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Die facebook-Falle

Die facebook-Falle

Titel: Die facebook-Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Adamek
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AG unternahm im Jahr 2009 einen bemerkenswerten Versuch mit dem Titel »Facebookless«. Die Autoren setzten auf einen einfachen psychologischen Effekt: »Wie untersucht man die Bindung einer Generation an das meistgeliebte und -gehasste Medium der Gegenwart? Ganz einfach: Indem man sie kappt.« 267 Über eine eigene Facebook-Seite suchte die Agentur »Facebook-Junkies«, die bereit waren, für 30 Tage auf das Netzwerk zu verzichten, und ihre Abstinenzerfahrung aufzuschreiben. 50 Facebook-Nutzer im Alter von 17 bis 52 Jahren machten mit und erhielten dafür jeweils 300 Franken. Zuvor mussten sie ihr Facebook-Passwort der Agentur überlassen. So konnte diese kontrollieren, ob die Probanden rückfällig wurden. Parallel dazu versuchte man Prominente zu gewinnen, die zumeist absagten. Die Gründe sind durchaus aufschlussreich. So schrieb die TV-Moderatorin Racha Fajjari: »Vielen Dank für die Anfrage. Wenn ich Facebook lediglich privat nutzen würde, wäre dies absolut kein Problem für mich, jedoch bin ich nur schon geschäftlich auf die Plattform angewiesen :-) Daher leider
nein.« 268 Die Popsängerin Nubya schrieb: »Ich bekomme über Facebook auch geschäftliche Anfragen und deshalb lieber nicht … Abgesehen davon bin ich wahrscheinlich auch nicht süchtig genug. Facebook ist für mich abgesehen von der E-Mail-Funktion wie Fernsehen. Mit ist das Leben schön und ohne genauso ;-).« Ihre Sängerkollegin Fannie Lüscher sagte ab und gestand zugleich: »Ich wollte einmal mein Fanprofil auf Facebook löschen, aber mein Management hat mir davon abgeraten … Es sei zu wichtig.« Auch bei Politikern hatte die Agentur angefragt. Die Schweizer Nationalrätin Natalie Rickli fand die Idee sehr spannend. Sie gebe Anlass zum Nachdenken, aber: »Der Aufwand ein Facebookless-Tagebuch zu führen, würde meinen täglichen Facebook-Zeitaufwand wohl übertreffen, weshalb ich von einer Teilnahme absehe. Zudem nutze ich Facebook fast nur politisch und nicht privat.«
    Noch vor Beginn des Experiments fragte die Agentur die Teilnehmer nach ihrer Facebook-Nutzung und erfuhr, dass diese meist einem täglichen Ritual folgte: morgens vor der Arbeit ein kurzer Facebook-Check und abends die hemmungslose Langzeit-Session. Bei der Frage, was die Teilnehmer angesichts von 30 Tagen Abstinenz am meisten fürchteten, offenbarten die meisten das Hauptmotiv für ihre Facebook-Mitgliedschaft: Neugier. Vor allem bei Frauen gehört der Facebook-Check zu den ersten Anbahnungspflichten einer Beziehung: »Vor einem Date ist es Pflicht, den Typen auf Facebook auszuchecken und zu sehen, was er auf dem Portal so für Spuren hinterlässt«, sagt eine 28-Jährige. »Postet er nur inhaltlosen Schrott, oder hat das Witz und Stil? Ein Facebook-Profil sagt meist schon viel
über die Person aus.« 269 Ein 27-jähriger Mann fürchtet sogar, seine leibhaftige ehemalige Freundin aus den Augen zu verlieren: »Mir wird es im kommenden Monat fehlen, dass ich meine Ex-Freundin nicht mehr ausspionieren kann und nicht mehr mitbekomme, was in ihrem Leben jetzt so läuft.«
    Mit Liebe und Freundschaft hat das alles herzlich wenig zu tun, es sei denn, man erklärte das berühmte Lenin-Wort »Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser« zum Leitmotiv aller Sozialbeziehungen. Die Ergebnisse des Experiments deuten jedenfalls darauf hin, dass sich Beziehungsaspekte wie Neugier und Kontrollbedürfnis allein wegen der neuen technischen Möglichkeiten über Gebühr verstärken. Am Tag der Passwortübergabe mussten die Probanden ihre Gefühle beschreiben. Hier eine kleine Auswahl: »Wie wenn man einem ein Spielzeug weggenommen hätte.« (23, männlich) – »Wie beim Zoll am Flughafen, wenn man seine Wertsachen abgeben muss. Man weiß, dass man alles gleich wiederbekommt. Trotzdem bleibt ein Gefühl der Unsicherheit. « (19, männlich) – »Wie wenn ich mein Tagebuch aus der Hand geben würde.« (21, weiblich) – »Facebook ist wie ein Fenster zur Welt, und ich bin jetzt nicht am Fenster.« (52, weiblich).
    In ihren Tagebüchern dokumentierten die Teilnehmer, wie stark die vorübergehende Facebook-Abstinenz ihr Leben und ihre Befindlichkeit beeinflusste: »Heute Abend zum ersten Mal den Phantomschmerz gespürt.« – »Wollte kurz reinschauen, aber nix da. Alle Synapsen Vollstop. Finger weg von der Tastatur.« – »Ich habe den krampfhaften Drang, meine Freizeit möglichst produktiv auszufüllen,
und ich glaube, dass das kein Zufall ist. Überspitzt gesagt, fühle ich so eine Art

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