Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
auf Pü-ssell reimt. ›Brüssel‹ war alles, was mir eingefallen ist, und ich konnte sehen, dass er nicht viel davon gehalten hat, obwohl er es in sein Notizbuch geschrieben hat, für alle Fälle, hat er gesagt.«
»Oberst Quarry schreibt Gedichte«, erklärte Grey Fraser und handelte sich damit erneut eine hochgezogene Augenbraue ein. »Sehr … äh … individueller Versstil.«
»Ich weiß«, sagte Fraser zu Greys völligem Erstaunen. »Er hat mich einmal gefragt, ob mir ein passender Reim auf ›jungfräulich‹ einfällt.«
»Ach ja? Wann denn?«
»In Ardsmuir«, sagte Fraser ohne sichtliche Gemütsregung, woraus Grey schloss, dass Harry dem Schotten kein fertiges Gedicht gezeigt hatte. »Beim Abendessen. Mir ist aber nichts eingefallen außer ›abscheulich‹. Er hat sich nicht die Mühe gemacht, das aufzuschreiben«, fügte er an Tom gewandt hinzu. »Es war eine ziemliche Menge Brandy im Spiel.«
»Wobei pucelle allerdings das französische Wort für ›Jungfrau‹ ist«, sagte Grey zu Tom. Er sah Fraser an. »Vielleicht hat er den Vers ja auf Englisch nicht zustande bekommen, es aufgegeben und später beschlossen, es auf Französisch zu versuchen?«
Fraser stieß einen kleinen Laut der Belustigung aus, doch Tom runzelte immer noch die Stirn.
»Meint Ihr, französische Jungfrauen haben Flöhe?«
»Ich bin noch keiner Französin begegnet, die ich hätte fragen können«, sagte Grey. »Aber ich bin schon einer Menge Flöhe begegnet, und sie respektieren im Allgemeinen weder den Menschen noch die Reinlichkeit.«
Tom schüttelte den Kopf, denn er hatte keinen Sinn für diese naturphilosophische Beobachtung. Lieber widmete er sich wieder seinem eigentlichen Betätigungsfeld.
»Nun denn. Hier haben wir also den püssfarbenen Samtanzug, den blauen aus Seide und zwei Röcke für jeden Tag, flaschengrün und saphirblau, drei Westen, zwei schlichte und eine gelbe mit Verzierungen. Dunkle Kniehosen, weiße Kniehosen, Strümpfe, Hemden, Unterwäsche …« Er wies auf die Päckchen, die überall im Zimmer verteilt lagen, und überflog die Liste in seinem Kopf. »Die Schuhe sind leider noch nicht hier, die Reitstiefel auch nicht. Meint Ihr, diese hier reichen fürs Beefsteak, Mylord?« Er richtete den Blick skeptisch auf die Schuhe an Jamies Füßen, stabile Treter, die er von einem von Lady Joffreys Sänftenträger ausgeborgt hatte. Der Schuhputzerjunge hatte alles gegeben, um sie blitzblank zu polieren, doch modisch waren sie von Natur aus nicht.
Grey schloss sich Toms eingehender Betrachtung an und zuckte mit der Schulter.
»Wechselt die Schnallen, dann geht es schon. Nehmt die Silberschnallen von meinen braunen Kalbslederschuhen. Mr Fraser?« Er zeigte zurückhaltend auf Jamies Füße, und Jamie stieg gehorsam aus den Schuhen, damit Tom sie mitnehmen konnte.
Fraser wartete, bis Tom außer Hörweite war, bevor er fragte: »Das Beefsteak?«
»Mein Club. Die Gesellschaft zur Wertschätzung des englischen Beefsteaks. Wir essen heute dort zu Abend, mit Hauptmann von Namtzen.« Der Gedanke an Stephan erfüllte ihn mit einer sanften Wärme. »Ich habe ihm von Siverly erzählt, und er bringt jemanden mit, der uns vielleicht helfen kann. Möglich, dass er Informationen für uns hat, aber ich möchte auch, dass er einen Blick auf dieses gälische Gedichtfragment wirft, das Ihr übersetzt habt. Er kennt sich gut mit Versdichtung aus und auch mit der Thematik der Wilden Jagd.«
»Aye? Was für ein Etablissement ist denn dieser Club?« Frasers Stirn zog sich sacht in Falten.
»Jedenfalls kein Freudenhaus«, versicherte ihm Grey ein wenig gereizt. »Nur ein ganz normaler Herrenclub.« Dann kam ihm der Gedanke, dass Fraser vielleicht noch nie in einem Herrenclub gewesen war? Gewiss, er war noch nie in London gewesen, aber …
Fraser warf ihm einen vielsagenden Blick zu. »Ich meine, was für Herren sind es, die in diesem Club verkehren? Ihr sagt, wir treffen uns dort mit Hauptmann von Namtzen; ist es ein Club, der hauptsächlich von Soldaten frequentiert wird?«
»Ja, das ist es«, sagte Grey ein wenig verwundert. »Warum?«
Fraser presste flüchtig die Lippen aufeinander.
»Wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass ich dort Männern begegne, mit denen ich während des Aufstandes zu tun hatte, wüsste ich das gern.«
»Ah.« Diese Möglichkeit war Grey nicht in den Sinn gekommen. »Ich halte es nicht für wahrscheinlich«, sagte er langsam. »Doch es wäre möglicherweise kein Fehler, wenn wir uns … äh
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