Die Ewigen
schärfer als gewollt, da dieses lobende Würdigen meiner Leistung mich nervte.
Andreas beeilte sich mit seiner Antwort. "Nein, haben wir nicht. Wir sind ein Ritterorden, gewiss mit christlicher Prägung, aber kein religiöser Orden. Es gibt Ordensregeln, die weitestgehend christlich-abendländisch geprägt sind, aber keine Verpflichtung zur Armut, zur Keuschheit oder Ähnliches, was Sie von Mönchsorden kennen dürften. Die meisten unserer Mitglieder waren seit Jahren nur dann in einer Kirche, wenn sie Dienst beim Schwert hatten, einer unserer Brüder ist vor ein paar Jahren zum Buddhismus konvertiert, einer ist von Geburt an jüdischen Glaubens. Die religiöse Ausrichtung spielt keine Rolle, solange unsere Mitglieder die Ordensregeln akzeptieren."
"Es gibt natürlich Beziehungen zum Vatikan" ergänzte Ciaran. "Wir sind seit Jahrhunderten hier in Rom, der Petersdom ist nur ein paar hundert Meter entfernt, die Wege des Ordens und der Kirche haben sich schon des Öfteren gekreuzt, wenn Sie mir dieses kleine Wortspiel erlauben - allerdings eher auf geschäftlicher Basis denn auf geistlicher: Es gab Immobiliengeschäfte, Kopien einiger für den Orden sehr wichtiger Dokumente lagern seit Jahrhunderten in einem nur uns zugänglichen Tresor in den vatikanischen Archiven, weil dies einer der sichersten Orte der Welt ist. Wir haben schon diverse Kunstgegenstände, Antiquitäten, Bücher und anderes an den Vatikan verkauft oder vom Vatikan für uns angekauft. Schwert und Stein sind mehrfach von Abgesandten der Kirche untersucht worden, in allen Jahrhunderten und mit Methoden, die von Hokuspokus bis ernsthaft wissenschaftlich reichen. Und: Bislang hat noch jeder Bischof sein Glück am Schwert versucht - und damit auch jeder Papst, zumindest die, die nach dem 12. Jahrhundert amtiert haben. Dass alle Versuche erfolglos geblieben sind, muss ich Ihnen nicht sagen." Er lächelte - ein bisschen frech, als freue ihn dieses Versagen. "Ausgewählte Personen im Vatikan wissen von unserer Existenz und dem, was wir sind und was wir tun - wir heißen dort die 'Ewigen', geprägt hat diesen Namen Papst Innozenz III. Wir sind also gewissermaßen bekannt und geduldet, können im Vatikan ein und aus gehen, wenn wir uns als Ordensmitglieder ausweisen. Ob es gefährlich ist, wenn Außenstehende von uns wissen, werden Sie sicherlich fragen wollen ...? Nun, wer ewig lebt, erinnert sich auch ewig - der Vatikan ist ebenso auf unsere Diskretion angewiesen, wie wir auf die seine."
Ich nickte. "Okay. Allerdings klangen Ihre Worte über die Kräfte, die Sie sich von mir erwarten, irgendwie ... nach Jesus, daher meine Frage."
Ciaran lachte leise. "Das mag sein - aber wie gesagt: Wir haben keine näheren Hinweise, um welche Kräfte es sich handelt."
"Sie haben auch keine Beweise für alles andere, das Sie da erzählen", sagte ich scharf, da mich seine Unbekümmertheit ein wenig nervte: Die beiden wollten nichts Geringeres von mir, als dass ich mich ihrem Orden verschrieb, dass ich mein bisheriges Leben wegwarf, für eine ungewisse Zukunft inmitten von mir unbekannten Menschen - da konnte ich ja wohl ein wenig Ernsthaftigkeit erwarten.
Die beiden Ordensmeister tauschten einen längeren Blick, der mir ein wenig tieferen Einblick in die beiden Charaktere gab, die mir da gegenübersaßen. Ciaran schien seinen Spaß an Wortgefechten zu haben - meine Erwiderungen ließen seine Augen blitzen, auch mein Einwand gerade hatte seine Miene kaum getrübt. Andreas ist es dagegen wohl eher nicht gewohnt, dass man ihm Kontra gibt, dachte ich angesichts seiner nun äußerst starren Augen und zusammengepressten Lippen - aber vielleicht war ja heute auch für andere (und auch für 'Ewige'!) ein guter Tag, um neue Erfahrungen zu machen?
"Wie lange soll ich denn nach Ihren Vorstellungen für weitere Erklärungen zu Schwert und Orden hier bleiben? Bis zum Abendessen? Bis zum nächsten Heiligen Krieg? Bis in alle Ewigkeit?"
Andreas antwortete mir, nachdem er angesichts dieser erneuten Stichelei meinerseits kurz zusammengezuckt war.
"Für den Anfang wären ein paar Tage schön", sagte er, "wenn Sie die erübrigen können. Haben Sie anderweitige, dringende Verpflichtungen?"
Ich antwortete nicht, denn dazu war ich alles andere als bereit oder in der Lage: Es ging doch eigentlich gar nicht darum, ob ich theoretisch Zeit hatte, sondern darum, ob ich wollte oder nicht - Ersteres war vergleichsweise einfach zu beantworten, Letzteres dagegen ganz und gar nicht.
"Wie hält man
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