Die ewige Straße
schwarzen Ruinen einer Stadt. Sie durchfurteten den Fluß und schlugen ihr Lager auf.
Im Verlauf der Nacht wurden sie von einer Bande von Tuks angegriffen, in der eindeutigen Absicht, jeden zu töten. Flojian, der Wache gehalten hatte, schickte die Möchtegern-Räuber schlafen. (Einer der Angreifer stürzte in das Lagerfeuer und verbrannte sich schwer.) Doch während der kurzfristigen Aufregung erwachte Chaka aus dem Schlaf, benutzte ihren Keil und beharrte hinterher darauf, daß er nicht funktioniert habe. Die kleine Lampe, die früher stets in hellem Grün geleuchtet hatte, sobald sie den Keil betätigt hatte, glomm nur noch in düsterem Rot. Am nächsten Morgen, als die ersten Gefangenen wieder zu sich gekommen waren, versuchte sie es erneut. Nichts geschah.
Sie steckte die nutzlos gewordene Waffe ins Gepäck und bewaffnete sich mit einem der Reservekeile.
Der Mann mit den schweren Verbrennungen starb. Sie fesselten die anderen, beschlagnahmten zwei ihrer Pferde und überlegten, ob sie ihre Gewehre an sich nehmen sollten. Doch das Kaliber war schwerer als das der illyrischen Feuerwaffen, und so warfen sie alles in den Kanal und trieben die restlichen Pferde davon. Als sie schließlich aufbrachen, ließen sie den Gefangenen wieder ein stumpfes Messer zurück.
Shays Markierungen führten sie noch eine Zeitlang an dem Kanal entlang, dem eine gigantische doppelte Straße folgte. Als sich die Straße dem Kanal näherte, kletterten sie die Böschung hinauf und reisten auf der Straße weiter. Sie überquerten einen von Norden kommenden Fluß und wanderten weiter nach Osten. Irgendwann bog der Kanal nach Norden ab und verschwand in der Wildnis.
Die großen Straßen waren Erdbewegungen, Hut, Wetter und Zeit ausgeliefert. Flojian erinnerte sich an die Worte seines Vaters, daß sie eines Tages von der Wildnis überwuchert und schließlich völlig verschwunden sein würden, um nur noch in den Legenden weiterzuleben. Wenn man sie nicht mehr sehen kann, hatte Karik gesagt, wer soll dann noch glauben, daß sie je existiert haben?
Wo die Straße durch den Wald führte, war sie von einer dicken Schicht Mutterboden bedeckt, und an manchen Stellen fiel es bereits schwer, sie vom Waldboden zu unterscheiden. Aber noch spannte sie sich kühn über Schluchten und Flüsse, und ihr Fundament leuchtete hell in der Sonne. Und irgendwann führte sie in einer sanft geschwungenen Kurve einen Hang hinab und verschwand einfach in einem Berg. Sie tauchte nicht wieder auf.
In der Nähe gab es eine Quelle, und da es bereits spät war, nutzten die drei Gefährten die Gelegenheit, ihr Nachtlager aufzuschlagen. Chaka entdeckte ein paar Wachteln und machte sich daran, das Abendessen zu erjagen, während die anderen die Pferde absattelten und das Lagerfeuer errichteten.
Sie befanden sich in einem Mischwald aus Bergahorn, Birken, Pinien und anderen Bäumen. Überall blühten Büschel von Narzissen und Maiglöckchen. Andere wunderschöne weiße und violette Blumen blühten an den schattigsten Stellen, meist am Fuß von Bäumen. Chaka suchte nach einer guten Stelle, um sich auf die Lauer zu legen, als sie sich unvermittelt einem Truthahn gegenüber sah.
Der Vogel kreischte und versuchte zu fliehen, doch Chaka hatte das Gewehr bereits im Anschlag.
Sie eilte zu ihrer Beute, und vor ihr tat sich eine Bresche zwischen den Bäumen auf und gab den Blick auf eine Schale frei, ähnlich denen, die sie bereits beim Teufelsauge und bei der Maglev-Station gesehen hatte. Die Schale war vielleicht eine halbe Meile entfernt. Chaka blieb stehen und beobachtete, wie sie in der untergehenden Sonne die Farben wechselte.
Sie buken Brot und aßen Karotten und Beeren zu dem Truthahn. Anschließend spülten sie ihre Mahlzeit mit Jeryks Wein hinunter. Vielleicht war er ungewöhnlich gut, vielleicht war es auch einfach nur zu lange her, seit sie das letzte Mal Wein getrunken hatten, jedenfalls vergnügten sie sich ganz außerordentlich. Nachdem sie fertig waren und alles aufgeräumt hatten, schlug Quait vor, die Schale genauer in Augenschein zu nehmen. Flojian erklärte sich zögernd einverstanden, bei den Pferden zu warten. »Seid vorsichtig«, warnte er. »Ich will nicht allein hier draußen zurückbleiben.«
Die Sonne war gesunken, und der Wald lag dunkel und beunruhigend vor ihnen. Es roch nach Pinien und frischem Lehm und altem Holz. Hin und wieder erfaßte der Lichtschein ihrer Lampen glühende Augenpaare, die blinzelten und gleich wieder verschwunden waren.
Weitere Kostenlose Bücher