Die Ewigen
und dafür sorgen, dass die lästigen Fragen sich in Grenzen hielten. Jack hatte ich mangels besserer Ideen auf der Treppe der Eingangshalle abgesetzt, und als Peter und Pablo mit quietschenden Reifen vom Hof gefahren waren, hatte ich mich schwer und erschöpft neben ihm niedergelassen.
Statt einer roten Hölle mit sengendem Feuer würde ich in Zukunft wohl grauen Marmor im kalten Mondlicht als passende Umgebung für Qual und Leid ansehen: Wir konnten nichts tun, also warteten wir - stundenlang. Shane kam auf der Suche nach Josie die Treppe herunter und ich erzählte ihm in wenigen, spröden Worten, was geschehen war - kurz darauf saßen er, Lucia, Joseph, Ffion und Gerard um uns herum. Jacks blutgetränkte Klamotten trockneten, die roten Streifen an seinem Hals und im Gesicht färbten sich bräunlich. Er sollte duschen, dachte ich mir, aber ich machte keine Anstalten, ihn dazu zu bewegen: Das war jetzt nicht wichtig, nichts war mehr wichtig. Ich betrachtete Sharas geronnenes Blut unter meinen Fingernägeln, niemand sagte was, alle waren beschäftigt mit ihren eigenen Gedanken, dem 'was wäre wenn' - ja ... wenn Shara starb.
Gegen ein Uhr öffnete sich die Tür zum Krankenzimmer, Jack schnellte hoch wie eine Feder. Andreas kam heraus, und als er uns auf der Treppe versammelt hocken sah wie Kinder beim heimlichen Belauschen eines elterlichen Streits, rief er Ciaran leise hinaus. Der wischte sich die Hände an einem Tuch ab, sein weißes Hemd war dunkel von Sharas Blut, seine Augen müde und seine Haut noch blasser als sonst, doch seine Stimme klang beruhigend und mild, als er zu uns sprach.
"Sie lebt und sie wird überleben, so viel steht fest. Die Wunde schließt sich schon, das geht geradezu erstaunlich schnell. Sie war eben kurz bei Bewusstsein, hat auf ihren Namen reagiert und uns beide erkannt - das Gehirn ist also nicht geschädigt, das ist bei solch einem beträchtlichen Blutverlust immer das Wichtigste."
Ich atmete dankbar aus, doch von Jack neben mir kam kein Ton der Erleichterung. Ich folgte seinem starren Blick und landete bei Andreas' Händen: Sie funkelten, als hätte er sie in Gold gebadet, auch auf Ciarans Hemd entdeckte ich bei näherem Hinsehen einen schwachen, goldenen Schimmer.
"Du hast es getan."
Jacks Stimme klang ungläubig, auch hatte er keine Frage gestellt. Andreas drehte seine Hände im Licht der Lampen und nickte.
"Ja."
"Das durftest du nicht. Shara wollte das nicht."
Andreas schüttelte den Kopf. "Sie wäre sonst gestorben."
Jack machte einen Schritt in Andreas' Richtung, ich fasste meinen Freund hart am Arm, er schüttelte mich unwillig ab.
"Wäre sie nicht. Der zweite Stich hätte völlig genügt, damit sie überlebt. Die paar Schnörkel und das Gold - du glaubst doch nicht wirklich, dass das etwas bringt? Dass das ihr Leben gerettet hat?" Er lachte bitter auf. "Aber dann hast du ja, was du wolltest: Sie trägt das Schwingenkreuz, herzlichen Glückwunsch. Aber sei lieber nicht dabei, wenn sie es bemerkt - erfreut wird sie nicht sein."
Andreas öffnete den Mund, zweifelsohne, um Jack zurechtzuweisen, vielleicht sogar, um Jack des Hauses oder des Ordens zu verweisen, doch Ciaran hielt Andreas zurück.
"Nicht jetzt", sagte er leise und eindringlich, mit bittenden Blicken zu Andreas und Jack, "und vor allem nicht vor dieser Tür. Sie braucht Ruhe."
Andreas nickte kurz, nach einer sich ewig lang dehnenden Sekunde ließ Jack sich wieder auf die Treppenstufe sinken und vergrub den Kopf in den Händen.
"Was machen wir jetzt?", fragte Shane hinter mir, als wir alle ein bisschen unschlüssig auf ein Signal der beiden Oberen warteten.
Die tauschten einen Blick.
"Wer von euch wusste, dass Shara heute Abend im Pantheon sein würde?"
Ich hob die Hand auf Andreas' Frage, alle anderen taten es mir nach, wenn auch zögernd. Das war kein Geheimnis gewesen: Beim Essen gestern war ausführlich über Sharas weitere Besichtigungspläne in Rom gesprochen worden, wir alle hatten uns mit sinnvollen bis sinnfreien Vorschlägen beteiligt.
"Wer fehlt?", fragte Andreas nach einem schnellen Blick in die Runde.
"Maggie und Sven", sagte Ffion. "Maggie ist gestern am Nachmittag zurück nach Berlin gefahren, Sven begleitet sie und wollte dann weiter - nach Kopenhagen, glaube ich."
"Peter und Pablo", ergänzte ich, "die kümmern sich um den Priester."
Andreas nickte. "Es war Drake, und er hatte unseren Dolch. DEN Dolch", sagte er schließlich langsam, und seine Augen schossen auf der Suche nach
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