Die Ewigen

der Schwertlöser."
    Wir schwiegen fast fünf Minuten, in denen ich mich mindestens zehnmal mit aller Kraft bremsen musste, um nicht nachzugeben. Schließlich klickte der Sicherheitsgurt auf und Sharas Honighaare berührten meine Schulter.
    "Laufen, kein Joggen. Kein Krafttraining, aber ich mache Yoga oder Gymnastik. Okay?"
    Ich streckte die Hand nach hinten, sie schlug ein und schnallte sich wieder an. Wir waren nun auf der Autobahn, langsam blieb die Stadt hinter uns zurück: Noch ein paar Industriegebiete und hässliche Hochhäuser, dann wurde es endlich ländlicher. Ich betrachtete mit Wohlwollen Wiesen, Wälder und Felder - nach Wochen in der Stadt war ich für jedes Stück Grün dankbar, die Burg würde eine wahre Offenbarung sein.
    Shara streifte sich die Schuhe ab und ich erhaschte einen Blick auf hübsche Füße und rosa lackierte Nägel, als ich mich umdrehte.
    "Leg dich doch hin", schlug ich vor, sie schüttelte den Kopf.
    "Nein, dann wird mir schlecht. Ich hasse es, hinten zu sitzen."
    Sie zog ihre Tasche auf den Sitz und kramte darin herum, dann schnappte sie plötzlich nach Luft. "Scheiße!"
    Jack riss den Fuß vom Gas. "Was ist los?"
    Sie wedelte mit der Hand, bedeutete Jack, er solle weiter fahren, kramte dann ihr Handy aus der Tasche.
    "Ich muss dringend im Verlag anrufen! Ich sollte noch einen neuen Termin ausmachen, weil ich den einen ja ... gestern war doch Donnerstag, oder? Ich hab das total vergessen!"
    Kein Wunder, dachte ich, du warst mit dem blutigen Loch in deiner Brust ja ganz gut anderweitig beschäftigt, besänftigte die Prinzessin dann aber doch lieber mit anderen Worten.
    "Schieß den Job in den Wind", riet ich ihr, "du hast genug Geld, um die Bücher für dich schreiben zu lassen." Ich erntete einen bösen Blick. "Was? Stimmt doch!"
    "Ich wiederhole mich nur ungern, Magnus, aber ich nehme euer Geld nicht."
    Ich zuckte mit den Schultern, Shara tippte auf ihrem Handy herum. Das folgende Gespräch war kurz: Scheinbar war der zuständige Lektor nicht zu sprechen, hatte seiner Assistentin aber hinterlassen, angesichts dieser Terminprobleme sei eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung schwierig. Shara zischte ein paar sehr scharfe Sätze ins Mikro, von denen mir der letzte am besten gefiel. "Sagen Sie ihm, dass es mir sehr leidtut, dass er das Lesen nie gelernt hat - es hätte ihm seinen Beruf nämlich sehr erleichtert und vor allem für seine Autoren die Zusammenarbeit beinahe erträglich gemacht."
    Sie klappte das Handy zu und feuerte es in den Fußraum des Wagens. "Arschloch - arrogantes, stinkendes Arschloch!"
    "Siehst du?", fragte ich nach hinten, "wir zahlen nicht nur besser, wir riechen auch gut."
    Sie lachte, und die folgende halbe Stunde unterhielt ich sie damit, dass ich die guten Eigenschaften meiner Brüder und Schwestern ins Unermessliche übertrieb - selbst die von denen, die ich gar nicht so mochte.
    "Sag mal", unterbrach sie meinen Vortrag über Ciarans gottgleiche Kochkünste, "wo waren eigentlich die anderen gestern und heute? Joseph, Ffion, Lucia, Gerard, Peter und so weiter - ich hab keinen mehr gesehen."
    Ich blickte erwartungsvoll zu Jack, der entspannt hinter Andreas herfuhr, das linke Bein angewinkelt, eine Hand locker am Lenkrad, ein Auge im Rückspiegel - oder doch eher ein Auge auf der Prinzessin?
    "Unterschiedlich", antwortete er bereitwillig, "aber keiner mehr im Haus. Maggie ist schon nach dem Treffen am Dienstag nach Berlin zurück gefahren, sie studiert dort. Sven ist mitgefahren und wollte von da aus weiter. Gerard, Joseph, Lucia, Pablo und Ffion haben in deinem Hotel übernachtet, Peter war in München."
    "Warum haben sie im Hotel geschlafen? Andreas hat sie doch nicht etwa wegen mir weggeschickt, oder?"
    Sie rutschte wieder mit gelöstem Gurt nach vorn, Jacks warnender Blick brachte nichts. Er ging vom Gas, was Shara auch nicht beeindruckte: Sie wartete auf eine Antwort, mit drängendem Blick ihrer großen, grauen Augen.
    "Doch, natürlich."
    Sie sah mich an. "Sie wurden wirklich aus dem Haus geworfen? Gott, sie werden total sauer auf mich sein."
    Jack wurde noch langsamer, vor uns leuchteten Andreas Bremslichter auf: Er würde uns gleich anfunken und fragen, was los sei.
    "Nein, so denken wir nicht", sagte Jack, während uns vorwurfsvoll trötend der wahrscheinlich letzte psychedelisch bemalte Bulli Europas mit Surfbrettern auf dem Dach überholte. "Es besteht eine sehr große Wahrscheinlichkeit, dass jemand aus dem Orden Drake geholfen hat, und deshalb