Die Ewigen
erneut von Jackson zurück auf den Stuhl drücken. Wider besseren Wissens schaute ich nur eine Minute später mit milde protestierendem Magen zu, wie Ciaran konzentriert und fast sanft ein kleines Skalpell über die Haut an Jacksons rechten Unterarm zog: ein feiner Schnitt, aus dem nach kurzer Zeit winzige Blutstropfen heraustraten.
"Nimm seine Hand", bat Ciaran, ich umschloss bereitwillig Jacksons Rechte mit beiden Händen.
Er stand immer noch vor mir, ich saß im Stuhl und hielt seine Hand, Ciaran stand mit veilchenblauen Argusaugen neben uns - die Situation wurde zunehmend absurder: Käme jetzt jemand herein, sähe es wahrscheinlich aus, als würde ich einem halbnackten Jackson unter Anleitung von Ciaran einen Heiratsantrag machen. Händchenhaltend sahen wir zu, wie zuerst die Blutung stoppte und sich der Schnitt dann einfach zuzog, als habe jemand bei einem Video auf Zurückspulen geklickt: Es war gespenstisch.
Der arme Jackson musste sich an diesem Abend noch drei Mal von Ciaran schneiden lassen. Meine Finger hörten nicht mehr auf zu kribbeln, als ich zuerst durch Halten der rechten Hand eine Schnittwunde am linken Arm heilte (was ein wenig länger dauerte), dann wurden beide Experimente noch einmal für Andreas wiederholt, den Ciaran dazu geholt hatte. Als wir schweigend zugesehen hatten, wie der letzte Schnitt verschwand, stand ich auf und massierte meine Hand: Mein Magen meldete erneut leichte Übelkeit, und für einen Abend hatte ich nun wirklich genug Blut und Fleisch gesehen.
"Alles Weitere morgen, mir reicht's."
Jackson schien das ähnlich zu sehen, nahm sein Hemd vom Stuhl, rieb sich den geschundenen Unterarm, hielt mir höflich die Tür auf und wünschte dabei den beiden Ordensmeistern eine gute Nacht, die sie sicherlich nicht haben würden: Andreas und Ciaran blieben allein zurück - sollten sie doch die Nacht durchdiskutieren, ich konnte und wollte einfach nicht mehr.
"Tut mir Leid, dass du das Versuchskaninchen spielen musstest", sagte ich zu Jackson, als wir langsam die langen Treppen zu den Schlafzimmern hinauf stiegen, und er sein Jackett wieder überzog.
"Muss es nicht, das war ja meine eigene Idee - im Nachhinein gesehen allerdings keine sehr gute. Hast du Schmerzen in der Hand?"
Ich bemerkte, dass ich immer noch daran herum massierte, und steckte sie nun tief in die Tasche meiner Jeans.
"Sie kribbelt und juckt, als wäre sie eingeschlafen. Weh tun mir nur meine Beine, Magnus hat mich heute die doppelte Runde laufen lassen."
Jackson lachte, dann sah er mich nachdenklich an.
"Glaubst du ..."
"Was?"
"Nun - wenn du jemand anderen heilen kannst, dann kannst du vielleicht auch umgekehrt von einem Gesunden Kraft für dich abziehen, dich also selber heilen. Letzte Woche in der Bibliothek, als du dich so kribbelig angefühlt hast, warst du auch noch nicht ganz gesund, gestern im Schwimmbad war es ebenfalls da ... und nachdem meine Schnitte eben verheilt waren, habe ich dieses Kribbeln auch wieder gespürt. Vielleicht kribbelt es bei dir, wenn du Kraft abgibst und bei mir, wenn du Kraft abziehst?"
"Ich kann doch niemanden heilen, ich hab nur ein paar Kratzer weggezaubert", wiegelte ich völlig unwitzig ab, doch Jackson blieb hartnäckig.
"Wir können es ja ausprobieren. Wir setzen uns eine halbe Stunde auf deinen Balkon, trinken etwas und du darfst dir von mir so viel Energie abzapfen, bis dein Muskelkater weg ist und du Magnus morgen in Grund und Boden laufen kannst."
Ich musste grinsen: Das war wirklich eine verlockende Vorstellung - und die Aussicht auf Magnus verdattertes Gesicht war fast ebenso verführerisch wie die, noch ein bisschen Zeit mit Jackson zu verbringen. Und so saß ich dann noch länger als eine Stunde sehr glücklich Hand in Hand mit dem dunkelgelockten Kreuzritter in meinem Adlerhorst und spürte, wie zuerst meine Hand ganz warm und schließlich der Schmerz in Oberschenkeln und Waden angenehm dumpf wurde. Wie lange es dauerte, einen Gleichstand zwischen meinem Muskelkater und Jacksons durchoptimierter Verfassung herzustellen, konnte ich nicht genau sagen, auch wenn das Ciaran sicherlich brennend interessiert hätte: Als wir gegen halb zwei vor dem frischen Nachtwind flüchteten und uns (ganz brav!) nebeneinander auf dem Sofa im Wohnzimmer ausstreckten, waren meine Beine noch müde, aber durchaus benutzbar, Jackson fühlte sich dagegen ein wenig schlapp. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hielt er meine Hand immer noch fest - und ich würde lügen, wenn ich nicht
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