Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
…«
»Etwas ausdenken würden«, sagte Fraser jetzt ebenfalls gereizt. »Um zu erklären, wo ich mich in jüngster Zeit aufgehalten habe und wie meine gegenwärtige Situation ist?«
»Ja«, sagte Grey, ohne den gereizten Unterton und die Wiederkehr dieser leise brodelnden Verachtung zu beachten. Er verneigte sich höflich. »Das überlasse ich Euch, Mr Fraser. Ihr könnt mich auf dem Weg zum Beefsteak über die Einzelheiten in Kenntnis setzen.«
JAMIE WAR VON ARGWÖHNISCHER NEUGIER erfüllt, als er Grey in den Club folgte. Er war noch nie in einem Londoner Herrenclub gewesen, obwohl er in Paris solche Etablissements besucht hatte. Angesichts der grundlegenden Unterschiede, die in Bezug auf Charakter und Weltanschauung zwischen den Engländern und den Franzosen existierten, ging er jedoch davon aus, dass sie auch andere Sitten hegen würden. Das Essen würde mit Sicherheit anders sein.
»Von Namtzen!« Greys Blick war auf einen hochgewachsenen blonden Mann gefallen, der eine deutsche Uniform trug und einige Türen weiter aus einem Zimmer kam. Das musste Stephan von Namtzen sein, der Graf von Erdberg – der Mann, den sie hier treffen wollten.
Das Gesicht des Hünen erhellte sich beim Anblick Greys, den er mit einem herzlichen Kuss auf beide Wangen begrüßte, wie es auf dem Kontinent üblich war. Grey schien daran gewöhnt zu sein und lächelte, obwohl er die Umarmung nicht erwiderte, sondern einen Schritt zurücktrat, um Jamie vorzustellen.
Dem Grafen fehlte ein Arm, und der Ärmel seines Rocks war an seiner Brust festgeheftet, doch er schüttelte Jamie herzlich die Hand. Er hatte listige graue Augen, der Herr Graf, und er erweckte den Eindruck eines umgänglichen, fähigen Mannes – ein guter Soldat. Er entspannte sich ein wenig; wahrscheinlich wusste der Graf, wer und was er war; es würde nicht nötig sein, sich etwas auszudenken.
»Kommt«, sagte von Namtzen mit einer gutmütigen Kopfbewegung. »Ich habe uns ein Zimmer reserviert.« Er ging vor, Grey an seiner Seite, und Jamie folgte ihnen langsamer durch den Flur und blickte in die diversen Zimmer, an denen sie vorübergingen. Der Club war alt, und es herrschte eine Atmosphäre diskreten, komfortablen Reichtums. Das Speisezimmer war mit weißer Tischwäsche und glänzendem schwerem Silber eingedeckt, im Raucherzimmer standen betagte Ledersessel, deren Sitzflächen sich in der Mitte gesenkt hatten, und es roch nach gutem Tabak. Der Läufer unter seinen Füßen war ein alter Orientteppich, der in der Mitte schon fadenscheinig war, doch er war von guter Qualität mit Ornamenten in Scharlachrot und Gold.
Die ganze Örtlichkeit war von einem leisen Summen der Gespräche und der Dienstbeflissenheit erfüllt; er konnte irgendwo Töpfe, Löffel und Geschirr in einer Küche klappern hören, und Bratengeruch erfüllte die Luft. Er konnte sehen, warum es Grey hier gefiel; wenn man hierhergehörte, umarmte einen der Club. Er selbst gehörte nicht hierher, doch einem Moment lang wünschte er, es wäre so.
Grey und von Namtzen waren stehen geblieben, um einen Freund zu begrüßen; Jamie nutzte die Gelegenheit, dem Steward eine diskrete Frage zu stellen.
»Am Ende des Flurs rechts, Sir, dort ist es gleich links«, sagte der Mann und neigte höflich den Kopf.
»Danke«, sagte er und bedeutete Grey mit einer Bewegung seines Kinns, wohin er ging. Der Weg von Newmarket bis hier war lang gewesen, und der Himmel wusste, was sich beim Essen zutragen würde. Eine leere Blase und saubere Hände waren die einzige Vorbereitung, die zu treffen in seiner Macht stand.
GREY ERWIDERTE FRASERS wortlose Geste mit einem Kopfnicken und setzte seine Unterhaltung mit Mordecai Weston fort, einem Offizier, der von Namtzen ebenfalls kannte. Er rechnete jeden Moment damit, dass Fraser zurückkommen würde, doch nach fünf Minuten begann er sich zu fragen, ob etwas nicht stimmte, und entschuldigte sich.
Als er um die Ecke bog, sah er, dass Fraser vor der Tür zum Abort stand und sich mit Edward Twelvetrees unterhielt. Ja, es war der vermaledeite Twelvetrees. Das bleiche Gesicht mit der langen Nase und den kleinen schwarzen Frettchenaugen war unverwechselbar. Er blieb vor Überraschung stehen, war aber nah genug, um zu hören, wie Twelvetrees wissen wollte, was Grey von Fraser wollte – und wie Fraser sich weigerte, es ihm zu sagen.
Fraser verschwand hinter der Tür, die er fest hinter sich schloss; Grey machte sich das Geräusch zunutze, um lautlos hinter Twelvetrees zu treten, der die
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