Die ewige Straße
stiller Belustigung über die Veränderungen in seinem Benehmen. Offensichtlich sah er sich als Jon Shannons Nachfolger. Unbewußt imitierte er dessen wiegenden Gang, er bestand darauf, an der Spitze zu reiten (»Für den Fall, daß wir angegriffen werden«), seine Stimme klang ein wenig dunkler und bedächtiger, und sein Sinn für Humor entwickelte einen fatalistischen Einschlag.
Doch im Verlauf von ein paar Tagen schwächte sich das alles wieder ab, und er war mehr oder weniger der alte. Bis auf die Tatsache, daß er weiterhin darauf bestand, an der Spitze zu reiten.
Sie hatten die Straße wiederentdeckt und kamen häufiger an Straßenbauerstädten verschiedener Größen vorbei. Hin und wieder fanden sie noch lesbare Schilder, die zu einem Burger King oder einer Powerlift-Ladestation (was auch immer das war) oder zum Hoffman-Uhrenmuseum führten. Chaka kannte außer Stundengläsern und Wasseruhren keine Apparate zur Zeitmessung, und sie hätte liebend gern einen Abstecher in das Museum unternommen.
Sie fanden ein Schild, das zur Internationalen Boxsporthalle führte. Sie wußten, was Boxen war, doch der Rest der Inschrift blieb rätselhaft. »Sie scheinen Sport sehr ernst genommen zu haben«, sagte Chaka.
»In meinen Ohren klingt es wie das Fährgeschäft«, bemerkte Flojian.
Irgendwann näherte sich auch der Kanal wieder von Norden her. Sie legten am Ufer Rast ein und angelten ein wenig, doch ein hereinbrechendes Gewitter zwang sie, in einer alten Scheune Zuflucht zu suchen. Das Gebäude war jüngeren Datums, doch es stand kurz vor dem Einsturz. Chaka wachte im Eingang und starrte in den Regen hinaus, und plötzlich sah sie ein Ding über den Baumwipfeln schweben.
»Wo?« fragte Quait.
Sie deutete in die entsprechende Richtung. Es war rund und orangefarben, und an seiner Unterseite hing ein Korb.
»Es ist ein Ballon«, sagte Flojian. »Aber es muß ein verdammt großer sein.«
Der Ballon kam aus Südwesten und lief vor dem Sturm her. Er näherte sich rasch.
Im Korb saß jemand. Instinktiv winkte Chaka.
Die Person im Korb winkte zurück. Es war ein Mann.
Sie beobachteten, wie sich der Ballon näherte. Die Hülle trug das Bild eines Falken. Der Ballon kam schnell näher und war innerhalb weniger Minuten über ihnen. Blitze zuckten zwischen den Gewitterwolken. Der Mann im Korb des Ballons winkte erneut.
»Er wird sich umbringen«, sagte Flojian.
Der Wind trug ihn rasch davon, und nach kurzer Zeit war der Fremde im dunklen Himmel verschwunden.
Am nächsten Morgen führte die Straße aus dem Wald heraus und über gepflügtes Land. Kultivierte Felder bedeckten in großen Rechtecken das Land und wurden von Bewässerungskanälen durchzogen. Überall standen Bauernhöfe und Scheunen und Gatter.
»Zivilisation!« sagte Quait.
Es war ein gutes Gefühl.
Nach etwa einer Stunde trafen sie auf die ersten Einwohner. Vier von ihnen befanden sich vor einem Haus, vielleicht fünfzig Yards von der Straße entfernt, und unterhielten sich lebhaft. Zwei saßen auf ihren Pferden, die beiden anderen, ein alter Bauer und eine junge Frau, standen neben einem Holzstapel. Einer der beiden Reiter sah aus, als sei er viel zu schwer für das Tier, auf dem er saß. Er trug eine Lederweste und eine Pistole, und er stieß dem alten Bauern den Finger gegen die Brust, während er sprach.
»Das sieht nach Spannungen aus«, sagte Chaka.
Bevor Flojian oder Quait eine Antwort geben konnten, zog der Mann in der Lederweste seine Waffe und schoß. Die Pferde scheuten, der Bauer stolperte rückwärts und brach zusammen, und die Frau kreischte auf. Der Schütze stand im Begriff, ein zweites Mal zu schießen, doch die Frau fiel ihm in den Arm und versuchte, ihn aus dem Sattel zu zerren. Der zweite Reiter trabte lässig herbei und schlug sie mit dem Gewehrkolben nieder.
Ohne ein weiteres Wort gab Quait seinem Pferd Leichtfuß die Sporen und riß das Gewehr von der Schulter. Chaka stieß einen lästerlichen Fluch aus und preschte wütend hinterher. Flojian blieb allein mit den Packpferden zurück.
Die Frau wollte sich wieder aufrappeln, doch der zweite Reiter, ein langer, dünner Kerl mit roten Haaren, rutschte aus dem Sattel und trat ihr in die Rippen. Quait feuerte einen Warnschuß ab.
Der Mann in der Lederweste wirbelte herum und erwiderte das Feuer. Quait zügelte sein Pferd, zielte und schoß ihn mit einem einzigen Schuß aus dem Sattel. Der Rotschopf packte die Frau und riß sie zu sich hoch. Er setzte ihr seine Pistole an die
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