Die ewige Prinzessin: Historischer Roman (German Edition)
zupften, und bedeutete ihr, einen Schritt vorzutreten. Catalina warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und machte ebenfalls einen Knicks. Dann standen sie einander gegenüber.
»Es ist mir eine große Freude, Euch kennenzulernen«, begann Lady Pole liebenswürdig. »Es tut mir leid, dass ich bei Eurer Ankunft nicht auf der Burg weilte. Aber eines meiner Kinder war krank geworden, und ich musste mich darum kümmern, dass es gut gepflegt wird.«
»Euer Gemahl ist sehr liebenswürdig gewesen«, brachte Catalina heraus.
»Ich hoffe es, denn ich habe ihm eine ganze Reihe von Anweisungen gegeben. Er sollte unbedingt dafür sorgen, dass Eure Gemächer bei Eurer Ankunft warm und behaglich sind. Wenn Ihr etwas benötigt, müsst Ihr es mir sagen. Ich kenne Spanien nicht und wusste daher nicht, was Euch am meisten zusagen würde.«
»Aber nein! Es ist alles ... vollkommen.«
Die ältere Frau schaute die Prinzessin aufmerksam an. »Dann hoffe ich, dass Ihr hier glücklich sein werdet«, sagte sie.
»Das hoffe ich auch«, hauchte Catalina. »Aber ich ... ich ...«
»Ja?«
»Es tat mir so leid, vom Tode Eures Bruders zu hören«, wagte die Prinzessin den Sprung ins kalte Wasser. Ihre Wangen, bislang bleich vor Unbehagen, waren nun brennend rot geworden. Sie fühlte, wie die Röte bis zu ihren Ohren hinaufstieg, und stellte mit Entsetzen fest, dass ihre Stimme bebte. »Wirklich, es hat mir so leidgetan. Ich war so ...«
»Es war ein schmerzlicher Verlust für mich und die Meinen«, sagte die ältere Frau mit fester Stimme. »Doch dies ist der Lauf der Welt.«
»Ich fürchtete, dass durch mein Kommen ...«
»Ich habe nie empfunden, dass Ihr in dieser Angelegenheit eine Wahl hattet oder dass Euch eine Schuld träfe, Prinzessin. Als unser verehrter Prinz Arthur verheiratet werden sollte, musste sein Vater dafür sorgen, dass die Thronfolge gesichert ist. Ich weiß, mein Bruder hätte niemals die Herrschaft der Tudors bedroht, aber woher hätten sie das wissen sollen? Und überdies wurde er von einem boshaften Mann übel beraten und in eine törichte Verschwörung hineingezogen ...« Sie brach ab, da ihre Stimme bebte, fasste sich jedoch schnell wieder. »Verzeiht. Es peinigt mich immer noch. Mein Bruder war ein schuldloser junger Mann. Seine törichten Intrigen waren der Beweis seiner Unschuld, nicht seiner Schuld. Ich bin sicher, dass er nun wohlbehalten in der Hand Gottes lebt, zusammen mit allen anderen Unschuldigen.«
Freundlich lächelte sie die Prinzessin an. »In dieser Welt müssen wir Frauen oft feststellen, dass wir keinerlei Macht über die Handlungen der Männer haben. Ich bin sicher, Ihr hättet meinem Bruder nichts Böses gewünscht, und er hätte sich gewiss nicht gegen Euch oder unseren verehrten Prinzen gestellt - aber es ist der Lauf der Welt, dass mitunter grausame Maßnahmen angewendet werden müssen. Mein Vater hat in seinem Leben ein paar falsche Entscheidungen getroffen, und Gott weiß, wie hart er dafür bezahlen musste. Und sein Sohn, wiewohl unschuldig, musste dem Vater folgen. Wäre die Medaille auf die andere Seite gekehrt worden, dann wäre alles anders gekommen. Eine Frau, so meine ich, muss lernen, mit diesen Unwägbarkeiten zu leben, selbst wenn sie zu ihren Ungunsten ausfallen.«
Catalina lauschte gespannt. »Ich weiß, dass meine Eltern Gewissheit über die Unanfechtbarkeit des Tudor'schen Thronanspruches haben wollten«, hauchte sie. »Ich weiß, dass sie es dem König genau so mitgeteilt haben.« Sie hatte das Gefühl, dieser Frau unbedingt die Tiefe ihrer Schuld eingestehen zu müssen.
»Was ich an ihrer Stelle ebenfalls getan haben würde«, erwiderte Lady Margaret schlicht. »Prinzessin, ich gebe weder Euch noch Eurer Mutter oder Eurem Vater die Schuld. Auch unserem König nicht. Wäre ich an ihrer Stelle gewesen, so hätte ich vielleicht genau dasselbe getan und mich nur vor Gott verantwortet. Doch da ich nicht zu den Mächtigen dieser Welt zähle, sondern nur die bescheidene Ehefrau eines edlen Mannes bin, muss ich lediglich für mein eigenes Benehmen Sorge tragen und es vor dem Schöpfer verantworten.«
»Ich hatte das Gefühl, seinen Tod auf dem Gewissen zu haben, als ich in dieses Land kam«, gestand Catalina.
Die ältere Frau schüttelte nur den Kopf. »Sein Tod lastet nicht auf Eurem Gewissen«, sagte sie entschieden. »Und es ist falsch, dass Ihr Euch selbst für die Tat eines anderen bezichtigt. In der Tat, Euer Beichtvater könnte Euch ermahnen, dass dies eine Form von
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