Die Ewigen
der Erste war, der neben dem Schwert ausharrte, der an das Schwert glaubte. Die Ritter hörten den Alten an, zwei, drei Tage lang. Sie diskutierten in der Nacht über das, was sie am Tag gehört hatten, und als das Wetter besser wurde und die Schiffe erneut gen Orient in See stachen, ließen sie sie fahren. Im Heiligen Land mochten Ruhm und Land warten, vielleicht aber auch der Tod: Hier dagegen lockte ein ewiges, zumindest aber sehr, sehr langes Leben - so gründeten sie den 'Orden des Heiligen Schwertes' und übernahmen von diesem Tag an die Bewachung der Waffe, die ihnen wie das Schwert des Erzengels Michael als leuchtendes Zeichen einer besseren Welt erschien." Andreas machte eine Pause, sein schwarzer Blick stach direkt in meine Augen. "Wir sind Mitglieder des Ordens des Heiligen Schwertes. Unser Orden hat seit mehr als achthundert Jahren auf diesen Tag gehofft, wir haben seit mehr als achthundert Jahren auf Sie gewartet. Das Schwert hat sich Ihnen heute ergeben, eine neue Zeit wird beginnen."
Er schwieg, sein Gesicht war erwartungsvoll - und ich schockiert, als einzelne seiner Aussagen noch einmal in meinem Kopf aufleuchteten wie Lichter in der Nacht. Das Schwert hatte sich mir 'ergeben'? Sie hatten achthundert Jahre gewartet - auf mich? Sie lebten zweihundert Jahre - oder sogar 'ewig'?
Ich trank einen Schluck Wasser, um Zeit zu gewinnen, denn natürlich erhoffte Andreas sich irgendeine Reaktion von mir - ich schwankte zwischen lauthals Lachen und verächtlichem Prusten. Beides würde indes meinem Vorsatz widersprechen, hier höflich und zurückhaltend zu bleiben, egal wie absurd die Geschichte auch werden mochte, also schluckte ich beides herunter.
Okay, wenn ich nicht spontan herausplatzen durfte, was durfte ich dann? Fragen stellen, das war doch sicher angemessen, keinesfalls zu frech.
"Das Schwert hat sich vor dem heutigen Tage noch nie aus diesem Stein heraus bewegt?"
"Nein, niemals."
"Woher wollen Sie das wissen, wenn niemand das aufgeschrieben oder sich gemeldet hat? Tausend Jahre sind eine lange Zeit, in der das Schwert ja auch nicht ununterbrochen bewacht wurde."
Ciaran antwortete mir, ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. "Wer würde sich nicht melden, wo doch Weltherrschaft und Reichtum als Lohn auf ihn warten?"
"Ich", sagte ich spontan, er lachte auf.
"Vielleicht sind Sie gerade deshalb dazu bestimmt, Herrin dieses Schwertes zu werden."
Ganz sicher nicht, dachte ich, ganz sicher nicht. Fiel mir noch eine sinnvolle Frage ein - möglichst eine, die das peinliche Thema 'Erlöser' umging?
"Der alte Mönch ist dann gestorben?"
Andreas übernahm wieder. "Ja, ist er - etwa zwanzig Jahre später, in einem Kloster in der Toskana, seine Gebeine liegen in der Schwertkirche begraben. Er hat den Rittern allerdings mit den erwähnten Handschriften genaue Anweisungen hinterlassen, mit denen auch sie ihr Leben verlängern und so eine durchgehende Bewachung des Schwertes sicherstellen konnten."
"Und das hat funktioniert?"
"Kann man so sagen, ja."
Für süffisante Antworten mit einem Lächeln in der Stimme war wohl Ciaran zuständig, also wandte ich mich mit meiner nächsten Frage gleich an ihn, da sie definitiv provokant war, wenn auch ebenso kurz wie simpel.
"Wie alt sind Sie?"
Er lachte. "Sie kommen gleich zum Kern der Sache, oder? Nun, ich bin weitaus älter, als ich aussehe - vielleicht belassen wir es erstmal dabei. Wollen Sie nicht wissen, ob nun tatsächlich Weltherrschaft und Reichtum auf Sie warten?"
"Wenn Sie mir verraten, wie man ein Menschenleben um Jahrhunderte verlängern kann, hätte ich Weltherrschaft und Reichtum", gab ich zurück, was mir ein anerkennendes Nicken einbrachte.
"Völlig richtig, aber dann wäre das Schwert ja überflüssig, nicht wahr? Nein, das verlängerte Leben ist hier nur Mittel zum Zweck, nicht die Lösung selbst."
Ich dachte darüber nach, denn irgendwie brachte ich das alles noch nicht zusammen. "Aber das Schwert muss mit dem verlängerten Leben nicht zwangsläufig etwas zu tun haben, oder habe ich da was übersehen? Es gibt angeblich eine Methode, das Leben zu verlängern - und es gibt ein Schwert im Stein. Wo ist die Verbindung?"
"Die Verbindung liegt darin", sagte Andreas, "dass das Leben dadurch verlängert werden kann, dass der ausgewählte Körper mit einem bestimmten Dolch in Berührung kommt. Und dieser Dolch ist von gleicher Machart wie das Schwert: Die beiden sind ein Paar, aus den Händen eines Schmieds. Der Orden hat den Dolch zusammen
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