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Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)

Titel: Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Pförtner skeptisch. »Ob er aber zu sprechen ist … Ich lasse gerne nachfragen, wenn Ihr möchtet, Sir.«
    »Ich wär Euch dankbar dafür, Junge. Gebt ihm bitte das hier – und ein bisschen Kleingeld für Eure Mühe.« Er reichte dem Mann die Note mit der Bitte um ein Gespräch, die er vorbereitet hatte und der er Sir Melchiors Empfehlungsschreiben beigefügt hatte, sowie ein großzügiges Dreipenny-Stück.
    Nach diesem vielversprechenden Auftakt seiner Rolle als reicher Protz vertiefte er diese weiter, indem er das imponierende Haus und die ausschweifenden Ländereien unverhüllt angaffte, während er dem Bediensteten langsam zu Fuß über die Auffahrt folgte. Es war ein altes Haus – er hatte in Irland noch kein neu gebautes Haus gesehen –, doch es war in gutem Zustand, die dunklen Steine frisch gereinigt, und sämtliche Schornsteine – vierzehn zählte er – rauchten und zogen bestens. Sechs gute Pferde auf einer Weide ein Stück weiter entfernt, darunter eins, das er sich durchaus gern näher angesehen hätte – ein kräftiger Dunkelbrauner mit einer weißen Blesse und einem ordentlichen Hinterteil, gut bemuskelt, dachte er beifällig. Vor dem Haus breitete sich eine große Rasenfläche aus, und ein Gärtner schob wenig begeistert eine schwere Walze darüber. Der ganze Garten hatte etwas Gepflegtes an sich, bis hin zu den Blättern, die im Nieselregen glänzten.
    Eigentlich zweifelte er nicht daran, dass man ihn vorlassen würde, und als er den Eingang erreichte, stand in der Tat ein Butler darin, der ihm Hut und Umhang abnahm und ihn in einen Salon führte. Genau wie das Haus selbst war auch dieser luxuriös ausgestattet – sechs Bienenwachskerzen in einem großen silbernen Kerzenleuchter verbreiteten ein großzügiges Licht –, ließ aber jedes Stilgefühl vermissen. Er spazierte langsam durch das Zimmer und strich über die Schmuckstücke: eine Meissener Porzellanfigur einer Frau mit einer Taube auf der Hand, die ihr eine Leckerei von den Lippen nahm, eine Standuhr mit drei Zifferblättern, die die Zeit, den Luftdruck und die Mondphase anzeigten, einen Humidor aus einem dunklen Holz, das er nicht kannte, das er aber für afrikanisch hielt, eine Silberschale auf Füßen, die mit einem bunten Durcheinander aus gezuckerten Veilchen und Pfeffernüssen gefüllt war, eine gefährlich aussehende Keule mit einer seltsamen Verdickung am Ende, einen seltsamen Streifen aus … Er nahm den Gegenstand in die Hand, um ihn genauer zu betrachten. Es war ein rechteckiger Streifen, vielleicht dreißig mal fünfzehn Zentimeter groß (er maß ihn automatisch aus, indem er die Glieder seines rechten Mittelfingers zum Vergleich benutzte), der aus kleinen, seltsamen Perlen hergestellt war – woraus bestanden sie nur? Kein Glas … Muscheln? –, die auf ein Fadengeflecht aufgefädelt und zu einem interessanten Muster in Blau, Weiß und Schwarz verwoben waren.
    Es war gewiss keine Frau, die diese Dinge zusammengetragen hatte. Er fragte sich, was für ein Mensch wohl der Besitzer dieses Elsternschatzes sein mochte. Die Greys waren zwar tief in die Vorgeschichte des Mannes eingetaucht, doch ein zusammenhängendes Bild von Siverlys Persönlichkeit hatten sie ihm nicht vermittelt. Carruthers hatte ihn in den lebhaftesten Farben beschrieben – doch in seinem Bericht ging es nur um die Verbrechen des Mannes, und er half wenig dabei, den Mann selbst zu charakterisieren.
    Ein Mensch mag lächeln und lächeln und doch ein Schurke sein, dachte er. Er war selbst schon sehr sympathischen Schurken begegnet. Und liebenswerten Toren, deren Handlungen mehr Schaden anrichteten als die von Männern, die zum Bösen entschlossen waren. Sein Mund verzog sich bei der Erinnerung an Charles Edward Stuart. Er zweifelte nicht daran, dass Siverly ein Schurke war – doch was für eine Art von Schurke?
    Schwere, humpelnde Schritte kamen durch den Flur, und Major Siverly trat ein. Er war ein imponierender Mann, fast genauso groß wie Jamie, wenn auch um einiges älter und mit einem beginnenden Bauch. Sein Gesicht war grobknochig, und die Hautfarbe grau angehaucht, als sei er aus demselben Stein gehauen wie das Haus. Er hatte eine einladende Miene aufgesetzt, doch diese konnte die deutlichen Linien der Härte und der offenen Grausamkeit in seinem Gesicht nicht verbergen.
    Jamie bot ihm die Hand an und begrüßte ihn freundlich, während er dachte, dass jeder Soldat, der das Unglück hatte, Siverly als Befehlshaber zugeteilt zu bekommen, auf der

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