Die Fährte
arbeitet ihr jetzt zusammen? Ganze zwei Tage?«
»Das ist nicht der Punkt, Chef.«
»Kannst du nicht einfach mal deine Arbeit als Ermittler tun, Harry? Und die anderen bestimmen lassen, wie alles organisiert wird? Du wirst nicht unbedingt bleibende Schäden davontragen, wenn du einmal nicht in der Opposition bist, weißt du.«
»Ich will bloß, dass die Sache schnell aufgeklärt wird. Um dann an dem anderen Fall weiterzuarbeiten, du weißt schon.«
»Ja, ich weiß. Aber du bist an dieser Sache schon länger als die sechs Monate, die ich dir gegeben habe, und ich kann dir nicht versprechen, dass wir dir aufgrund persönlicher Gefühle und Ansichten weitere Ressourcen einräumen, Harry.«
»Sie war eine Polizistin, Chef. Eine Kollegin.«
»Das weiß ich!«, fauchte Møller. Er hielt inne, sah sich um und fuhr dann gedämpfter fort. »Was ist dein Problem, Harry?«
»Sie sind es gewohnt, an Überfällen zu arbeiten, und Ivarsson ist überhaupt nicht interessiert an konstruktiven Beiträgen.«
Bjarne Møller musste bei dem Gedanken an Harrys »konstruktive Beiträge« lächeln. Harry beugte sich vor und sprach schnell und eindringlich: »Was fragen wir uns als Erstes, wenn ein Mord begangen wird, Chef? Warum, was ist das Motiv, nicht wahr? Im Raubdezernat nehmen sie es als gegeben, dass das Motiv Geld ist. Sie stellen sich die Frage überhaupt nicht.«
»So, und was glaubst du, ist das Motiv?«
»Ich glaube gar nichts, der Punkt ist bloß, dass sie methodisch vollkommen falsch vorgehen.«
»Sie verwenden eine andere Methodik, Harry, eine andere . Ich muss jetzt diesen Gemüsekram kaufen und nach Hause, also was willst du?«
»Ich will, dass du mit denen redest, mit denen du reden musst, damit ich mir einen der anderen aussuchen und wir solo arbeiten können.«
»Aus der Kommission ausscheiden?«
»Parallelermittlung.«
»Harry …«
»So haben wir das Rotkehlchen geschnappt, erinnerst du dich?«
»Harry, ich kann mich da nicht einmischen …«
»Ich will Beate Lønn und dann fangen wir zwei noch einmal an. Ivarsson ist schon jetzt im Begriff, sich festzufahren und …«
»Harry!«
»Ja?«
»Was ist wirklich der Grund?«
Harry trat von einem Fuß auf den anderen. »Ich kann mit diesem Krokodil nicht arbeiten.«
»Ivarsson?«
»Sonst mach ich noch was wirklich Dummes.«
Bjarne Møllers Augenbrauen zogen sich über seiner Nasenwurzel zu einem schwarzen V zusammen: »Soll das etwa eine Drohung sein?«
Harry legte eine Hand auf Møllers Schulter. »Nur diesen einen Gefallen, ich werde dich auch nie wieder um etwas bitten, Chef.«
Møller brummte. Wie oft hatte er im Laufe der Jahre seinen Kopf für Harry hingehalten, statt dem Rat seiner erfahrenen Kollegen zu folgen und einen gewissen Abstand zu diesem unberechenbaren Ermittler zu halten? Das einzige Sichere bei Harry war doch, dass es irgendwann einmal wirklich schief gehen würde. Doch weil er und Harry seltsamerweise immer wieder auf den Füßen gelandet waren, hatte niemand einen drastischen Schnitt machen können. Bis jetzt. Die interessanteste Frage war aber wohl, warum er es immer wieder tat? Er sah zu Harry hinüber. Dem Alkoholiker. Dem Unruhestifter. Dem manchmal unerträglich arroganten Starrkopf. Seinem besten Ermittler neben Waaler.
»Du bleibst in der Bahn, Harry. Sonst verfrachte ich dich hinter einen Schreibtisch und schließe dich ein, verstanden?«
»Verstanden, Chef.«
Møller seufzte. »Ich habe morgen eine Sitzung mit dem Polizeipräsidenten und dem Kriminalchef. Wir werden sehen. Aber ich verspreche dir nichts, hörst du?«
»Aye, aye, Chef. Schönen Gruß an deine Frau.« Harry drehte sich auf dem Weg nach draußen noch einmal um. »Der Koriander ist ganz unten links.«
Bjarne Møller blieb stehen und starrte in seinen Korb, nachdem Harry verschwunden war. Er wusste jetzt, was der Grund war. Er mochte diesen alkoholisierten, Unruhe stiftenden Starrkopf.
Kapitel 7 – Der weiße König
Harry nickte einem Stammgast zu und setzte sich an einen der Tische unter den schmalen Rauglasfenstern zur Waldemar Thranes Gate. An der Wand hinter ihm hing ein großes Gemälde, ein Sonnentag auf dem Youngstorget, auf dem Frauen mit Sonnenschirmen von Zylinder tragenden Männern fröhlich gegrüßt wurden. Der Kontrast zu dem ewig herbstdunklen Licht und der fast andächtigen Stille im Restaurant Schröder konnte nicht größer sein.
»Schon, dass du kommen konntest«, sagte Harry zu dem leicht korpulenten
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