Die Ewigen
hinein.
Rund ein Dutzend Menschen hatte sich im Raum verteilt - und das bedeutete, dass ich mir die Namen niemals alle würde merken können. Meist vergaß ich sie in dem Moment, wo die Leute sie mir nannten - eine unangenehme und peinliche Schwäche, die man mir oft als absolute Egozentrik auslegte, die ich selber aber für einen grundsätzlichen Defekt meiner grauen Zellen hielt. Konzentrier dich, Shara, sagte ich mir - so schwer kann das doch nicht sein!
Die im Raum Versammelten hatten kleine Grüppchen gebildet, bei unserem Eintritt wandten sich jedoch alle zur Tür. Ich fühlte die Augen der Kreuzritter auf mir, spürte, wie die Blicke über mein Gesicht, meine Haare, meinen Körper, meine Kleidung glitten. Vielleicht hätte ich doch flache Schuhe anziehen sollen, mit diesen Josie-Teilen erreichte ich fast die Einsneunzig? Sah ich mit diesem schmalen Rock nicht magersüchtig aus, hätte ich die Haare nicht doch offen lassen sollen? Egal, sagte mir Andreas besänftigender Druck auf meinem Arm, oder besser: Zu spät, jetzt ist es so, wie es ist.
Ich straffte mich etwas und ließ selber einen Blick durch den Raum schweifen, vor allem auf der Suche nach bekannten Gesichtern: Magnus und Jackson standen mit einem jungen Mann und einer jungen Frau der Tür am nächsten, Ciaran lehnte am Fenster, im Gespräch mit einer weiteren Frau. Joseph entdeckte ich links in einer Ecke, alle anderen waren mir unbekannt - das machte fünf Bekannte und neun Unbekannte, neun neue Namen und neun neue Gesichter: Viel Spaß, Shara, dann blamier dich mal schön. Andreas hielt meinen Arm immer noch fest an seinen kräftigen Körper gepresst: Gar nicht so dumm, denn ich war tatsächlich kurz versucht, die Treppe herunter und aus dem Haus zu rennen, weg von dieser schrecklichen Situation - da das allerdings noch peinlicher gewesen wäre, als einfach stehen zu bleiben, schluckte ich meinen scheinbar gut ausgeprägten Fluchtinstinkt hinunter und blieb, wo ich war.
"Das ist Shara", sagte Andreas schlicht, als das gegenseitige, stumme Mustern nach ein oder zwei Minuten unangenehm wurde, ich nickte und brachte ein halbwegs verständliches 'Hallo' heraus.
Ein paar Mienen waren skeptisch, die meisten lächelten jedoch freundlich und neugierig, erwiderten meinen simplen Gruß. Keiner sah bedrohlich aus, niemand trug eine schwarze Kutte oder hatte ein Schwert dabei: Das war ja auch schon mal was wert.
"Ich werde dir alle unsere Brüder und Schwestern vorstellen. Fangen wir doch gleich hier an", sagte Andreas und führte mich zu der ersten Gruppe, bei der auch Jackson und Magnus standen.
Es gelang mir hoffentlich, ihm einigermaßen würdevoll zu folgen, und als ich Magnus Augenzwinkern und Jacksons mittlerweile so wohlbekanntes Lächeln sah, fühlte ich mich gleich ein wenig wohler.
"Darf ich vorstellen: Josephine", sagte Andreas, als mir die junge Frau aus der Gruppe ihre Hand entgegen streckte.
Leuchtend kupferrote Haare, lang und leicht gelockt, dazu eine wunderschöne milchweiße Haut mit Sommersprossen - kleiner als bei Ciaran, dafür aber unendlich viele und auf allen sichtbaren Körperteilen. Sie war sicher nur wenig über einssechzig groß, zart gebaut, mit leuchtend türkisfarbenen Augen und einer süßen Stupsnase über einem erdbeerroten Mund mit vollen Lippen.
"Josie", korrigierte sie Andreas, während sie meine Hand energisch und mit erstaunlicher Kraft schüttelte. "Schön, dich endlich in echt zu sehen, ich hab mich schon sehr darauf gefreut."
Ich lächelte und bedankte mich für ihre freundlichen Worte. Sie ließ ihre großen Augen einmal ganz an mir herauf und herunter wandern, dann lachte sie mit ihrer überraschend dunklen Stimme laut auf.
"Meine Güte, du hast genau die Beine, die ich immer wollte!", verkündete sie, und die Umstehenden begannen zu lachen.
Mir war die absolute Stille im Raum gar nicht aufgefallen, doch nach Josies Ausbruch klang er plötzlich vor Stimmen und Gelächter wider - ich schaute sie verblüfft an, dann lachte ich mit ihr und entspannte mich ein wenig.
"Das ist Shane", sagte Andreas und deutete auf den jungen Mann, der sehr dicht neben Josie stand - die beiden sind ein Paar, schlussfolgerte ich.
Shane überragte seine Freundin locker um zwei Köpfe und war sehr schlank. Seine schwarzen und ein wenig zu langen Haare fielen ihm tief in die Stirn, und mit seinen schokobraunen, langbewimperten Augen, den hohen Wangenknochen sowie der gebräunten Haut war er äußerst hübsch. Neben der Funken
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