld für die Sünden von anderen übernehmt.«
Nun schaute Catalina zum ersten Male auf und begegnete dem ruhigen Blick Lady Poles und ihrem freundlichen Lächeln. Vorsichtig erwiderte sie es. Dann streckte die Ältere ihre Hand aus wie ein Mann, der einem anderen ein Geschäft anbietet. »Versteht Ihr«, fuhr sie liebenswürdig fort. »Auch ich war einst eine Prinzessin. Ich war die letzte Prinzessin der Plantagenets, ich wurde gemeinsam mit König Richards Sohn aufgezogen. Deshalb sollte ich von allen Frauen der Welt am besten wissen, welch geringen Einfluss unser Geschlecht besitzt. Da ist der Wille Eures Ehemannes, der Wille Eurer Eltern, ferner der Wille Eures Königs und schließlich der Wille Gottes, dem es zu gehorchen gilt. Niemand könnte eine Prinzessin für die Handlungen eines Königs verantwortlich machen. Was sollte sie jemals dagegen tun können? Uns bleibt nur der Gehorsam.«
Catalina, die warme, feste Hand der Frau haltend, fühlte sich auf wunderbare Weise getröstet. »Ich fürchte, gar so gehorsam bin ich nicht immer«, gestand sie.
Die Ältere lachte. »Oh ja, man wäre ja eine Närrin, wenn man nie an sich selbst dächte«, gab sie zu. »Um wahren Gehorsam handelt es sich erst dann, wenn man es insgeheim besser weiß und sich dennoch entscheidet, demütig den Kopf zu beugen. Alles unter dieser Schwelle ist lediglich überhastetes Einverständnis, das jede kleine Zofe beherrscht. Meint Ihr nicht auch?«
Und Catalina, die nun zum ersten Mal in ihrem Leben gemeinsam mit einer Engländerin lachte, stimmte übermütig ein: »Ich wollte niemals eine einfältige Zofe sein.«
»Ich auch nicht«, strahlte Margaret Pole, die einst eine Plantagenet, eine Prinzessin, gewesen war und nun als Ehefrau des Burgverwalters auf einer einsamen Festung in den Grenzlanden hauste. »Im Herzen habe ich immer gewusst, wer ich war. Titel spielten für mich keine Rolle.«
***
Ich bin so überrascht, dass eine Frau, deren Gegenwart ich fürchtete, Burg Ludlow nun für mich zu einem Heim macht. Lady Margaret Pole ist eine Gefährtin und Freundin, die mich über den Verlust meiner Mutter und meiner Schwestern hinwegtrösten kann. Ich erkenne nun, dass ich stets in einer von Frauen dominierten Welt gelebt habe. In der Alhambra wohnten wir nahezu abgetrennt von der Welt der Männer, in Gemächern, die speziell auf das Wohlbefinden von Frauen zugeschnitten waren. Fern der Welt lebten wir in der Abgeschiedenheit dieser kühlen Gemächer, liefen unbeschwert durch die Höfe und schauten von den Balkonen herab, mit dem sicheren Gefühl, dass die Hälfte des Palastes uns Frauen vorbehalten war.
Wir hielten gemeinsam mit unserem Vater Hof, wir wurden nicht versteckt, aber dem natürlichen Bedürfnis der Frau nach Ungestörtheit wurde stattgegeben - und die Bauweise der Alhambra unterstützte dies, denn die schönsten Räume und Gärten waren ausschließlich für uns reserviert.
Es ist mir fremd, wie sehr die Welt in England von Männern beherrscht wird. Natürlich habe ich meine eigenen Gemächer und meine Hofdamen, aber jederzeit darf ein Mann vor meiner Tür erscheinen und Einlass begehren. Sir Richard Pole oder einer der anderen Gentlemen kommt unangemeldet in meine Gemächer und glaubt gar, er würde mir damit ein Kompliment zollen! Die Engländer scheinen es für richtig und normal zu halten, dass Männer und Frauen so intim miteinander umgehen. Ich habe in diesem Lande noch kein Haus gesehen, in dem es Gemächer ausschließlich für Frauen gibt, und keine Frau geht verschleiert, so wie wir es manchmal in Spanien taten, nicht einmal auf Reisen oder unter Fremden.
Selbst die königliche Familie gewährt freien Zutritt zu ihren Räumen. Fremde können ungehindert durch die königlichen Schlösser spazieren, wenn sie erst einmal die Palastwachen beschwatzt haben. Sie können im Audienzzimmer der Königin herumlungern und ihre Herrscherin bei jedem Spaziergang beobachten, sie können sie anstarren, als gehörten sie zur Familie. Die Große Halle, die Kapelle, die öffentlichen Gemächer der Königin stehen jedem offen, der einen kostbaren Umhang mit edler Kappe trägt und somit als Adeliger die Wachen passiert. Die Engländer behandeln ihre Frauen wie Knaben oder Bedienstete, die überall hingehen und sich von jedermann anstarren lassen dürfen. Eine Zeit lang hielt ich dies für Freiheit und schwelgte darin; doch dann
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