Die Fährte der Toten
Wie Manzana und Wilcott. Andere sind verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Unauffindbar. Von einem Tag auf den anderen - '
Seine Stimme stockt ein wenig, bevor er fortfährt.
'Wenn du mich fragst - das ist kein Zufall. Jemand...etwas...macht Jagd auf sie. Und wenn es herausfindet, dass wir in dieser Sache mit drin hingen – dann wird es kommen. Zu uns. Egal, was wir jetzt noch tun oder lassen, egal ob wir etwas von dem, was wir getan haben, bereuen oder ob es uns egal ist – es wird hinter uns her sein. Da bin ich mir sicher. Absolut. Ich werde vorsichtig sein. Du solltest es auch.'
Es ist ihm ernst. Giorgio ist fest davon überzeugt, dass da draußen jemand rumläuft und nach und nach die Beteiligten an dieser uralten Nummer exekutiert. Reflexhaft greift Kyle unter sein Jackett und prüft nach, ob seine Waffe noch an ihrem Platz ist und verflucht sich prompt für sein Verhalten. Jetzt wird er auch noch paranoid. Als wenn der Unhold vom Dienst schon auf seiner Fußmatte steht und am Schloss herum fummelt. So ein Schwachsinn. Obwohl – dieser Unhold verteilt ja gerne Päckchen, nicht wahr? So hat der ganze Dreck doch angefangen. Kyle atmet tief durch.
'Ok, sagen wir mal, ich glaube dir. Das ändert nichts daran, dass ich von dir wissen will, was mit dem Mädchen ist. Du weißt, wer sie ist, du weißt, wo sie ist. Warum rückst du nicht raus mit der Sprache?'
'Weil das Land niemanden zurückgibt, den es nicht berührt hat. Und eine Berührung des Landes – sie ist nicht gut. Es ist noch nie etwas zurückgekehrt, das nicht irgendwie...anders...gewesen wäre. Das Land ernährt sich vom Blut der Lebenden. Und so tun es auch die Wesen, die es wieder freigibt. Lach mich aus, wenn du willst. Aber höre auf meinen Rat, Kyle McCarson: wenn sie zurückgekehrt ist – halte dich von ihr fern.'
Kyle schüttelt den Kopf. Es ist nicht zu fassen, was er sich da für einen Mist anhören darf. Die Untoten schlagen zurück und machen sich auf die Socken, um Rache an den Lebenden zu nehmen? Anscheinend verliert Giorgio gerade den Verstand. In Kyles Stimme schleicht sich ein Hauch von Hysterie. Er muss wieder an Catherines kryptische Worte und den Geschmack in seinem Mund denken.
'Ach, und warum sollte ich das?'
'Weil du nichts umbringen kannst, was bereits tot ist, Kyle McCarson.'
Kyle will noch etwas erwidern, doch die Leitung ist bereits tot. Als wenn jemand das unsichtbare Band zwischen ihnen gekappt hätte.
***
Kyle betrachtet eine gefühlte Ewigkeit das Handy in seiner Hand, bevor seine Gedanken wieder zu Catherine wandern. Du weißt Bescheid, du Luder! Du willst sie tot sehen, und du willst nicht damit in Verbindung gebracht werden. Stattdessen soll ich die Drecksarbeit für dich machen. Damals wie heute. So weit, so gut. Aber da ist auch noch etwas anderes, nicht wahr? Ich bin nämlich überflüssig, wenn die Sache durch ist. Und das, meine Liebe schmeckt mir gar nicht.
Alte Mythen beginnen durch seine Gedanken zu wabern. Es kann nicht sein. Es gibt keine Untoten. Keine Monster, die durch die Nacht schleichen, um sich am Blut der Lebenden zu laben. Kyle spürt wieder diesen leicht ekligen Geschmack auf der Zunge. Catherines Kuss. Das Gefühl, dass er verfaulten Honig verschluckt hatte. Nein, nicht Honig. Blut. Sie hat ihn ihr Blut trinken lassen.
Sein Magen zieht sich krampfartig zusammen, und er stürzt wieder ins Bad, um sich zu übergeben.
***
Nachdem er sich ausgiebig den Mund ausgespült hat, setzt er sich auf die Bettkante und überlegt. Egal was Lee nun auch immer sein mag, ob untot oder quicklebendig – genügend Blei in ihrem Schädel wird die Angelegenheit ein für alle Mal bereinigen. Solange ich an der Sache dran bin, bin ich einigermaßen sicher, denkt er. Und wenn diese unschöne Angelegenheit erledigt ist – wird er sich um seine neue Freundin kümmern. Was für die eine Schlampe gut ist, ist für die andere ebenso angemessen.
Ganz wie du meinst, schmunzelt die Stimme in seinem Innern.
Kyle will sie zum Schweigen bringen, aber es will ihm einfach nicht gelingen.
***
Auf einmal ist die Leitung weg. Als hätte jemand das Kabel durchgeschnitten. Giorgio schaut mit einem Stirnrunzeln auf den Hörer in seiner Hand. Wenn er noch eine letzte Warnung gebraucht hätte, diese hätte gereicht. Ein Glück, das der Flug schon gebucht ist. In ein paar Stunden ist er in der Luft und weit weg. Nur noch die letzten Sachen
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