Die Ewigen
hingehen und die Nachbarn sonst reden. Okay, wo machen wir weiter? Ah ja: Ich habe noch zwei oder drei Sachen zu ihrer Schulzeit. Sie war ein paar Mal mit einer Jugendgruppe in den Sommerferien weg - in Deutschland, Holland und Frankreich. Das erste Mal mit dreizehn, gleich für drei Wochen. Es gibt ein paar Fotos von diesen Reisen, aber die meisten hat sie selbst gemacht und ist nicht drauf abgebildet. Hier sind Bilder aus Frankreich und von der Ostsee, da war sie fünfzehn beziehungsweise sechzehn."
Shara im Regen mit Windjacke in einer Dünenlandschaft auf das Meer schauend und Shara bei Sonne mit Shorts im Strandkorb, ebenfalls auf das Meer schauend. Die Fotos waren aus einiger Entfernung aufgenommen worden, was wohl auch Josie aufgefallen war.
"Es gibt aus der späteren Zeit aus der Schule ähnliche Fotos", sagte sie und schob diese über den Bildschirm. "Sie zeigen Shara alleine und aus der Entfernung fotografiert - hier auf einem Schulausflug oder hier bei einer Feier. Ich vermute, dass sie diese Fotos von anderen bekommen hat, ihre eigenen haben ein anderes Papier und sind immer glänzend entwickelt, diese hingegen sind alle matt."
Kein Wunder, dachte ich, die hätte ich auch fotografiert: Gegen Ende ihrer Schulzeit war unser Blondie eine absolut auffällige Erscheinung, die mit ihren hellen Haaren und ihrer Aufsehen erregenden Körpergröße aus den durchweg kleineren und sehr oft auch unscheinbareren Mitschülerinnen herausragte - wahrscheinlich hatten ein paar Jungs sie heimlich geknipst und ihr die Fotos dann mit feuchten Fingern überreicht, als devote Gaben an die Größte aller Blonden.
"Die Feier eben war übrigens die Abschlussparty zum Abitur. Sie hatte Deutsch und Mathe als Hauptfächer, Englisch und Biologie als Nebenfächer, eine anspruchsvolle Kombi. Sie hat eine Eins Komma Sieben gemacht, war damit die Fünftbeste ihres Jahrgangs auf dieser Schule. Also sehr klug, aber keine Lernmaschine." Josie blätterte ihre Papiere durch. "Das war's so weit zur Schule und Jugend. Fragen?"
"Freunde ... im Sinne von ... Liebhabern?"
Ach du meine Güte, Andreas musste es aber ganz genau wissen. Ich schaute zu Jack, der zu mir - ich erahnte den stummen Vorwurf in seinem Blick und zuckte mit den Schultern: Was sollte ich machen? Andreas sagen, das ginge ihn einen Dreck an?
"Keine Hinweise aus dieser Zeit, aber das heißt ja nichts - sie ist auch eher nicht der Typ, der altes Zeugs aufbewahrt, es gibt also keine Kästen mit rosaroten Liebesbriefen, alte Poesiealben und so was. An Angeboten dürfte es ihr nicht gemangelt haben, sie ist ja alles andere als ... na ja, hässlich. Die Arztunterlagen habe ich nur in Auszügen, von der Krankenkasse auch nur ein paar Abrechnungen über normale Untersuchungen und Behandlungen. Unregelmäßige gynäkologische Termine, seit ihrem neunzehnten Lebensjahr nimmt sie die Pille. Keine abgebrochene Schwangerschaft, es sei denn, was total Illegales. Also ich würde mal sagen: Es gab sicher ein paar Jungs, aber wir wissen nicht, wer - Fotos aus dieser Zeit, die sie mit einem einzigen Jungen in eindeutiger Pose zeigen, habe ich keine gefunden." Shane stockte, dachte kurz nach und schnippte dann mit den Fingern, als wäre ihm eingefallen, was er noch hatte sagen wollen. "Genau, eins ist in diesem Zusammenhang vielleicht ganz witzig: Sie hatte ein Exemplar ihrer Abi-Zeitschrift zuhause, ihr wisst schon, wo man über die Mitschüler lästert und die Lehrer verarscht. Sven hat uns die Seite mit den Fotos aller Schüler kopiert, und da war für jeden ein Spitzname eingetragen - sie war 'die Eisprinzessin'."
Ich musste grinsen, denn das passte: 'Prinzessin' war ein würdigerer Spitzname für Shara als 'Blondie', transportierte er doch ein bisschen mehr von ihrer ... Hochherrschaftlichkeit. Streich 'Blondie', notierte ich mir geistig, der Spitzname ist gestorben - Shara wird hiermit zur Prinzessin befördert.
"Krankheiten und so was war übrigens alles im normalen Bereich, deshalb erwähnen wir das nicht extra. Mumps, Masern, Röteln, ein paar Erkältungen - vor ein paar Jahren ein Schleudertrauma von einem Autounfall, aber dazu komme ich noch."
"Hat sie noch Kontakt zu Schulkameraden?", fragte Ciaran, Josie bewegte die Hand in einer 'so lala'-Geste.
"Es gab ein Treffen nach fünf Jahren Abitur, aber sie ist nicht hingegangen. Sie hat mit dem Organisator ein paar Mails ausgetauscht, in denen er viel fragt und sie wenig Konkretes antwortet. Das kann sie übrigens gut: Sie schreibt
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