Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
des Sumpfes hinaus. »Etwa eine Meile in dieser Richtung. Dort steht ein kleiner Steinkreis auf einem Feld. Einer der Steine ist so gespalten.« Er wandte sich um und sah Jamie neugierig an. »Warum?«
Warum, in der Tat. Jamies Mund war trocken, und er schluckte, jedoch ohne große Wirkung. Musste er dem Priester ganz genau sagen, warum er sich sicher war, dass dieser Versuch, die Stuartkönige wieder einzusetzen, auch nicht erfolgreicher sein würde als der Aufstand in Schottland?
Nein, beschloss er. Das würde er nicht. Claire gehörte nur ihm. Es war keine Sünde, dass er sie liebte, es war nichts, das Vater Michael etwas angehen würde, und er wollte sie für sich behalten.
Außerdem , dachte er trocken, wenn ich es ihm sagen würde, wäre er doch nur überzeugt, dass ich entweder den Verstand verloren habe – oder dass ich mich irre stelle, um meinen Kopf aus dieser Schlinge zu ziehen .
»Warum habt Ihr ihn mitgebracht?«, fragte er, ohne auf die Frage des Priesters einzugehen, und wies kopfnickend auf den Kelch.
Vater Michael sah ihn eine Weile an, ohne zu antworten, dann zog er die Schulter hoch.
»Solltet Ihr der Mann sein, den Gott für diese Aufgabe ausgewählt hat, hatte ich vor, ihn Euch zu geben, damit Ihr ihn verwenden könnt, wie es Euch am besten erscheint. Wenn Ihr es nicht seid …« Er richtete sich unter dem schwarzen Tuch seiner Kutte gerade auf. »Dann werde ich ihn seinem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben.«
»Ich bin es nicht, Vater«, sagte Jamie. »Ich kann den Kelch nicht einmal berühren. Vielleicht ist das ja ein Zeichen, dass ich nicht der Richtige bin.«
Die neugierige Miene kehrte zurück. »Spürt Ihr … seine Gegenwart? Den Mann aus dem Moor? Jetzt?«
»Ja.« So war es; das Gefühl, dass jemand hinter ihm stand, war wieder da, und es hatte etwas … Drängendes an sich? Etwas Verzweifeltes? Er konnte nicht genau sagen, was es war, aber es war verdammt verstörend.
War der Tote einer wie Claire? War das die Bedeutung der Schnitzerei in der Schale? Wenn ja, welches Schicksal hatte ihn ereilt, dass er hier an diesem trostlosen Ort zurückgeblieben war, so weit fort von wo auch immer er herkam?
Zweifel packte ihn mit eiserner Umklammerung. Was, wenn sie es nicht durch die Steine geschafft hatte, zurück in ihre sichere Welt? Was, wenn sie in die Irre gegangen war wie der Mann, der hier unter dem schwarzen Wasser lag? Das Grauen ballte ihm so fest die Fäuste, dass sich seine Nägel in die Handflächen bohrten, und er ließ sie dort, klammerte sich mit sturer Gewalt an die Wirklichkeit des körperlichen Schmerzes, um diesen weitaus schmerzvolleren Gedanken als unwirklich und bedeutungslos von sich weisen zu können.
Herr, lass sie gerettet sein!, betete er gequält. Sie und das Kind!
»Sprecht mich los, Vater«, flüsterte er. »Ich möchte gehen.«
Der Abt presste zögernd die Lippen aufeinander, und Jamie verlor die Beherrschung.
»Habt Ihr vor, mich zu erpressen, indem Ihr mir die Absolution vorenthaltet? Schuft! Ihr würdet Euer Gelübde und Euer Amt verraten, um …«
Vater Michael gebot ihm mit erhobener Hand Einhalt. Er funkelte Jamie einen Moment lang reglos an, dann zeichnete er mit scharfen, präzisen Bewegungen ein Kreuz in die Luft.
» Ego te absolvo, in nomine Patris –«
»Es tut mir leid, Vater«, entfuhr es Jamie. »Ich hätte nicht so mit Euch sprechen dürfen. Ich …«
»Betrachten wir es als Teil Eurer Beichte, ja?«, murmelte Vater Michael. »Sprecht einen Monat lang täglich einen Rosenkranz; das ist Eure Buße.« Der Hauch eines ironischen Lächelns huschte über sein Gesicht, und er sprach zu Ende, »– et Filii, et Spiritus Sancti, Amen .« Er ließ die Hand sinken und sprach normal weiter.
»Ich habe vergessen zu fragen, wann Ihr das letzte Mal gebeichtet habt. Kennt Ihr das Reuegebet noch, oder soll ich Euch helfen?« Der Ton war ernst, doch Jamie sah den Kobold in den leuchtenden grünen Augen tanzen. Vater Michael faltete die Hände und senkte den Kopf – eine fromme Haltung, mit der er gleichzeitig sein Lächeln verbergen konnte.
» Mon Dieu, je regrette …« Er sagte es auf Französisch, wie er es immer schon getan hatte. Und genau wie es immer schon gewesen war, kam bei diesen Worten Friede über ihn.
Er hörte auf zu sprechen, und die Abendluft war still.
Erst jetzt sah er, was er bis jetzt nicht wahrgenommen hatte: den kleinen Hügel aus etwas dunklerer Erde und Steinen, der mit frischen grünen Grashalmen gefleckt und mit
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