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Die Fährte

Die Fährte

Titel: Die Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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steckte das Päckchen Zigaretten wieder ein.
    »Er ist Investor. Er hat die Firma vor drei Jahren verkauft.«
    »Welche Firma?«
    »Albu AS. Importierte Handtücher und Duschmatten für Hotels und Großhaushalte.«
    »Scheinen ganz schön viele Handtücher gewesen zu sein. Und Duschmatten.«
    »Wir hatten die Agentur für ganz Skandinavien.«
    »Gratuliere. Die Flagge da an der Garage, ist das nicht eine Konsulatsflagge?«
    Vigdis Albu hatte sich wieder gefasst und löste ihre Haare. Harry fiel auf, dass sie etwas mit ihrem Gesicht gemacht haben musste. Die Proportionen stimmten irgendwie nicht. Das heißt, sie stimmten zu gut, ihr Gesicht war beinahe künstlich symmetrisch.
    »Saint Lucia. Mein Mann war dort elf Jahre lang norwegischer Konsul. Es gibt dort eine Fabrik, die Duschmatten herstellt. Und wir haben dort auch ein kleines Häuschen. Sind Sie schon einmal …?«
    »Nein.«
    »Eine fantastisch schöne, süße Insel. Es gibt immer noch ein paar alte Ureinwohner, die Französisch sprechen. Beinahe unverständlich, aber das ist unglaublich charmant.«
    »Kreolisch.«
    »Was?«
    »Ach, das hab ich nur gelesen. Glauben Sie, dass Ihr Mann erklären kann, wie das Bild bei der Toten gelandet sein kann?«
    »Kann ich mir nicht vorstellen. Wie sollte er das?«
    »Nun.« Harry lächelte. »Die Frage ist vermutlich genauso schwer zu beantworten wie diejenige, warum jemand ein Bild von fremden Menschen in seinem Schuh trägt.« Er erhob sich. »Wie kann ich ihn erreichen, Frau Albu?«
    Während Harry sich die Telefonnummer und Adresse von Arne Albus Büro notierte, fiel sein Blick auf das Sofa, auf dem er gesessen hatte.
    »Äh …«, sagte er, als er sah, dass Vigdis Albu seinem Blick gefolgt war. »Ich bin in einem Abfallcontainer ausgerutscht. Ich komme natürlich für die …«
    »Das macht nichts«, unterbrach sie ihn. »Der Bezug soll ohnehin nächste Woche zur Reinigung.«
    Draußen auf der Treppe fragte sie, ob Harry bis nach 17 Uhr warten könne, ihren Mann anzurufen.
    »Dann ist er wieder zu Hause und hat nicht so viel um die Ohren.«
    Harry antwortete nicht und wartete, während Vigdis' Mundwinkel auf und ab zuckten.
    »Dann können er und ich darüber reden und sehen, ob wir Ihnen helfen können.«
    »Danke, das ist nett, aber ich bin mit dem Auto hier und es liegt auf dem Weg. Ich fahre bei ihm vorbei und schau mal, ob ich ihn finden kann.«
    »Ja, ja«, sagte sie und lächelte tapfer.
    Das Hundegebell begleitete Harry die lange Einfahrt hinunter. Am Tor drehte er sich noch einmal um. Vigdis Albu stand noch immer auf der Treppe des rosa Plantagengebäudes. Sie hatte den Kopf gesenkt und die Sonne schien auf ihre Haare und den glänzenden Fitnessanzug.
     
    Harry fand weder einen legalen Parkplatz noch Arne Albu an der Adresse im Vika Atrium. Nur eine Empfangsdame, die ihn informierte, dass Albu dort gemeinsam mit drei anderen Investoren ein Büro hatte. Und dass er bei einem Geschäftsessen sei.
    Als Harry nach draußen kam, war es den Vertretern des Ordnungsamtes bereits gelungen, einen Strafzettel unter seinem Scheibenwischer zu platzieren, und Harry nahm ihn schlecht gelaunt mit in das Restaurant MS Louise in Aker Brygge. Im Gegensatz zu Schrøder servierte man hier essbare Gerichte für zahlungsfähige Kunden mit Büroanschriften in dem Viertel, das man mit etwas Wohlwollen als die Wall Street Oslos bezeichnen konnte. Harry hatte sich in Aker Brygge nie recht zu Hause gefühlt, doch das lag vielleicht daran, dass er in Oslo aufgewachsen war und nicht zu den Touristen zählte. Er wechselte ein paar Worte mit einem Kellner, der auf einen Tisch am Fenster deutete.
    »Meine Herren, entschuldigen Sie die Störung«, sagte Harry.
    »Ah, endlich«, rief einer der drei am Tisch aus und warf seine Haartolle mit einer Kopfbewegung nach hinten. »Nennen Sie das hier einen temperierten Wein, Herr Oberkellner?«
    »Ich nenne das einen norwegischen Rotwein, abgefüllt in eine Clos-de-Papes-Flasche«, sagte Harry.
    Die Haartolle musterte Harry und dessen dunklen Anzug verblüfft von Kopf bis Fuß.
    »Ein Spaß«, erwiderte Harry lächelnd. »Ich komme von der Polizei.«
    Die Verblüffung wandelte sich in Entsetzen.
    »Nicht vom Dezernat für Wirtschaftskriminalität.«
    Die Erleichterung wich bald einem allgemeinen Fragezeichen. Harry hörte ein jungenhaftes Lachen und atmete ein. Er hatte sich für eine bestimmte Vorgehensweise entschlossen, wusste aber nicht, wie es ausgehen würde. »Arne Albu?«
    »Das bin ich«,

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