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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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war: Opiumsucht war damals keine Seltenheit, jeder kannte die Symptome. In dem Zustand, in dem ich mittlerweile war, konnten sie mich unmöglich gehen lassen, also blieb ich in der Kammer eingesperrt. Magnus brachte mir Wasser und Decken: Das Wasser schüttete ich ihm ins Gesicht, die Decken habe ich zerfetzt. Ich habe mir die Fingernägel ausgerissen bei dem Versuch, die Tür zu öffnen, und als ich mit dem Kopf dagegen schlug, haben sie mich gefesselt und mir ein Schlafmittel eingeflößt. Als ich nach Tagen wieder ansprechbar war, stellte Ciaran mich vor die Wahl: Die Familie und die Behörden über den versuchten Diebstahl unterrichten, oder ich werde Mitglied im Orden und verschwinde offiziell vom Angesicht dieser Erde."
    Jackson griff erneut nach seinem Glas, sah, dass es leer war, und ließ die Hand sinken, als fehle ihm die Kraft, Magnus nahm die Flasche und schenkte ihm ein. Ich sah ihn an und erkannte im Gesicht des Riesen etwas, das ich selten zuvor in dieser Intensität gesehen hatte und das mich sehr berührte: Es war eine tiefe, aufrichtige Freundschaft, die jetzt jede Wut verdrängte, die dem anderen nur Gutes wollte - scheiß auf den Streit, der hier schwelte, scheiß auf die Vorwürfe, die durch die Luft geflogen waren. Die beiden kennen sich seit über hundert Jahren, sagte ich mir - wahrscheinlich muss schon mehr passieren, um ein solches Band zu zerreißen. Diese Verbundenheit machte mich unvermittelt neidisch, machte mich einsam und traurig - nein, solche Freunde hatte ich nicht, hatte ich noch nie gehabt.
    "Es tut mir Leid", flüsterte Jackson, wobei ich nicht wusste, ob er mich oder Magnus meinte.
    Er sah indes mich an, als er nun den Blick hob, seine schönen Augen waren dunkel umschattet, hatten all ihren kühnen Glanz verloren. Es tat mir entsetzlich weh, ihn so zu sehen, aber ich wusste nicht, was ich ihm Tröstendes hätte sagen können - ich konnte ihn von dieser Scham nicht erlösen, nicht durch Worte. Ich streckte ihm schließlich meine Hand entgegen, er zögerte kurz, schlang dann seine Finger um meine. Ich genoss das aufregend in meinem Magen prickelnde Gefühl, seine warme Haut auf meiner zu spüren, und als er schließlich weiter sprach, war seine Stimme leiser und zögernder als zuvor.
    "Ciaran hat mir damals das Leben gerettet, aber ich habe Wochen gebraucht, bis ich ihm dafür danken konnte. Ich war schon so gut wie tot gewesen, wusste es aber nicht - ich hätte kein Jahr mehr durchgehalten. Ich musste ein ganzes Leben warten, bis sie mich aufgenommen und mit dem Kreuz gezeichnet haben - ein 'Leben'", ergänzte er, als ich ihn fragend ansah, "entspricht fünfzig Jahren. Meine Bewährungszeit, wenn du so willst, verdoppelt als Strafe für mein Verbrechen am Schwert. Normal wäre ein halbes Leben, also fünfundzwanzig Jahre."
    "Wann wurdest du aufgenommen? In welchem Jahr?"
    "1899. In diesem Jahr habe ich meine erste Narbe bekommen, 1949 dann die Zweite."
    "Und was heißt 'mit dem Kreuz gezeichnet'?", wollte ich wissen, was Jackson zu Magnus blicken ließ, fragend.
    "Hat Andreas dir das noch nicht erzählt?"
    "Erwähnt hat er nur ein Zeichen, eine Narbe aus zwei Teilen, aber ich hab nicht weiter nachgefragt. Also ist dieses Zeichen ein Kreuz?"
    Die beiden tauschten einen Blick: Magnus schüttelte natürlich den Kopf, aber Jackson nickte schließlich.
    "Ich zeige es dir, aber offiziell weißt du bitte von nichts."
    Er drückte mir kurz die Hand, löste seine Finger vorsichtig aus meinen und stand auf, zog in einer flüssigen Bewegung seinen Pullover über den Kopf, knöpfte dann das Hemd auf, das er darunter trug. Er hatte einen mehr als ansehnlichen Oberkörper mit klar modellierten Muskeln an Armen, Brust und Bauch - aber das fiel mir erst auf den zweiten Blick auf, denn das Kreuz war wahrlich nicht zu übersehen: Es war tatsächlich eine Narbe, bestehend aus zwei gleich langen, sich ziemlich genau in der Mitte kreuzenden Linien. Sie lag in etwa über dem Herzen und war so groß wie die Handfläche eines Mannes. Die Narbe schimmerte Weiß auf Jacksons glatter Haut und ich fand sie eher schön als abstoßend: Sie verunstaltete diesen perfekten Körper nicht, machte ihn eher ... interessanter, fast schon natürlicher.
    Jackson ließ sich anstandslos inspizieren, blickte aber starr an mir vorbei auf die Wand.
    "Danke", sagte ich schließlich, lehnte mich wieder zurück und wandte mich an Magnus. "Du hast auch so eine?"
    Der nickte und zog den Stoff seines T-Shirts hoch: die gleiche

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