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Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm

Titel: Die Ewigen Jagdgruende der Frau Weinwurm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Fu
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vergesse, wo und was.«
    Mit triumphierender
Miene zog sie mehrere bunte Kekspackungen unter dem Sofa hervor. Es war zwar
keine Prinzenrolle darunter, aber das war Ivonne nun unwichtig, denn auf die
schiere Existenz von Nahrung kam es an.
    »Waf ift eigentlich
ein Schovi?«, fragte sie, den Mund voll aufgeweichter Schokolade, Waffeln und
Nussmasse.
    Liliane ließ sich mit
gekünsteltem Lachen auf das Sofa fallen und schlug die Beine übereinander. Das
Hummerrot kontrastierte flirrend mit ihrem rosa Ensemble, und Ivonne sah
gebannt auf das prächtige Farbenspiel, während ihr Kiefer malmte und ihre Zunge
nach Bröckchen zwischen den Zähnen haschte.
    »Du musst ja noch
einiges lernen, wenn du das nicht weißt! Wie willst du sonst mit den Männern fertigwerden?«
    Lilianes Blick
schweifte abgeklärt und müde über das kauende Kind, als blickte sie auf eine
fünfzigjährige Erfahrung mit dem anderen Geschlecht zurück und sollte nun ihrer
Enkelin berichten.
    Ivonne leerte ihre
Backen und presste den Teebecher zwischen ihre Hände.
    »Ich weiß nicht. Muss ich denn mit ihnen fertigwerden? Ich meine, ich mache mir nicht so viel
Gedanken um Männer... oder Jungs wie Hendrik oder Klaus-Dieter, ich weiß nicht,
was da richtig und falsch ist, außer bei…«  
    … Cowboys und
Daddy! Ivonne pustete in ihren Tee und schwieg. Das konnte sie Liliane
nicht sagen, vielleicht würde sie… lachen? Wie neulich in der Turnhalle? Oder
gar nicht wissen, wovon sie spräche? Womöglich noch nie von ihrem Daddy gehört haben?
    »Genau!«, stimmte
Liliane plötzlich energisch zu. »Du hast ja Recht! Man sollte das mit den
Kerlen so lange wie möglich rauszögern, sich gar keinen Kopf machen.«
    Ivonne
beobachtete Liliane, wie sie die achteckige Brille auf ihrem schmalen
Nasenrücken platzierte, und sie wollte einwenden, dass sie nicht sicher war, ob
es in ihrer Macht stand, dies zu entscheiden. Sie hatte den Verdacht, dass es
in den nächsten Jahren die Kerle sein würden, die es rauszögern oder gar nicht
dazu kommen lassen würden, selbst wenn sie beide, Liliane und sie, entschieden,
dass es nun Zeit wäre, sich mit männlichen Menschen zu befassen. Und dass war
ein Grund, bei den Cowboys zu bleiben, denn die waren anders, berechenbar,
ließen sie seit Jahren immer mitspielen, sie waren immer bereit, sie
aufzunehmen in ihre Mitte, solange sie sich nicht wie ein Weib verhielt und
eine Stampede auslöste!
    Das Wasser wurde
langsam kalt, und Ivone schob das Gummikrokodil, das immer mit ihr baden
durfte, zur Seite, um sich am bedrohlich knacksenden Handgriff festzuhalten und
aus den Fluten zu bugsieren. Öliges Wasser schwabbte über den Rand und das
Krokodil schaukelte fröhlich in der Brandung. Die hohen Spiegel waren hinter
einer dicken Dampfschicht verborgen, und Ivonne rubbelte hastig ihr gerötetes,
schrumpeliges Fleisch trocken.
    Terese hämmerte
energisch gegen die Tür.
    »Wie lange dauert das
noch? Mach bloß das Fenster auf, sonst zieht die Feuchtigkeit in alle Ritzen!«
    »Jaja.«
    Was für Ritzen? Ivonne
runzelte die Stirn und rubbelte kräftig weiter. Meinte sie Ivonnes Körper oder
die Holzverkleidung?
    »Waaas ist, Fräulein?
Hast du mir überhaupt zugehört«  
    »JAAAA!«
    Sie warf das Handtuch
beiseite und stieß das Fenster ungnädig einen Spalt breit auf. Eilig angelte
sie nach ihrem Frotteeschlafanzug, auf dessen Vorderseite eine breit grinsende
Heidi und der Almöhi über eine Alpenwiese wanderten, als ein Schwall kalter
Luft sie traf und durchschüttelte. In dem Moment sah Ivonne nach dem Spiegel,
der, von seiner Dampfschicht befreit, ihr ein prächtiges Ivonnebild zurückwarf,
ein Bild, dass sie gar nicht ansehen mochte, denn sie wollte nicht mehr über
das drohende Frankenstein-Monster nachdenken, und so versuchte sie sich
abzuwenden, aber statt dessen sah sie genauer hin, als hätte sie keine Kraft,
sich gegen die Schönheit ihres großen, weichen Körpers zu wehren, magisch
angezogen! Und da spürte sie Lilianes dünne Finger in ihrem Rücken, als hätte
sie sich heimlich durchs Dachfenster geschoben, Finger, die sie noch ein Stück
vorwärts schubsten, dann ihr Kinn anhoben und in die weiche Falte darunter
kniffen, autsch! Die Finger krabbelten weiter, hinab zu den Schultern, surrten
über ihren Bauch, zerrten, quetschten, packten fest zu, und Ivonne krümmte sich
und haschte nach den fremden Händen, die sie so verächtlich betasteten, ihren
herrlichen Körper anklagten, und sie sah im Spiegel, dass sie über

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