Die Ewigen
sollte der Kreis so klein wie möglich sein, der ... nah an dich herankommt."
Er warf ihr einen Blick über den Rückspiegel zu, der mich beinahe zu der Frage verleitete, was er denn bitte unter 'nah' verstand, doch ich verkniff es mir. Shara lehnte sich zurück und legte den Gurt an, Jack beschleunigte, wir holten wieder auf. Die klare Stirn der Prinzessin blieb jedoch gerunzelt, und ich reichte ihr ein paar Schokoriegel nach hinten, damit sie ihren Grübeleien etwas Nervennahrung geben konnte.
Shara Als wir uns Bozen näherten, kannte ich mich einigermaßen aus: Über diese Strecke fuhr man in entgegengesetzter Richtung von München aus in zwei Stunden zum Wandern nach Südtirol oder noch weiter, zum Surfen oder Segeln an den Gardasee.
Wir verließen vor Bozen die Autobahn, in einem weiten Tal voller Obstplantagen, die sich links und rechts der Straße so weit in Richtung Berge erstreckten, bis die schroffen und steil aufragenden Felsen dieser frühen Alpenausläufer den landwirtschaftlichen Anbau unmöglich machten. Hier waren die Gipfel noch nicht karg und kahl, die Berge noch nicht alpin. Es war Mai, die Blüte der Obstbäume schon vorbei, aber ihre Blätter leuchteten noch ein einem hellen, saftigen Grün, das mich an Jacksons Augen im Sonnenlicht erinnerte.
"Wir sind bald da", tröstete mich Magnus, als ich zum zweiten Mal in zwei Minuten mein Gewicht auf der viel zu weichen Rückbank verlagerte.
"Äpfel?", fragte ich mit Blick auf die schnurgeraden Baumreihen, Jackson nickte.
"Äpfel und Birnen, ein wenig Wein."
Er fuhr von der Bundesstraße ab und folgte Andreas aus der weiten Ebene zwischen den Hängen in ein etwas schmaleres Seitental, flankiert von zwei eckigen Wachtürmen mit schmalen Schießscharten.
"Die markieren den Eingang zu unserem Tal", sagte Magnus und machte mich auf die Wappen mit dem mir mittlerweile nur zu gut bekannten Schwingenkreuz aufmerksam, die die ausgezeichnet erhaltenen und sicherlich drei Stockwerke hohen Türme schmückten.
Auch in diesem Tal gab es unten Obst und oben schroffe Felsen - überall dort mit dichtem Buschwerk bewachsen, wo eine Wurzel genug Fläche und Erde zum Festhalten gefunden hatte. Die Felsen waren grau, sie stürzten unterhalb großer, mit dichtem Buschwerk bewachsener Plateaus senkrecht hinab. Links glitzerte sich ein schmaler Wasserfall aus großer Höhe einen Abgrund herunter und verschwand in einer dunstigen Regenbogengischt zwischen riesigen Felstrümmern, ein kleiner, sehr malerischer und äußerst gepflegter Ort hockte verschlafen in der Mitte des Tales in der warmen, gelben Nachmittagssonne: Ich sah zwei oder drei Läden, Tankstelle, ein Restaurant, Postamt und Schule. Die Straße führte durch die engen Gassen und über einen hübschen Marktplatz mit Café gleich wieder aus dem Städtchen hinaus, dann lag der Rest des Tales vor uns und ich sah sie - die Burg meiner Kreuzritter.
"Unsere Burg", sagte Magnus mit hörbarem Stolz, als er meine gespannte Aufmerksamkeit bemerkte, und den musste ihm neidlos zugestehen.
Ich schnallte mich erneut los und beugte mich zwischen den Sitzen hindurch, um durch die Windschutzscheibe sehen zu können. Auf den ersten Blick war es vor allem die Lage der Burg, die mir den Atem raubte: Sie hockte auf einem einzelnen, gigantischen Felsen, der trotzig am Ende des Tales aufragte. Der Fels schien keine Verbindung mit den flacheren, langsam ansteigenden Hängen zu seiner Linken und Rechten zu haben, seine Seiten brachten unterhalb der Burgmauer einfach senkrecht ab. Er war aus grauem, glattem Stein, kein Busch, kein Baum hatten hier Fuß fassen können. Ich sah keine Straße, keinen Weg, der auf den Felsen geführt hätte - so definiert man also uneinnehmbar, dachte ich in Erinnerung an Ciarans Worte vom Sonntag.
Die Burgmauer schien direkt aus dem Fels zu wachsen, sie bestand aus dem gleichen grauen Gestein: dicke Quader, die ohne sichtbare Lücken aufeinander lagen. Keine Schießscharten, keine Fenster oder Türme unterbrachen die glatte, von dicken Zinnen bewehrte Mauer, während sie der unregelmäßigen Linie des Felsens folgte. Mindestens vier Meter hoch, schätzte ich, wenn nicht noch mehr. Es gab auch kein Tor auf dieser Seite - wozu auch, es hätte in den Abgrund geführt. Ein Gebäude konnte ich von hier unten nicht ausmachen, nur Fels und Mauer: Letztere war einfach zu enorm, um von unserer demütigen Position tief unten im Tal einen Blick in die Anlage zu erlauben.
"Das ganze bewirtschaftete Land hier
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