Die Ewigen
hatte ich Glück, dann wurde ich erwischt. Ich hatte zwei Helfer angeworben, damit sie mir Tragen halfen - und als der alte Diener mit seiner Kerze plötzlich vor uns stand, zog einer meiner Begleiter sein Messer, während ich floh. Der Mörder wurde später gehenkt - und der Diener lebte trotz einer schweren Bauchwunde noch lange genug, um meinen Namen nennen zu können. Ich floh nicht nur aus dem Haus, sondern erst aus der Stadt und dann aus dem Land: Ich nahm ein Schiff nach Calais, von dort aus zog es mich über Paris, Bordeaux, Nizza, Mailand und Venedig schließlich nach Rom. Mein Vater hatte gutes Geld bezahlt, um seinen Namen aus der Affäre heraus zu halten, also wurde ich nicht gesucht, niemand hielt mich auf. Ich suchte in jeder Stadt den Kontakt zu den oberen Familien, und da ich mir Aussehen, Kleidung und Manieren bewahrt hatte, machte ich dort weiterhin genügend Beute. Das Geld floss mittlerweile ganz in meine Sucht: Wenn das Opium jemanden gepackt hat, wird alles andere nebensächlich. In Rom lief mein Geschäft nicht besonders gut - ich kam im Sommer an, fast alle waren vor der Hitze aufs Land geflohen, die Häuser der Reichen waren fest verschlossen. Also besichtigte ich Museum und Kirchen, stahl hier eine Kostbarkeit vom Altar, dort eine Münze aus einer Vitrine. Irgendwann landete ich auch in der Schwertkirche und sie schien mir ein lohnendes Ziel zu sein: Ich konnte das Schwert selbst natürlich nicht bewegen, aber die Edelsteine würde ich schon lösen können, so dachte ich, auch die Scheide glänzte in purem Gold. Ich drang in einer der nächsten Nächte durch die Sakristei in die Kirche ein, öffnete unter Mühen die schwere Tür zur Schwertkammer und brach die Edelsteine aus dem Griff. Die Scheide war ein leichteres Spiel, und das verleitete mich dazu, nach weiterer Beute Ausschau zu halten. Gold war auf einem Altar oder in einer Sakristei nichts Ungewöhnliches, also schlich ich nach ein oder zwei Stunden in der Krypta zurück nach oben. Es brannten Kerzen in der Kirche, doch es herrschte Totenstille - ich hätte jederzeit beschwört, dass ich überzeugt war, die Kirche sei leer. Doch ich hatte mich getäuscht: Mitten im Kirchenschiff stand ein gutes Dutzend Männer und drei oder vier Frauen, sie bildeten einen Kreis um eine Gestalt, die am Boden lag. Es waren Ciaran und seine Brüder und Schwestern, bei einem Initiationsritus."
Jacksons klare, schöne Stimme verklang, und er trank einen Schluck Wasser, als wolle er damit den bitteren Geschmack der Scham herunter spülen. Ich schwieg und wartete, Magnus hatte die ganze Zeit auf seinen Teller gestarrt. Jetzt hob er den Kopf.
"Du hast uns vielleicht erschreckt, Jack - ich habe Andreas nie wieder so blöd schauen gesehen."
Seine Stimme klang gepresst, sein sonst so entwaffnendes Grinsen wirkte angestrengt. Als habe er diese Worte gar nicht aussprechen wollen, dachte ich, und das konnte ich mir gut vorstellen: Er war eben so sauer gewesen, so weggetreten, seine großen Hände hatten gezuckt, als würde er sich gleich auf Jackson stürzen wollen. Dieser Satz dagegen - nun, er war vom Tonfall her nicht eben freundlich, aber irgendwie doch freundschaftlich gewesen, als erinnere Magnus sich nur mühsam an eine Zeit, in der Jackson und er erkannt hatten, dass irgendetwas sie verbannt, dass sie Freunde sein könnten. Ich war froh, dass Magnus das gesagt hatte, dass er sich wieder unter Kontrolle hatte, denn ich wollte tunlichst nicht in der Nähe sein, wenn der Riese durchdrehte.
"Du warst dabei? In der Kirche?", fragte ich ihn, er nickte.
"Oh ja. Es war meine Initiierung: Ich war der, der da auf dem Boden lag. Und in dieser schönen, feierlichen Stimmung kommt Junker Jack die Treppe hoch, mit der goldenen Schwertscheide unter dem Arm und den Edelsteinen in der Tasche seiner feinen Hose."
Jackson räusperte sich, dann sprach er weiter.
"Ciaran ließ mich in die Kammer der Krypta sperren, in der du Samstag gewartet hast. Damals gab es darin keinen Tisch und keinen Stuhl, keine Fackel und keine Kerze. Es stank erbärmlich, es war kalt und feucht, aber nach ein paar Stunden war mir das egal, denn ich bekam den Entzug in seiner ganzen Kraft zu spüren. Es war schlimm." Er verzog angewidert den Mund und trank noch ein wenig Wasser. "Es war schlimm, und es wurde immer noch schlimmer - so etwas habe ich vorher und auch nachher nicht noch einmal erlebt. Ciaran kam zu mir herunter, als ich schrie und tobte, er erkannte in einer Minute, was mit mir los
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