Die Ewigen
machen?"
Ich schüttelte den Kopf. "Shara, bitte - du weißt selber, dass du mich jederzeit an die Wand reden kannst, deswegen strecke ich gleich die Waffen. Ich bitte dich untertänigst um Entschuldigung und leiste Abbitte, wie du sie angemessen findest."
Sie schwieg, sah auf den Boden. Am Hang uns gegenüber tuckerte ein kleiner Traktor im Schneckentempo vor sich hin, seine Abgase standen in der stillen Luft wie Atemwolken an einem klirrend kalten Wintertag. Wie es aussah, kam ich auch nicht schneller voran, denn Shara ging mit keinem Wort auf meine Entschuldigung ein und ihre Stimme blieb kalt.
"Ich habe nicht mit Jackson geschlafen, er hat nur bei mir übernachtet - auf dem Sofa. Aber das hast du ja schon selbst raus gefunden, oder war mein Mülleimer nicht aussagekräftig genug?"
Ach du meine Güte - und ich dachte, sie hätte nur meinen Blick ins Schlafzimmer gesehen.
"Aber eines stimmt schon", fuhr sie zögernd fort, "ich hab Jackson wirklich gern. Sehr ... gern."
"Er liebt dich, weißt du", erwiderte ich - froh, dass ihr Tonfall von spöttisch auf sanft geschwenkt war.
"Hat er das gesagt?" Sie klang zweifelnd.
"Ja. Außerdem merkt man das doch."
Scheinbar war ich für Shara als Liebesbote nicht die erste Wahl, denn ihr Gesichtsausdruck blieb skeptisch.
"Du kannst auch Shane oder Josie fragen, die werden dir dasselbe sagen."
Shara schwieg und beobachtete nun auch den Traktor, der asthmatisch keuchend tapfer Meter für Meter Boden gut machte, dann wanderten ihre glänzenden Silber-Augen zu mir. Ich senkte den Blick, suchte erfolglos nach weiteren Beweisen, die der Prinzessin Jacks Verehrung verdeutlichen konnten, und klaubte aus purer Verlegenheit einen verbogenen Kronenkorken vom Boden auf.
"Gibt es außer Josie und Shane eigentlich noch andere Pärchen im Orden?"
Ah, eine ganz normale Frage, und auch noch problemlos zu beantworten. "Nein. Ffion war mal mit Sven zusammen, aber das hat nicht lange gehalten."
"Und alle anderen sind ... solo?"
Ach Gott, dieser Ausdruck war echt übel - genau so schlimm wie 'Single sein'. Ich war jetzt seit ... mehr als sechzig Jahren mehr oder weniger 'Single', aber damit ganz bestimmt nicht Rekordhalter in unserer erlesenen Gemeinschaft: Ewigkeit macht einsam, keine Frage.
"Die Aktiven ja, bis auf Josie und Shane natürlich. Meist verliebt man sich ja doch in jemanden außerhalb des Ordens - die Auswahl drinnen ist nicht so groß. Und die meisten nehmen sich dann eine Auszeit und verbringen ein paar Jahre ganz normal irgendwo, bis ... bis der Partner stirbt oder das Ganze auseinandergeht. Bei Azmera ist das gerade so, sie hat einen Freund in Kapstadt, seit ... gut frei Jahren."
"Hast du das auch schon mal gemacht?"
Seelen-Striptease, nicht meine Stärke. Aber hier war Ehrlichkeit gefragt, also nickte ich.
"Ja - ich war acht Jahre bei ihr. Das war während unserer Zeit in den USA, im letzten großen Krieg."
Shara zog die Ärmel ihres Pullovers über die Hände.
"Ist dir kalt? Wir sollten weiter." Und wenn nicht, dann lass uns bitte über was anderes sprechen als über dein und mein Liebesleben, fügte ich in Gedanken hinzu, doch Shara machte keine Anstalten aufzustehen.
"Weißt du ... gestern ist was Komisches passiert. Wir waren am Abend bei einem Jungen namens Davide, auf dem Hof da hinten." Sie deutete auf die linke Seite des Tales. "Dabei haben wir festgestellt, dass ich ... durch Berührung Verletzungen heilen und von anderen, von Gesunden ... Kraft abziehen und mich dadurch selbst heilen kann."
Ich wartete auf mehr, während ich versuchte, das zu verarbeiten, aber Shara schwieg, konnte das wohl nicht besser erklären. Oder wollte sie nicht? Ich griff auf ihr eigenes, bewährtes Mittel zurück um zu bekommen, was ich wollte: Fragen.
"Du kannst Verletzungen heilen?"
"Ja. Kleine. Kratzer, Schnitte, blaue Flecken."
Mein Blick fiel auf den Kronenkorken in meiner Hand. "Zeigst du es mir?"
Sie nickte, ich schrappte mit dem Metall über meinen Unterarm, bis ich einem halbwegs ordentlichen, tiefen Kratzer zustande gebracht hatte, und Shara griff nach meiner Hand - kühl, aber angenehm kühl. Eine Minute lang passierte gar nichts, doch dann sah ich es: Die gerötete, aufgerissene Haut wurde hell und zog sich zusammen, die winzigen Blutstropfen trockneten zu Schorf und lagen dann locker auf der wieder unversehrten Haut. Nach etwa zwei Minuten war nichts mehr zu sehen, Sharas Berührung verschwand und ich wischte den Schorf weg: Wahnsinn!
Shara beugte sich
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