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Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
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Neonröhren wie Eis. Ich drückte noch einmal auf den Schlüssel, es fiepste erneut: Kein Zweifel, dieser Wagen gehörte zu diesem Schlüssel.
    Ich öffnete vorsichtig die Fahrertür, fast erwartete ich, die Alarmanlage würde doch losheulen. Als alles still blieb, zwängte ich mich auf den engen Sitz - der Wagen duftete innen ganz neu, vor allem nach wunderbar weichem Leder. Aber auch ein wenig Blütenduft erschnupperte ich - er kam von der einzelnen weißen Rose, die vor mir auf dem Armaturenbrett lag, unter ihr ein weiterer kleiner Brief im Umschlag. 'Sei mir nicht böse, Dickkopf', las ich in einer kräftigen Druckbuchstabenschrift, 'aber nimm lieber ein paar Fahrstunden, bevor du damit Italien unsicher machst!' Gezeichnet war dieser Satz mit 'M' - Magnus natürlich. Darunter, wiederum in Jacksons geschwungener Schrift: 'Biete Fahrstunden zu jeder Zeit'. Ich schnupperte an der Rose und fuhr mit den Händen vorsichtig über Leder und Chrom an Lenkrad und Armaturenbrett. Jackson, du verdammter, grünäugiger Mistkerl - und ob ich Fahrstunden wollte!
    Ich steckte schließlich einmal kurz den Zündschlüssel ins Schloss und ließ den Wagen an: Er dröhnte in der engen Box, dass einem Angst und Bange wurde, und während ich den Motor mit versonnenem Blick auf den leicht zuckenden Drehzahlmesser toben ließ und den in Italien massig vorhandenen, kurvigen Bergstraßen eine Gedenkminute widmete, sprang mir die Uhrzeit ins Auge: Es war halb zehn, in einer halben Stunde würde ich abgeholt werden. Nichts wie zurück nach oben - ich hatte noch klatschnasse Haare und die älteste Jeans am Leib, die ich mitgenommen hatte!
    Gott, war ich nervös. Warum eigentlich? Blöde Frage, die Antwort war ziemlich einfach: Ich hatte normalerweise keine Probleme damit, irgendwelche Leute kennenzulernen und mit ihnen ein bisschen harmlosen Smalltalk zu betreiben, aber was mich heute erwartete, waren keine neuen Arbeitskollegen oder Bekannte von anderen Bekannten. Es handelte sich um die sogenannten 'aktiven' Mitglieder dieses obskuren Kreuzritter-Ordens, als dessen neue Leitfigur mich Andreas ausgerufen hatte - und so war mit äußerst prüfenden Blicken zu rechnen, so würde jedes meiner Worte auf der Goldwaage liegen. Vielleicht würde sich ja auch mein insgeheim gehegter Verdacht (oder besser: Meine heimliche Hoffnung!) bewahrheiten, und die versammelte Gruppe würde bei meinem Eintritt fröhlich 'April, April' rufen und die versteckte Kamera enthüllen? Ob so oder so: Mir stand ein schwieriger Tag bevor, und ich fühlte mich alles andere als bereit.
    Ich trödelte viel zu lange im Bad und vor dem Kleiderschrank herum, um eine Mischung aus Josies Auswahl und meinen Klamotten zu finden, wie irgendwo zwischen lässig und gut angezogen lag, und Andreas hatte sicher schon gewartet, als ich um zehn Minuten nach zehn mit einem entschuldigenden Lächeln zu ihm ins Auto stieg.
    "Wo sind denn Jackson und Magnus?", fragte ich ihn mit Blick auf die leere Rückbank.
    Ich hatte Andreas bislang noch nie am Steuer gesehen und wäre ehrlich gesagt lieber von den beiden Jungs gefahren worden: Jacksons grüne Blicke wie auch Magnus freche Sprüche hätten mich zuverlässig von meinem zuckenden Magen abgelenkt, während Andreas Anwesenheit den Ernst der Situation nur noch betonte.
    "Jackson ist zum Flughafen gefahren und Albert zum Bahnhof, wir hatten noch zwei Nachzügler. Aber damit sind jetzt auch alle da."
    Ich nickte, aber eigentlich hätte ich lieber gehört, dass die Hälfte der Leute fehlen würde.
    "Nervös?", fragte Andreas mich, ich lachte - war mir das so deutlich anzumerken?
    "Das wäre untertrieben."
    "Keine Sorge. Sie freuen sich sehr auf dich, und wir alle sind dir wohl gesonnen."
    Das mochte sein, aber gegen meine Nervosität half das nicht wirklich. Die Fahrt war für meinen Geschmack viel zu schnell vorbei, nach kurzer Zeit stand ich also wieder einmal in der leeren Eingangshalle des grauen Hauses. Zwei Gepäckstücke warteten rechts in der Ecke, ein großformatiger, altmodischer Schrankkoffer voller Aufkleber mit einem achtlos darüber geworfenen Trenchcoat und eine kleinere Reisetasche: Scheinbar war den Nachzüglern nicht mehr genug Zeit geblieben, um ihr Zeug wegzuräumen.
    "Wir sind oben", sagte Andreas und bot mir galant seinen Arm.
    Ich ließ mich von ihm die Treppe hinauf und den mir mittlerweile schon wohlbekannten Weg zur Bibliothek führen, dort öffnete der Ordensmeister ohne große Worte die Tür und geleitete mich

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