Die Fährte der Toten
untrügliches Gespür für so etwas, und für sie gab es keinen Zweifel. Sie musste unwillkürlich grinsen - wenn sie sich geschickt anstellte, würden sich ihr eine Menge Möglichkeiten eröffnen. Warum nicht all die Vorzüge genießen, die es ja in nicht geringem Maße gab? Sie wohnte hier mehr als luxuriös. Hatte sie einen Wunsch – er wurde ihr erfüllt. Schicke Klamotten gefällig? Gehen wir halt einkaufen. Mal einen richtig guten Schluck und nicht immer das billige Zeug? Was kostet die Welt, meine Süße! Mal abgesehen davon, dass Lee im Bett ein echter Knaller war. Besser, sich mit ihr in seidener Bettwäsche räkeln als sich von irgendwelchen schmierigen und obendrein noch geizigen Idioten begrabschen zu lassen, die meinten, sie könnten sich alles erlauben, nur weil sie ihr ein paar lumpige Scheine in den Slip steckten. Nein, sie wäre eine absolute Idiotin, wenn sie das alles so einfach hinschmeißen würde, nur um einer ungewissen Zukunft direkt in die Schusslinie zu laufen.
Tanya lässt den Blick hinauf zum strahlend blauen Himmel schweifen. Wäre doch gelacht, wenn sie nicht an der einen oder anderen Stelle ihre neue Freundin dazu bringen könnte, das zu tun, was sie gerne hätte. Mit einem Lächeln streckt sich Tanya auf der Liege neben dem Pool aus und genießt die wärmenden Strahlen der Sonne. Manchmal kommt es anders, als man denkt. Und ehe man es sich versieht, schaut die Welt doch gleich wieder viel freundlicher aus.
***
Sie muss eingeschlafen sein, denn die Sonne ist hinter dem Horizont entschwunden. Nur der Hauch des Abendrotes färbt die Spitzen der Bäume blutrot. Lee sitzt ihr gegenüber auf einer weiteren Liege und starrt an ihr vorbei in das verlöschende Licht, bevor sie sich Tanya zuwendet, die sich noch leicht verschlafen über die Augenlider streicht.
‘Du siehst umwerfend auf. Zum Anbeißen lecker.'
Lee lässt ihren Blick über Tanyas Körper wandern, und Tanya erwischt sich wieder dabei, dass sie rot wird. Als sie den Bikini gekauft hat, kam es ihr wie eine prima Idee vor. Das kalte Feuer, das sich hinter Lees kalten Augen verbirgt, belehrt sie eines Besseren. Tolle Sache, wenn ein Plan funktioniert. Blöd nur, wenn man das Kleingedruckte nicht gelesen hat. Denk immer dran, was da vor dir sitzt. Sie zupft an dem Nichts von Oberteil herum, das dadurch aber keinen Deut größer wird.
'Nett, dass er dir gefällt. War ja teuer genug.'
Eine astreine Untertreibung. Der Preis für das Teil war dermaßen unverschämt gewesen, dass Tanya ihn eigentlich gar nicht gewollt hatte. Lee hatte er jedoch gefallen. Die Verkäuferin hatte ziemlich blöde geschaut, als Lee Tanya mit mehr als eindeutigen Blicken bedacht und dann entschieden hatte, dass sie ihn mitnehmen.
Reiß dich zusammen, denkt Tanya. Was hatten wir vorhin noch für einen Plan? Genau, wir spielen das beliebte 'Wie wickele ich meine Süße nach allen Regeln der Kunst um den Finger' – Spiel. Und dazu ist diese Nacht ist so gut wie jede andere. Tanya steht langsam auf, streckt sich aufreizend und geht zu Lee herüber, sich mit einer wohlgeübten fließenden Bewegung hinter sie setzend und ihr mit einem Finger die Haare aus dem Nacken streichend.
'Darf ich mir was wünschen, Zucker?'
Sie spürt Lees Lächeln mehr als das sie es sieht.
'Ach? Du möchtest dir was wünschen? Wieso habe ich das Gefühl, dass du mich aufs Kreuz legen willst. Und zwar nicht dort, wo ich es mir gerade sehr gut vorstellen kann.'
Tanya fühlt sich ein wenig ertappt, fängt sich aber gleich wieder.
'Ich? Hey, ich bin doch nicht verrückt. Komm, wir spielen quid pro quo, ok? Du erzählst mir ein bisschen über dich, und danach gehen wir ins Spielzimmer.'
Sie küsst Lee sanft in den Nacken, was Lee mit einem Schnurren quittiert.
'Ok...überredet. Was möchtest du wissen?'
Tanya lässt sich auf die Liege gleiten und sieht Lee in die Augen.
'Oh, da gibt es so vieles. Wie alt du bist, ob du wirklich ein Vampir bist, der Leute umbringt, um ihr Blut zu trinken, ob du eigentlich noch eine Familie hast...mir fallen so viele Dinge ein...'
Kaum hat sie die achtlos dahin geworfenen Fragen ausgesprochen, bereut sie sie auch schon und schilt sich im Geiste eine dumme Kuh. Je mehr sie dir erzählt, umso eher hat sie hinterher Gründe, dich vielleicht doch noch verschwinden zu lassen. Weil du einfach ein klitzekleines bisschen zu viel weißt. Mal abgesehen davon, dass sie sich vielleicht
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