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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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Meer zu schaffen. Ein gewaltiges Unterfangen, das bis zu diesem Tag im Planungsstadium steckte.
    Das Zentrum aller Gelehrtheit innerhalb der Liga bildete zweifellos das Imperium, die einstige königliche Akademie Illyriens. Sie verdankte ihren Namen der Tatsache, daß sie im Westflügel des ehemaligen Palastes ansässig war. (Das einstige ›Imperium‹ hatte aus Illyrien, einem halben Dutzend verstreuter Siedlungen und einer ganzen Menge Optimismus bestanden.) Die Akademie war eine der wenigen Institutionen, die unversehrt die sieben Jahre der Revolution und des Bürgerkriegs zwischen der Ermordung des letzten Imperators, Benikat V. (der Blutige), und der Deklaration der Menschenrechte zusammen mit der Gründung der Republik überstanden hatten.
    Der Palast war restauriert worden, doch er diente nicht mehr als Regierungsgebäude. Der Senat hatte ein deutliches Zeichen seiner republikanischen Herkunft gesetzt: Die erste Amtshandlung hatte darin bestanden, aus den imperialen Gebäuden auszuziehen und vorübergehend in einer Kaserne zu tagen, bis ein neues Kapital erbaut worden war. Ein großer Teil des ehemaligen Palastes war zu einem Museum umfunktioniert worden.
    Die täglichen Besucherscharen konnten heute das Schlafzimmer besichtigen, in dem Benikat von seinen Leibwachen überrascht worden war, die Große Halle des Mondes, wo Hethra die Mächte des Himmels angerufen hatte, um Lorimar VII. einzuschüchtern und zu unterwerfen, und den Balkon, auf dem Paxton der Weitseher seine unvergeßlichen Balladen komponiert hatte. Im Westflügel jedoch dienten Gelehrte aus Wissenschaft, Literatur und Philosophie den Söhnen der Reichen und einigen wenigen Ausgewählten aus den niederen Klassen. Es war eine Position, die Ansehen sicherte und den Geist befriedigte. Silas beneidete niemanden. Er konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als lange Winternachmittage damit zu verbringen, über die Stellung des Menschen im Kosmos zu sinnieren oder die Realität der göttlichen Bestimmung – obwohl bei diesem Thema Vorsicht angebracht war: Die religiösen Führer und ihre scheinheiligen Verbündeten im Senat zeigten sich nicht eben geneigt gegenüber Meinungen, die dazu angetan waren, den Glauben zu untergraben.
    Silas hatte nie geheiratet.
    Heutzutage bedauerte er diesen Entschluß hin und wieder, sowie die Tatsache, daß er allein geblieben war. Allmählich machten ihm die Jahre zu schaffen, und die Kühle des Lebewohls für Karik hatte in ihm Niedergeschlagenheit aufkommen lassen. Den ganzen Weg nach Hause dachte er darüber nach, wie seine eigene Zeremonie aussehen mochte, wenn die Zeit gekommen sein würde.
     
    Der Palast thronte mitten auf dem Calaguahügel, der höchsten Erhebung Illyriens. Er bestand genaugenommen aus einem Gewirr miteinander verbundener Gebäude, um eine Reihe von Innenhöfen. Federwerke und hydraulische Systeme versorgten die Waschräume und Toiletten mit frischem Wasser und transportierten die Abfälle ab. Innenhöfe und viele Reihen großer Fenster sorgten für Helligkeit. Ein Netz von Korridoren und Treppen verband Wohnungen, Arbeitsräume, Freistätte, Waffenkammern und Bankettsäle. Die königlichen Gemächer wurden noch immer instand gehalten. Sie lagen auf der Südseite und blickten auf das geschäftige Handelszentrum.
    Zu Füßen des Calaguahügels erstreckten sich lange Reihen von Häusern, zwischen denen sich ungepflasterte Straßen hindurchwanden. Die Häuser waren größtenteils aus Holz oder Ziegeln gebaut und besaßen zumeist keine innenliegenden sanitären Einrichtungen, waren aber ansonsten gemütlich und gepflegt. Nach der Gründung der Liga, als die größte Sorge nicht mehr der Sicherheit gegolten hatte, waren die reicheren Bürger vor die Stadtmauern gezogen. Der frei gewordene Platz hatte sich in einen geschäftigen Basar verwandelt, in dem gehandelt und gefeilscht wurde und wo Mais, Weizen und Fleisch von den umliegenden Bauernhöfen, Töpferwaren und Handarbeit aus Argon, Wein von flußabwärts, Seifen und Düfte aus Masandik, Lederwaren aus Fernstraße und Feuerwaffen, Möbel und Schmuck von einheimischen Künstlern feilgeboten wurden.
    Trotz aller dunklen Erinnerungen verkörperte der Palast noch immer den Stolz der Nation, und er blieb ein Denkmal an die Erhabenheit des Imperiums (die zumindest in der Einbildung der Menschen existiert hatte). Granittürme mit glänzenden Spitzen, breite Galerien, hochgelegene Veranden, Kuppeln und Treppengewölbe, all das zusammen erweckte in einem

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